Verbannung von den Olympischen Spielen:Olympia-Aus trifft deutsche Ringer hart

Die deutschen Ringer reagieren geschockt auf die Verbannung der Sportart aus dem Programm für die Olympischen Spiele 2020. Der Beschluss der IOC-Exekutive sei ohne Vorwarnung gekommen, klagt Verbandspräsident Werner. Der traditionsreichen Sportart droht der Absturz in die Bedeutungslosigkeit.

Die deutschen Ringer haben schockiert auf das Olympia-Aus für 2020 reagiert. "Ich bin geschockt, ich kann es gar nicht glauben. Wir sind ein taktisch, technischer Zweikampfsport, der es nicht zum Ziel hat, den Gegner zu verletzen. Gerade in der Gewaltprävention ist diese Sportart so wertvoll", sagte Deutschlands langjähriger Vorzeige-Ringer Alexander Leipold

Auch Manfred Werner, der Präsident des Deutschen Ringer-Bundes, sagte überrascht: "Das kommt für mich aus dem heiteren Himmel." Jannis Zamanduridis, Sportdirektor des Deutschen Ringer-Bundes, sagt: "Für mich ist das ein Riesenschock. Es waren Veränderungen angedacht, aber nicht, dass man eine der traditionsreichsten Sportarten aus dem Programm nimmt. Gerungen wird auf der ganzen Welt. Damit stirbt für mich ein Stück des olympischen Gedankens."

Zuvor hatte das IOC mitgeteilt, dass Ringen aus dem Programm der Olympischen Spiele 2020 verschwinden soll. Durch den unerwarteten Beschluss der IOC-Exekutive in Lausanne droht der traditionsreichen Sportart der Absturz in die Bedeutungslosigkeit.

Der Moderne Fünfkampf, vor der Sitzung Streichkandidat Nummer eins, behält hingegen seinen Olympia-Status. Bereits seit 1896 olympisch, ist Ringen ohne die millionenschwere Unterstützung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nur schwer überlebensfähig.

IOC-Vizepräsident Thomas Bach, der an der Abstimmung beteiligt war, meinte: "Es ist stets eine schwierige Entscheidung, das Sportartenprogramm für die Olympischen Spiele zu bestimmen. Für viele Sportarten gibt es gute Argumente. Am Ende muss jedoch eine Auswahl getroffen werden. Der Entscheidung über die 25 Kernsportarten für die Spiele 2020 ging eine ausführliche Evaluation voraus, die in dem bekannten Ergebnis mündete."

344 Ringer und Ringerinnen waren bei den London-Spielen am Start. Dabei wurden im Freistil in elf Gewichtsklassen Medaillen verteilt, im griechisch-römischen Stil gab es in sieben Gewichtsklassen Entscheidungen.

Rettung für den Modernen Fünfkampf

Das IOC begründete seine Empfehlung unter anderem mit den niedrigen Werten, die das Ringen bei einer detaillierten Analyse aller 26 olympischer Sommersportarten bekam. Dabei hatte die Programm-Kommission des IOC insgesamt 39 Kriterien wie TV-Quoten, Zuschauerzahlen, Ticketverkäufe, Verbreitung, Mitgliederzahlen und Attraktivität für Jugendliche untersucht.

Die Entscheidung der Exekutiv-Kommission muss von der IOC-Vollversammlung im September in Buenos Aires noch bestätigt werden. Dieser Schritt gilt aber als reine Formalie. Bei ihrer Sitzung im Mai in Sankt Petersburg wird die Exekutive empfehlen, welche Sportart dafür nachrückt.

IOC-Präsident Jacques Rogge hatte bereits zweimal vergeblich versucht, sein Premium-Produkt Olympia auch auf Kosten des Modernen Fünfkampfes zu modernisieren, bei seinen Reformvorstößen auf der Session 2002 in Mexiko-Stadt und 2005 in Singapur aber jeweils empfindliche Niederlagen erlitten. Und auch dieses Mal retteten die Modernisierungsmaßnahmen des deutschen Weltverbandspräsidenten Klaus Schormann die Mehrkämpfer vor dem prophezeiten Ausschluss.

Mit einem offenen Brief hatte Schormann an die olympische Familie appelliert, "das Vermächtnis von Pierre de Coubertin" nicht zu zerstören, der den Modernen Fünfkampf stets als Inbegriff des Olympismus bezeichnet hatte. Jetzt hat es Ringen erwischt - eine der klassischen Sportarten der Antike.

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