Usain Bolt bei den Commonwealth Games:Das Spektakel, einfach nur da zu sein

Usain Bolt

Er läuft nicht, aber posiert: Usain Bolt bei den Commonwealth Games

(Foto: dpa)

Bei den Commonwealth Games hat der Sprint-Weltrekordler Usain Bolt bisher nicht viel mehr gemacht, als Playstation gespielt und Netball geschaut. Die Aufregung um ihn ist trotzdem groß. Zu groß.

Von Thomas Hahn

Die Commonwealth Games von Glasgow sind eine große bunte Medaillenfabrik, die ziemlich hochtourig läuft. So hochtourig, dass sie einem vorkommt wie eine überdimensionierte Slot-Maschine. 256 Wettbewerbe in 17 Sportarten und elf Tagen gibt es bei den Spielen, die noch bis zum 3. August dauern - das bringt eine beträchtliche Tagesmedaillenausschüttung mit sich und bedeutet gerade für gut sortierte Sportnationen wie England oder Australien lawinenartige Gewinne: Beide verzeichneten am Donnerstagnachmittag jeweils 107 Medaillen. Selbst weniger profilierte Länder wie die Isle of Man oder Mauritius haben schon was abbekommen.

Dass die Veranstaltung mit einer gewissen Beliebigkeit einhergeht und nicht das allerhöchste sportliche Niveau spiegelt, ist dabei gar nicht schlimm. Zumal ein paar Strahlen des Weltsports ja doch auf die Wettkämpfe in Schottland fallen.

Am Donnerstagabend zum Beispiel fand im Hampden Park ein durchaus relevantes 800-Meter-Finale statt, welches der kenianische Weltrekordler David Rudisha gegen den Olympia-Zweiten von 2012, Nijel Amos aus Botswana, mit 1:45,48 Minuten zu 1:45,18 Minuten verlor. Und für diesen Freitag ist zum ersten Mal in diesem Jahr der Sprint-Weltrekordler Usain Bolt aus Jamaika als Teilnehmer eines Rennens avisiert. Zwar findet dieses späte Saison-Debüt nur im Vorlauf des 4x100-Meter-Turniers statt.

Nur eine entfernte Verheißung

Seine ganze Aura als Show-Schnellläufer dürfte Bolt erst später im August entfalten als Einzelstarter an der Copacabana in Rio (17.), in Warschau (23.) und in Zürich (28.). Trotzdem ist die Aufregung groß. Zu groß.

Wegen einer Fußverletzung ist Usain Bolt in diesem Jahr bisher nur eine entfernte Verheißung gewesen für die Leichtathletik-Vermarkter. Starts in Ostrau und Paris sagte er ab. Auch bei den nationalen Meisterschaften fehlte er, was die Jamaikaner natürlich nicht davon abhielt, ihren sechsmaligen Olympiasieger trotzdem für die Commonwealth Games zu nominieren. Ob Bolts Anwesenheit in Glasgow auch etwas damit zu tun hat, dass er Werbeträger eines britischen Mischkonzerns ist, der auch Sponsor der Glasgow-Spiele ist, darf man ahnen.

Die schottischen Veranstalter waren jedenfalls begeistert, als bekannt wurde, dass Bolt von seiner Sonnen- auf ihre Regeninsel kommt. Die PR-Expertin Leah Donlan gratulierte: "Auf einem Markt, auf dem Sponsoren um Aufmerksamkeit und Kundenbindung kämpfen, wird seine Anwesenheit dem Ereignis jenes Funkeln geben, mit dem man sie verbindet."

Es geht teilweise wirklich zu weit

Und nun bestimmt Usain Bolt tatsächlich die Folklore der Spiele. Rennen muss er dazu gar nicht. Usain Bolt ist längst groß genug, um ein Thema zu sein, selbst wenn er nichts tut, und in Glasgow tut er nicht viel mehr, als auf seinem Zimmer im Athletendorf zu bleiben und Playstation zu spielen, damit er sich nicht zu sehr den gierigen Blicken der anderen Spiele-Teil- nehmer aussetzt. Das hat einerseits der Guardian recherchiert, der auch berichtet, dass Bolt sich von seiner Entourage bei Bedarf Essen besorgen lasse oder einen Friseur. Andererseits hat es Bolt selbst gesagt: "Ich versuche, nicht zu viel im Dorf rumzugehen, weil ich immer so viele Fotos habe."

Aber so ganz geklappt hat das nicht mit der Diskretion, und weder Bolt noch die Medien haben der Informationsgesellschaft dabei bleibende Dienste erwiesen. Die Aufmerksamkeit für Bolt geht teilweise wirklich zu weit. Die Bilder und Indiskretionen vom Plausch mit Prinz Harry, Prinz William und Kate Middleton waren noch normal fürs Regenbogen-Königreich der Briten. Aber dann schaute Bolt beim Netball zu, einer Basketball-Variante für Frauen, und sah Jamaika gegen Neuseeland 42:50 verlieren. Manche Spielerin winkte ihm in der Pause zu, prompt wurden sie nach dem Spiel gefragt, ob Bolt sie abgelenkt habe. "Könnt ihr nicht was zum Spiel fragen?", versetzte eine der Spielerinnen.

"Ich wache auf und lese diesen Unsinn"

Bolt selbst war wenig begeistert, als er bei seiner Pressekonferenz in Glasgow Fragen zu Palästina-Konflikt und schottischer Unabhängigkeit beantworten sollte (Bolt konnte wenig dazu sagen). Und zwischendurch gab es eine richtige kleine Debatte über die Einstellung Bolts zu Glasgow. Eine Times-Journalistin hatte vor dem Athletendorf ein paar Takte von Bolt aufgefangen und veröffentlicht. Unter anderem Bolts Meinung, die Spiele seien "ein bisschen Scheiße".

Bolt oder wer auch immer seine sozialen Medien-Plattformen bedient, twitterte ein Dementi: "Ich wache auf und lese diesen Unsinn. Journalist, bitte erfinde keine Lügen, um Schlagzeilen zu machen." Die Spiele findet Bolt in Wirklichkeit natürlich "Wahnsinn".

Mit Sport hat das alles wenig zu tun. Man kennt das bei Usain Bolt. Er selbst nimmt es hin, weil er ja auch nicht schlecht bezahlt wird dafür und ohnehin nichts mehr ändern kann daran. Oder doch aus anderen Gründen? In Glasgow hat Usain Bolt gesagt: "Ich lebe für die Fans."

Usain Bolt bei den Commonwealth Games: Usain Bolt schaut Netball

Usain Bolt schaut Netball

(Foto: AFP)
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