Verletzung von Javi Martínez:Sorgen um den nächsten Dauerpatienten

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Der schmerzhafte Moment der Verletzung: Javi Martínez krümmt sich im Spiel gegen Dortmund.

(Foto: AFP)

Gerade war er groß in Form, in der Defensive galt er als gesetzt. Jetzt fällt Bayerns Spanier Javi Martínez mit einem Kreuzbandriss monatelang aus. Wie schwer der erneute Verlust wiegt, darüber gibt es im Verein unterschiedliche Auffassungen.

Von Carsten Eberts

Es gibt Kreuzbandrisse, die sehen sofort nach Kreuzbandriss aus. Wenn der Spieler einen Richtungswechsel einschlägt, der Fuß im stumpfen Rasen hängen bleibt, das Knie sich aber weiterdreht. Hundertfach gesehen im Profifußball, hundertfach extrem bitter.

Die Verletzung von Javi Martínez am Mittwochabend beim Supercup in Dortmund wirkte zunächst deutlich harmloser. Eine Flanke von links versuchte der Spanier per Seitfallzieher aufs Tor zu bringen; er verfehlte den Ball knapp, haute sein linkes Knie stattdessen an den Arm des Dortmunders Marcel Schmelzer. Ein heftiger Tritt, Schmelzer drehte mit schmerzverzerrtem Gesicht ab, doch es war Martínez, der auf dem Feld liegen blieb.

"Ich werde noch stärker zurückkommen"

Martínez hatte sich beim Zusammenstoß sehr unglücklich und für Außenstehende kaum nachvollziehbar das Knie verdreht. Minutenlang sorgten sich die Bayern-Mediziner um ihn, schaffen ihn erst vom Feld, dann auf einer Trage aus der Arena.

Was Martínez noch in der Nacht via Facebook ankündigte ("zu 99 Prozent ein Kreuzbandriss"), wurde am Donnerstag Gewissheit: Martínez wird seinem Klub nach branchenüblichen Gesetzen fünf bis sieben Monate fehlen. Der Defensivspezialist soll nach Vereinsangaben in den kommenden Tagen in die USA fliegen, um in Vail beim Spezialisten Richard Steadman operiert zu werden. "Natürlich bin ich im Moment sehr traurig", erklärte Martínez auf der Internetseite des deutschen Meisters. "Aber ihr braucht euch keine Sorgen zu machen - ich werde noch stärker zurückkommen", versprach er seinen Fans.

Für Martínez setzt sich damit ein Sommer zum Vergessen fort. Nach dem frühen WM-Aus seiner Spanier war er vergleichsweise zeitig ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. In den Testpartien erspielte er sich eine Art Pole Position, was den zentralen Part in einer möglichen Dreierabwehrkette angeht - nun ist er wieder raus, viel zu früh, wie bei der WM.

Martínez, der defensive Fels in der Münchner Künstlertruppe, wird dem Rekordmeister fehlen - wie sehr, darüber gingen die Meinungen jedoch auseinander. Torhüter Manuel Neuer gehörte dabei eher der Fraktion an, die dem Kader vertrauen. Einen Ausfall wie den des Spaniers könne - ja müsse - man auffangen.

Gut, dass Badstuber zurückkehrt

Martínez sei als zentraler Spieler der Dreierkette wichtig, befand Neuer, "aber das können Jérôme Boateng oder Dante auch spielen". Holger Badstuber kehre auf absehbare Zeit ebenfalls zurück, "dann sind wir in der Defensive, gerade was eine Dreierkette betrifft, gut aufgestellt."

Andere gingen weniger cool mit der Verletzung um. Ein langfristiger Ausfall von Martínez "wäre sicher nicht von Vorteil", sagte Philipp Lahm verbittert, als die genaue Diagnose noch ausstand. "Das ist ein großes Problem", wurde Trainer Guardiola noch deutlicher, "er war in überragender Form."

Es läuft derzeit nicht viel rund bei den Münchnern. Erst das verdiente 0:2 im Finale um den Supercup gegen Dortmund, als der Abstand zum großen nationalen Kontrahenten unerwartet groß wirkte. Nun die zweite schwere Verletzung im ohnehin von WM-Nachwehen geplagten Kader.

Eine Menge Blessuren

Zwar werden Bastian Schweinsteiger und Franck Ribéry nach verheilten Blessuren kurzfristig zurückerwartet, nicht jedoch der Spanier Thiago, dessen Knieverletzung in seiner Heimat offenbar kontraproduktiv behandelt wurde; er könnte den Bayern noch bis in den Oktober hinein fehlen. Nun also auch Martínez, der in diesem Jahr wohl kaum noch einmal gegen den Ball treten wird.

Zählt man den Weggang von Toni Kroos dazu, der an Real Madrid veräußert wurde, fehlen den Münchnern aktuell gleich drei Spieler, die über weite Teile der vergangenen Saison zu den wichtigsten und stabilsten Kräften des Teams gehörten. Ähnlich wie bei Dortmund in der vergangenen Spielzeit, als wichtige Angestellte wie Hummels, Subotic oder Gündogan wochen- und monatelang ausfielen.

Bislang hieß es bei den Bayern stets, die Personalplanungen für die beginnende Spielzeit seien abgeschlossen. Doch das war vor dem Kreuzbandriss von Javi Martínez.

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