Uwe Seeler wird 80:Der treuste Seeler des Fußballs

Seine ganze Karriere verbrachte "Uns Uwe" bei der Nationalmannschaft und dem HSV - bis auf ein einziges Spiel. Jetzt feiert die Hamburger Legende ihren 80. Geburtstag.

Von Sandra Mooshammer

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08 10 2016 xjhx Fussball WM Quali 2018 Deutschland Tschechien emspor v l Uwe Seeler Hamburg

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Wo das Tor steht, wusste Uwe Seeler schon immer. "Ein Mittelstürmer verbringt die meiste Zeit seines Lebens im Strafraum", sagte er einst. Und er muss es wissen, dieser Prototyp eines Vollstreckers. Nun feiert er seinen 80. Geburtstag - natürlich im Stadion des Hamburger Sportvereins.

Uwe Seeler

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Uwe Seeler, 1936 geboren, hat klein angefangen. Im Nachkriegs-Hamburg spielte er Fußball auf Kopfsteinpflaster oder Trümmergrundstücken, "die Fußbälle damals waren nicht rund, sondern Ostereier", sagte er einmal. Sein Vater, selbst ein bekannter Fußballer beim HSV, meldete seine beiden Söhne dort in den Jugendmannschaften an. Schon mit 16 absolvierte Uwe Seeler sein erstes Spiel in der Oberliga-Mannschaft des HSV - die Bundesliga existierte damals noch nicht -, die erste Einwechslung in die A-Nationalmannschaft folgte ein Jahr später. Bereits bei seinem zweiten Länderspiel stand Seeler von Beginn an auf dem Platz (2. von rechts), zusammen mit Größen wie Fritz Herkenrath und Jupp Derwall.

Uwe Seeler

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Seine Frau Ilka, damals Handballerin beim HSV, heiratete Seeler 1959. Im Gegensatz zu anderen Fußballern schaffte er es, seine Ehe frei von Skandalen zu halten. Möglicherweise klappte das durch braves Unterordnen: "Ich entscheide die großen Dinge und meine Frau die kleinen. Welche Dinge groß und welche klein sind, entscheidet meine Frau." Aber immerhin, es klappt bis heute. Ilka hielt ihm früher den Rücken frei, wenn er unterwegs war, kümmert sich inzwischen um seine Termine - und klebt ihm HSV-Rauten auf sein Smartphone.

Uwe Seeler

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In der Oberliga Nord und darüber hinaus machte sich Seeler bald einen Namen. Zwar nicht gerade der Typ Edeltechniker, war er ein zweikampfstarker, unermüdlicher Arbeiter und traf mit der Pike, im Sitzen, per Fallrückzieher und auch mit dem Kopf - bei nur 1,68 Metern Körpergröße. Nur eine Saison gab es, in der er nicht mindestens 28 Treffer in der Oberliga erzielte.

Folgerichtig wurden auch ausländische Vereine auf ihn aufmerksam. Das einzige internationale Angebot, bei dem er ernsthaft verhandelte, kam von Inter Mailand. 1,5 Millionen Mark Ablöse, 500 000 Mark Jahresgehalt, eine Villa und ein Auto bot Trainer Helenio Herrera. Seeler überlegte es sich - und blieb lieber beim HSV. "Das haben ihm die Hamburger nie vergessen", sagt Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Stadt.

historische löwen

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Wer 1963 gehofft hatte, Seeler könnte von den besten Mannschaften Deutschlands in der neu gegründeten Bundesliga gestoppt werden, irrte. Im ersten Jahr ihres Bestehens krönte er sich mit 30 Treffern direkt zum Torschützenkönig. Dem HSV brachte er mit seinen Toren regelmäßig Punkte ein, allerdings nie die Meisterschaft. Die erreichte der Verein erst lange nach Seelers Karriereende.

Uwe Seeler

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Nach diesem Karriereende sah es 1965 aus. Der HSV war zu Gast im Frankfurter Waldstadion, plötzlich knallte es und Seeler krümmte sich im Schnee. Achillessehne gerissen, ohne gegnerische Einwirkung. Der gemeine Fußballfan wusste, was das bedeutete: Noch nie war jemand nach dieser Verletzung wieder in den Profifußball zurückgekehrt. Aber Seeler kämpfte monatelang - und schaffte es. Nach einem halben Jahr stand er wieder auf dem Platz, in der Bundesliga und als Kapitän der Nationalmannschaft.

Ex-Nationalspieler Wolfgang Weber wird 60

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Das deutsche Team führte Seeler 1966 bis ins Finale der WM. Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit konnte sich die Mannschaft noch freuen: Wolfgang Weber (vorne links) traf in Wembley zum 2:2 und rettete Deutschland in die Verlängerung. Dort fiel später das umstrittenste Tor des Fußballs: Englands Geoffrey Hurst traf die Latte. Von dort aus sprang der Ball senkrecht nach unten, bevor Weber klären konnte. Drin oder nicht? "Ich stand hinten am Strafraum und habe genau gesehen, dass der Ball nicht hinter der Linie war", sagt Seeler noch heute. Schiedsrichter Gottfried Dienst sah es anders.

Uwe Seeler, Queen Elizabeth II, Sir Stanley Rous, Herzogin von Kent, Willi Schulz

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Vor den Augen von Queen Elizabeth II., vor der Seeler sich nach dem Spiel verbeugte, verlor Deutschland mit 2:4. Nach drei Weltmeisterschaften kündigte Seeler 1968 seinen Abschied aus der Nationalmannschaft an. Bei den Fußballfans deutschlandweit war er weiterhin beliebt: Sein ehrliches, bodenständiges Auftreten, allem Ruhm zum Trotz, brachte ihm den Spitznamen "Uns Uwe" (plattdeutsch für "Unser Uwe") ein.

Uwe Seeler England WM Viertelfinale 1970

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Irgendwie fehlte sie ihm dann aber doch, die Nationalmannschaft. Schon ein Jahr später folgte der Rücktritt vom Rücktritt, 1970 spielte Seeler seine vierte und letzte WM. Im Viertelfinale gegen England gelang ihm sein wohl berühmtestes Tor: Mit dem Hinterkopf versenkte er den Ball spektakulär zum 2:2 im langen Eck - im Bild ist das Tor rechts nicht zu sehen.

WM 1970 Deutschland - Italien

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Für den Einzug ins Halbfinale reichte es, fürs Finale nicht mehr. Gegen Italien unterlag Deutschland unglücklich in der Verlängerung, nach einem Tor von Gianni Rivera (rechts). Seeler tauschte mit enttäuschter Miene sein Trikot mit ihm. "Wenn man vier Weltmeisterschaften spielt, dann ist das ganz klar, dass man gerne auch mal Weltmeister geworden wäre. Sonst würde man lügen", bekannte Seeler.

1972 zog er sich endgültig aus dem Profifußball zurück. Die Bilanz einer beeindruckenden Karriere: 476 Auftritte in der Bundes- und Oberliga, 404 Tore, alles für den HSV. Dazu kamen 43 Treffer in 72 Länderspielen. Zu seinem Abschied erhielt Seeler als erster Sportler das Bundesverdienstkreuz.

Sportjournalist Harry Valérien gestorben

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In den Folgejahren verschwand Seeler keineswegs aus der Öffentlichkeit. Er trat in Talkshows auf, hier spricht er bei Sportmoderator Harry Valérien (rechts) über die Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland, führte eine eigene Modemarke und wurde 1995 mit 99,9 Prozent der Stimmen zum Präsidenten des HSV gewählt. Seine Amtszeit verlief jedoch enttäuschend, nach mehreren Skandalen um andere Funktionäre trat er drei Jahre später zurück.

Eine Rückkehr in den Fußball gab es dann doch noch, wenn auch keine geplante. Cork Celtic, ein irischer Verein mit Abstiegssorgen, fragte an, ob Seeler nicht Lust hätte, bei einem Benefizspiel für sie anzutreten. Seeler hatte Lust und sagte zu. In Wirklichkeit beantragte der Klub jedoch das Gastspielrecht für ihn und so fand sich Seeler in einem Ligaspiel gegen den zehnfachen Meister Shamrock Rovers wieder - in Irland war das möglich. Seine zwei Tore halfen dem Verein nicht, Cork Celtic unterlag.

Uwe Seeler begutachtet Fußabdruck

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Beim HSV verehren sie "Uns Uwe" bis heute. Die Sonderausstellung, die der Verein zu seinem Geburtstag am Samstag im hauseigenen Museum eröffnet, ist da vergleichsweise eine Kleinigkeit: 2005 stellte der Verein als Hommage an Seelers feines Füßchen ein, nun ja, Abbild seines Fußes vors Stadion. Die Bronzeskulptur im Maßstab 20:1 ist über fünf Meter hoch, wiegt vier Tonnen und kostete eine Viertelmillion Euro. Rund um den Fuß entstand mittlerweile ein HSV-Walk of Fame: Die Fußabdrücke verdienter Spieler und Funktionäre sind in den Boden eingelassen.

Uwe Seeler

Quelle: Imago

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Der Nationalmannschaft blieb Uwe Seeler als Ehrenspielführer erhalten. Nach seinem Karriereende ehrte ihn der DFB mit diesem Titel, als zweiten Spieler nach Fritz Walter. Später erhielten auch Franz Beckenbauer, Lothar Matthäus und erst kürzlich Jürgen Klinsmann diese Auszeichnung. Bei offiziellen Anlässen ist Uwe Seeler in dieser Funktion bis heute hin und wieder vertreten, wie im Bild bei einem Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen England 2007. Als zweiter von rechts begrüßte er David Beckham.

Club Of Former National Players Meeting; Schweinsteiger

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Seinen Achtzigsten begeht der Jubilar entspannt. Nach einer Ehrung durch den DFB wird Seeler es sich am Samstag in einer Loge gemütlich machen und das Bundesligaspiel des HSV verfolgen. Ob er gegen Dortmund so viel zu feiern haben wird, sei dahingestellt. Hamburg ist derzeit mit zwei Toren und zwei Punkten Tabellenletzter. Einen Stürmer vom Format Uwe Seeler findet man eben nicht so leicht. Trotzdem wünscht sich Seeler einen Sieg zum Geburtstag - und bessere Zeiten: "Ich hoffe, dass ich den Abstieg des HSV nie erlebe."

© SZ.de/fued/mane
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