Veränderungen beim FC Bayern:"Es ist Pep-Guardiola-Fußball"

Pep Guardiola FC Bayern München

Lernt den FC Bayern kennen: Trainer Pep Guardiola.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wenig Positionstreue, mal im 4-1-4-1-System, dann im 4-3-3: Unter Pep Guardiola spielt der FC Bayern bereits sehr ansehnlich. Doch der neue Trainer ahnt, dass es schwierig wird, die Eitelkeiten im Luxus-Kader zu moderieren.

Von Benedikt Warmbrunn

Rafinha stand in dem Graben neben dem Stadion im Borussiapark, er blickte nach oben, sah, wie viele Stufen es bis zum Parkplatz waren. Dann stieg er nach oben, Stufe für Stufe. Und erklärte dabei, wie das mit dem neuen Trainer funktioniere. "Tag für Tag", sagte Rafinha, "verstehen wir mehr, was er will."

Ob er viel verändere? "Er lässt einen ganz anderen Fußball spielen", sagte Rafinha, eine weitere Stufe, er überlegte, "nein, ganz anders ist falsch. Es ist Pep-Guardiola-Fußball." Rafinha nahm die letzte Stufe, er stand nun neben dem Bus, in dem der neue Trainer Guardiola bereits saß. "Bis wir alles wirklich verstanden haben, wird es noch dauern. Aber das ist normal."

Nun fällt es Rafinha vergleichsweise leicht, den Wandel beim FC Bayern zu beschreiben. Der Brasilianer ist Rechtsverteidiger, Guardiola setzte ihn bisher vor allem auf einer Position ein. Auf der des Rechtsverteidigers. Zuletzt war das am Sonntag so, beim 5:1 gegen Mönchengladbach. Rafinha weiß also, wie Guardiola mit ihm plant (und er ahnt wohl auch, dass dies nicht in jedem Spiel sein wird). Das macht ihn zu einer Ausnahme, im Kader des aktuellen deutschen Meisters, Pokalsiegers, Champions-League-Gewinners.

Knapp vier Wochen lang trainiert und spielt der FC Bayern nun Pep-Guardiola-Fußball, bereits erfolgreich und ansehnlich, am Wochenende besiegte das Team außer Gladbach noch den Hamburger SV, beide Partien dauerten 60 Minuten. Es zeichnet sich ab, wie der Trainer spielen lassen will, er vertraut auf ein 4-1-4-1-System, das sich zu einem 4-3-3 anpassen lässt. Das Team hat viel Ballbesitz, die Spieler bewegen sich ständig, sollen so die Verteidigungsketten auseinander reißen. Positionstreue heißt unter Guardiola auch, dass die Positionen oft getauscht werden.

Die Spieler betonen, wie gut sie sich mit Guardiola verstehen, dass er viel mit ihnen rede, dass er zuhöre, dass er auf ihre Anregungen eingehe. Am nächsten Samstag ist jedoch das erste Pflichtspiel, der Supercup gegen Dortmund, und noch hat sich eine erste Elf nicht angedeutet. In den ersten Testspielen hatte Guardiola so viel experimentiert, dass es kaum überraschen würde, wenn er auf die Idee käme, dass der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge seinen einst erzielten 162 Bundesliga-Toren weitere hinzufügen könnte, als echter (oder falscher) Neuner.

Sportvorstand Matthias Sammer hat jedenfalls am Wochenende betont, dass es keine Stammplätze gebe und dass deswegen jeder Einzelne gebraucht werde. "Alle Spieler werden spielen", sagte auch Guardiola, "die Saison ist sehr, sehr lange, lange, lange."

Abwehr ohne Dante?

Beim FC Bayern sind sich alle einig, dass nach den drei Titeln etwas verändert werden muss, um das Team vor der eigenen Selbstgenügsamkeit zu bewahren. Und doch beobachten sie aufmerksam, wie viel Guardiola tatsächlich verändern will. Dabei denken sie nicht an Philipp Lahm, der am Sonntag im zentralen Mittelfeld spielte und teilweise der vorderste Mann war. Ihn sieht auch Guardiola weiter als Rechtsverteidiger.

Stattdessen denken sie an Javier Martínez, den sie im vergangenen Sommer als Europas besten Balleroberer gepriesen hatten (und der deshalb selbstverständlich die Rekordablösesumme von 40 Millionen Euro wert sei). Guardiola plant Martínez allerdings offenbar als Innenverteidiger ein, zum Beispiel auf der Position von Dante, einem der Helden der vergangenen Spielzeit. Diese Umstellung hätte den Nachteil, dass Dante nicht mehr spielen würde.

Sie hätte dafür den Vorteil, dass in dem Dreieck im zentralen Mittelfeld neben Thiago Alcántara und Toni Kroos Platz wäre für den zurzeit verletzten Bastian Schweinsteiger. "Wir sind am Anfang", sagte Guardiola am Sonntag, auch er betonte, dass er viel mit den Spielern spreche. "Aber sie müssen meine Entscheidung akzeptieren. Deshalb bin ich hier." Er betonte allerdings auch, dass er verlangt, dass die Eitelkeiten der Spieler dem System untergeordnet werden müssen.

Auf die Frage, ob es angesichts der großen Auswahl und der gleich bleibenden Anzahl an Startelfplätzen Probleme im Kader geben könnte, sagte der Trainer dem Fernsehsender Sat1: "Vielleicht. Das hängt von den Spielern ab. Wenn sie akzeptieren, dass ich der Boss bin, wird alles gut."

Als Anhänger dieses Systems outete sich am Sonntag noch Lucien Favre, der Gladbacher Trainer. "Man sieht die Handschrift", sagte Favre. Ob jemand in der Bundesliga eine Chance gegen den Pep-Guardiola-Fußball habe? "Sie sind klasse", sagte Favre, "sie werden wahrscheinlich ganz oben sein." Drei Meter weiter saß Guardiola, er schaute in die weite Ferne, knabberte an seinem Finger. Er wirkte wie einer, der längst einen Schritt weiter denkt, als alle ahnen.

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