Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 nach Katar durch den Weltverband Fifa wird zunehmend obskur. Nach einem Bericht der britischen Zeitung Daily Telegraph sollen der damals amtierende Fifa-Vizepräsident Jack Warner und seine Familie kurz nach der Wahl im Dezember 2010 fast zwei Millionen US-Dollar (knapp 1,5 Millionen Euro) aus Katar erhalten haben. Von einer Firma des damaligen katarischen Präsidenten des asiatischen Fußball-Verbands, Mohamed bin Hammam.
Der Daily Telegraph erklärt, Einsicht in Dokumente zu haben, die diese Finanztransaktionen detailliert beschreiben. Demnach hat Jack Warner persönlich 1,2 Millionen US-Dollar (863.000 Euro) von bin Hammams Firma Kemco erhalten. Der Zeitung liegt sogar ein Schreiben von Warners Firma Jamad vor, wonach diese die Summe für Leistungen aus den Jahren 2005 bis 2010 in Rechnung stellte.
Dieselbe katarische Firma soll Warners Söhnen zudem insgesamt 750.000 US-Dollar (etwa 540.000 Euro) überwiesen haben, weitere 400.000 US-Dollar (etwa 290.000 Euro) einem Angestellten von Warners Firma Kemco.
Nach SZ-Informationen ermittelt die US-Bundespolizei FBI seit einiger Zeit gegen Jack Warner, der in Trinidad und Tobago lebt. Warners Sohn Daryan steht deshalb schon seit 2012 in seinem Wohnort in Florida unter Hausarrest und soll als Zeuge in dem Verfahren kooperieren. Dabei soll es um Strohfirmen und Offshore-Geschäfte gehen - und auch um die Vergabe der WM 2022.
Warner steht seit langem unter dem Verdacht, sein Fifa-Amt zu seinem finanziellen Vorteil missbraucht zu haben. Von 1990 an war er Präsident des nordamerikanischen Verbands Concacaf und soll als Vertrauter von Sepp Blatter lange dafür gesorgt haben, dass bei der Wahl zum Fifa-Chef die Stimmen seines Verbands stets auf den Schweizer entfielen. 2006 soll er mit dem Verkauf von Schwarzmarkttickets für die WM in Deutschland großen Gewinn gemacht haben, auch die TV-Rechte für die Region sind wohl über seinen Tisch gegangen.
Im Mai 2011 wurde er zeitgleich mit Bin Hammam von der Ethik-Kommission der Fifa suspendiert. Er hatte offenbar die Kandidatur des Kataris gegen Blatter um den Fifa-Chefposten unterstützt, und dabei versucht, stimmberechtigte Kollegen aus der Karibik zu bestechen. Bin Hammam war viele Jahre lang selbst ein Unterstützer Blatters gewesen und hatte als Vertrauer des Emirs von Katar erheblichen Anteil daran, dass die WM 2022 an das arabische Land vergeben wurde.
Der Daily Telegraph konfrontierte Warner persönlich auf der Straße mit den neuen Vorwürfen, der 71-Jährige wollte sich aber nicht äußern.
Hat die Enthüllung Bestand, setzt es sowohl das Ausrichterland Katar als auch die Fifa unter Druck. Die Abstimmung vom Dezember 2010 ist längst umweht vom Gestank der Korruption. Wegen der Hitze von bis zu 50 Grad Celsius im Sommer ist eine erstmalige Verlegung der WM in die Wintermonate im Gespräch, was den internationalen Fußballkalender durcheinanderbringt und obendrein die Wintersportverbände verärgert.
Nach mehreren Berichten sind auf den Baustellen in dem kleinen Land in den vergangenen zwei Jahren mehr als 880 Gastarbeiter aus Nepal und Indien gestorben, internationale Gewerkschaften prangern unmenschliche Arbeitsbedingungen an, Menschenrechtsorganisationen verurteilen den Umgang mit den Gastarbeitern.
Das katarische Organisationskomitee für die WM 2022 teilte zu den neuen Vorwürfen gegen bin Hammam und Warner mit: "Das Bewerbungskomitee der WM 2022 hat sich strikt an die Fifa-Regeln gehalten und steht im Einklang mit dem Ethik-Kodex. Das Organisationskomitee und die in die Bewerbung 2022 involvierten Personen haben keine Kenntnis zu den Vorwürfen rund um die Geschäfte zwischen Privatpersonen."