Vater von Robert Enke:"Eine große Rolle hat die Angst gespielt"

Nach Robert Enkes Selbstmord spricht sein Vater Dirk Enke in einem Interview über seinen Sohn - und nennt mögliche Gründe für die Depression des Nationaltorhüters.

Die Depressionen des verstorbenen Fußball-Nationaltorwarts Robert Enke sind nach Einschätzung von dessen Vater durch Ängste ausgelöst worden. "Ich bin der Meinung, dass das keine von innen entstandene, angelegte Krankheit gewesen sein kann, sondern eine, die aus den Lebensumständen heraus entstanden ist", sagte der promovierte Psychotherapeut Dirk Enke dem Spiegel in einem Interview. "Eine ganz große Rolle hat die Angst gespielt."

Vater von Robert Enke: Robert Enke bei einer Pressekonferenz des DFB im vergangenen Jahr.

Robert Enke bei einer Pressekonferenz des DFB im vergangenen Jahr.

(Foto: Foto: ddp)

Die Angst habe sich bei Robert Enke bereits im Jugendalter entwickelt, zeigte sich sein Vater überzeugt. Als großes Fußballtalent war der Torhüter oft in höhere Altersklassen eingestuft worden. "Schon dabei kam es immer wieder zu Krisen. Weil er Angst hatte, nicht mit den Älteren mithalten zu können", sagte Dirk Enke. "Er hat es sich nicht zugetraut. Er war in den eigenen Ansprüchen gefangen."

Waren die Depressionen besonders stark, habe Robert Enke kaum als Fußballprofi arbeiten können, sagte Dirk Enke dem Nachrichtenmagazin. "In kritischen Phasen hatte Robert Angst, dass ein Ball auf sein Tor geschossen würde. Er hatte Anfälle, wollte nicht zum Training, konnte sich nicht vorstellen, im Tor zu stehen."

Einmal habe Robert Enke seinen Vater gefragt, ob dieser es ihm übel nehme, wenn er mit dem Fußball aufhöre. "Ich sagte: Robert, das ist doch nicht das Wichtigste, um Gottes willen", zitiert der Spiegel Enkes Vater. Mehrfach suchte Dirk Enke demnach das Gespräch mit seinem kranken Sohn, doch der habe abgeblockt.

Der seit 2004 für Hannover 96 spielende Robert Enke hatte sich am vergangenen Dienstag bei Hannover vor einen Regionalzug geworfen und war auf der Stelle tot.

Dem Bericht zufolge hatte sich Dirk Enke vor wenigen Wochen für eine stationäre Behandlung seines Sohnes ausgesprochen. "Er war immer mal wieder kurz vor diesem Schritt, sich einweisen zu lassen, dann sagte er wieder: Wenn ich in der psychiatrischen Klinik behandelt werde, dann ist es aus mit meinem Fußball. Das ist das Einzige, was ich kann und will und gerne mache", berichtete Dirk Enke.

Keine Rolle jedoch habe es bei Robert Enkes Selbstmord gespielt, dass ihn Bundestrainer Joachim Löw nach einer wochenlangen Erkrankung des Torhüters nicht für die geplanten Länderspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste berufen hatte. "Ein wichtiges Anliegen ist mir, Herrn Löw von der Frage zu entlasten: Was wäre, wenn ich ihn nominiert hätte?", unterstrich Dirk Enke. "Ich glaube, dass Robert das in Ordnung fand, weil er neun Wochen raus war."

Allerdings habe Enke der Tod seiner herzkranken Tochter Lara vor drei Jahren noch stärker belastet, als bislang zu erkennen war: "Nach der Gehöroperation von Lara kam Robert vom Spiel, fuhr in die Klinik, schlief abends neben der Kleinen alleine ein", berichtete der Vater. Am nächsten Morgen sei er von den Krankenschwestern wachgeworden, die das Kleinkind hätten wiederbeleben wollen.

"Was ihm zuerst durch den Kopf ging, war: Ich hab das nicht mitgekriegt, ich bin daran schuld." Doch das Krankenhauspersonal habe Enke versichert, er hätte den Tod nicht verhindern können. "Aber da kam noch mal ein Versagenserlebnis dazu. Er hat ganz lange gebraucht, davon loszukommen", sagte Dirk Enke.

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