USA in der Einzelkritik:Die Schmerzen des Jermaine Jones

Torhüter Tim Howard hat mehr Haare am Kinn als am Oberkopf. Michael Bradley ist der Meister des Ein-Mann-Pressings - und Jermaine Jones entgeht nur knapp der Trage. Das US-Team beim 0:1 in der Einzelkritik.

Von Thomas Hummel, Recife

1 / 12

USA in der Einzelkritik:Tim Howard

Germany's Mueller challenges goalkeeper Howard of the U.S. during their 2014 World Cup Group G soccer match at the Pernambuco arena in Recife

Quelle: REUTERS

Torhüter Tim Howard hat mehr Haare am Kinn als am Oberkopf, Michael Bradley ist der Meister des Ein-Mann-Pressings - und Jermaine Jones entgeht nur knapp der Trage. Das US-Team beim 0:1 in der Einzelkritik.

Tim Howard: Vermutlich der beste amerikanische Torwart der dortigen Fußball-Geschichte. Hält in der englischen Premier League beim FC Everton. Markenzeichen: mehr Haare am Kinn als am Oberkopf. Antizipierte in der ersten Halbzeit einige flache Hereingaben der Deutschen und nahm ihnen so das geplante Mittel. Stand auch bei Özils Versuch aus zehn Metern sicher. Tat auch beim 0:1, was er konnte. Doch gegen den Schuss von Müller war er machtlos.

2 / 12

USA in der Einzelkritik:Fabian Johnson

491922677

Quelle: AFP

Fabian Johnson: Geboren und aufgewachsen in München, musste er erst für Amerika zu einer WM ans andere Ende der Welt fliegen, um so gut wie nie zuvor zu spielen. Gab vor allem gegen Portugal einen beeindruckend offensiven Rechtsverteidiger. Eine Spezies, die im deutschen Team bekanntlich abgeschafft ist. Ging mit großem Selbstvertrauen ins Spiel, agierte fast mehr als Rechtsaußen als hinten. Deutete zuweilen seine Gefährlichkeit über die Sprints hinter die deutsche Abwehrreihe an. Musste aber erkennen, dass sich der DFB gut darauf eingestellt hatte.

3 / 12

USA in der Einzelkritik:Omar Gonzalez

Gonzalez of the U.S. receives a yellow card from referee Irmatov of Uzbekistan during their 2014 World Cup Group G soccer match against Germany at the Pernambuco arena in Recife

Quelle: REUTERS

Omar Gonzalez: Wenn die USA auf einem Boot durch das Regenloch Recife gefahren wären, Omar Gonzalez wäre der Schiffsjunge gewesen. Wischte dort auf, wo andere ihren Dreck hinterließen, beziehungsweise Fehler machten. Kein Wunder, war es doch sein erster Einsatz bei dieser WM, Neulinge fangen eben ganz unten an. Rettete zweimal um Zehenlänge gegen Thomas Müller. Sah dann Gelb nach Foul an Schweinsteiger. Hinderte kurz nach der Pause Özil am eigentlich sicheren Kopfballtor (wobei, Özil und Kopfball?), konnte dann aber Mertesacker vor dem 0:1 nicht am Kopfball hindern (ist auch schwieriger als bei Özil).

4 / 12

USA in der Einzelkritik:Matt Besler

Matt Besler, Mesut Ozil

Quelle: AP

Matt Besler: Der amerikanische Mertesacker. Immer sicher, immer flach, immer unspektakulär. Der 27-Jährige von Sporting Kansas City gibt in Brasilien den Abwehrchef. Dirigierte mehr, als dass er spielte. Schob seine Mitspieler immer weit nach vorne, um Müller und Özil ins Abseits zu stellen. Seine Abwehr gehörte zu den besseren Mannschaftsteilen der USA.

5 / 12

USA in der Einzelkritik:DaMarcus Beasley

Beasley of the U.S. fights for the ball with Germany's Ozil during their 2014 World Cup Group G soccer match at the Pernambuco arena in Recife

Quelle: REUTERS

DaMarcus Beasley: Jürgen Klinsmann schwärmte vor dem Spiel von dem Bruder im Geiste: "Er lacht und grinst, er spielt seine vierte WM und wird immer jünger." Auch Klinsmann selbst steht ja unter schwerem Forever-young- und Grinse-Verdacht. Beiden verging zu Beginn das Grinsen, denn Beasley erwies sich im deutschen Anfangsschwung als Schwachstelle. Wurde bisweilen regelrecht eingedreht von Özil und Boateng. Kam dann besser zurecht und dribbelte einmal frech durch fünf Deutsche hindurch. Wie ein 32-Jähriger sah er da tatsächlich nicht aus.

6 / 12

USA in der Einzelkritik:Kyle Beckerman

USA v Germany: Group G - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Getty Images

Kyle Beckerman: Gibt den Piraten auf der USS Klinsmän, seine Dreadlocks flattern selbst beim schlimmsten Sturzregen noch recht aufgeräumt hinter seinem Kopf. Versuchte, eine Drehscheibe zu spielen vor der Abwehr, was ihm manchmal gelang, meistens nicht. Gewann kaum Bälle, weshalb die Amerikaner auch kaum zu ihren gefürchteten Kontern kamen. Musste sich bald zunehmend mit Fouls behelfen. "Das ist das größte Spiel unseres Lebens", hatte er vorher erklärt. "Wir werden alles geben und mehr." Das Versprechen immerhin löste er ein.

7 / 12

USA in der Einzelkritik:Jermaine Jones

USA v Germany: Group G - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Getty Images

Jermaine Jones: War das die Gelegenheit, sich bei Joachim Löw zu revanchieren? Dem Bundestrainer, der ihn einst nach drei Länderspielen nicht mehr nominierte. Oder ein Zeichen an Schalke zu senden, die ihn nicht mehr wollten, weshalb er ins Exil zu Beşiktaş Istanbul wechseln musste. Unter den Blicken der ganzen Nation. Jermaine Jones tat viel, um positiv aufzufallen. Er versuchte, nach der schwachen ersten Viertelstunde seiner Elf Ruhe und Souveränität ins Spiel zu bringen. Er stieg mutig zu jedem Kopfball hoch, er zerrte Schweinsteiger am Trikot, er rammte sogar den Schiedsrichter um. Wobei hier eigentlich der Schiedsrichter Gelb hätte sehen müssen, Jones blieb ein unangenehmer Schmerz am Hals. Es folgten noch mehr Schmerzen, weil Mitspieler Bedoya mit dem Kopf gegen seine Nase rammte. Entging nur knapp der Trage, zeigte aber dann, dass er ein harter Junge aus Frankfurt-Bonames ist und spielte weiter.

8 / 12

USA in der Einzelkritik:Michael Bradley

USA v Germany: Group G - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Getty Images

Michael Bradley: Eindeutig der Obermaat auf dem US-Boot. Zu Hause versteht ja niemand, warum es dieser Michael Bradley in Europa nicht zu einem Superstar brachte, jetzt ist er die große Attraktion bei Toronto FC. Seine Glatze wirkte selbst im Dauerregen wie ein polierter Hut und glänzte im ganzen Stadion. Forcierte mitunter ein Ein-Mann-Pressing, um den Deutschen ein wenig Angst einzujagen und das Publikum zum Applaus einzuladen. Nur Letzteres klappte. Das Publikum feierte ihn zwar mit Sprechchören, Bradley blieb dennoch einer der Schwächeren der USA.

9 / 12

USA in der Einzelkritik:Graham Zusi

491922677

Quelle: AFP

Graham Zusi: Hatte in der ersten Halbzeit die einzige, echte Chance für die USA, als er aus 20 Metern auf das Toreck zielte. Der Ball strich über die Latte, Manuel Neuer durfte einmal durch den Regen fliegen. Ansonsten wenig zu sehen. War zuletzt kritisiert worden, weil er bei seiner Auswechslung gegen Portugal angeblich zu langsam an die Seitenlinie gelaufen war. Damit habe Zusi dafür gesorgt, dass der Schiedsrichter noch die Extra-Minute nachspielen ließ, in der Portugal das 2:2 erzielt hatte. Schräge Ansichten gibt es da, in Amerika. Muss sich wohl diesmal eher anhören, dass er es einmal nicht schaffte, einen Eckball über Philipp Lahm hinweg vors Tor zu schlagen. Lief diesmal recht schnell zu seiner Auswechslung.

10 / 12

USA in der Einzelkritik:Brad Davis

USA v Germany: Group G - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Getty Images

Brad Davis: Neben Gonzalez der zweite Neuling im amerikanischen Boot. Nur war es so, dass niemand bemerkte, dass er überhaupt dabei war. Wirkte wie ein blinder Passagier. Hatte nach vorne keine Bindung zum Spiel und konnte hinten nicht einmal Beasley auf der rechten Seite richtig helfen. Auch Brad Davis hat mit Sicherheit alles gegeben, wie es sein Trainer für alle Spieler angekündigt hatte. Wurde nach 58 Minuten gerechterweise ausgewechselt.

11 / 12

USA in der Einzelkritik:Clint Dempsey

World Cup 2014 - USA - Germany

Quelle: dpa

Clint Dempsey: Eindeutig der Eroberer. Ganz alleine besetzte er vorne wieder die Stürmerposition und sollte irgendwie sehen, wie er seiner Abwehr Entlastung bringen konnte. Das gelang ihm nur selten bis nie, hatte er doch ständig Mats Hummels und Per Mertesacker am Hals hängen. Die Deutschen wussten, dass sie diesen Fußball-Desperado nicht aus den Augen verlieren dürfen. Schon gar nicht, wenn es regnet wie in der Karibik. Kurz vor der Halbzeit geriet er mit Bastian Schweinsteiger aneinander und beide machten sich klar, dass hier niemand klein beigeben würde. Stritt sich bald darauf mit Jermaine Jones, weil sein Pass ins Nichts rollte statt zum Mitspieler. Gab auch hier nicht nach.

12 / 12

USA in der Einzelkritik:Einwechselspieler: Alejandro Bedoya und DeAndre Yedlin

USA v Germany: Group G - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Getty Images

Alejandro Bedoya (im Bild): Der Spieler vom FC Nantes wurde von den Kollegen bestimmt schwer vermisst angesichts der Leistung von Davis. Hatte Bedoya doch gegen Portugal für passablen Betrieb gesorgt. Führte sich nach seiner Einwechslung mit einem Harakiri-Foul gegen Schweinsteiger ein, sah komischerweise dafür kein Gelb. Rammte als Nächstes mit dem Kopf gegen die Nase von Jermaine Jones.

DeAndre Yedlin: Letzte Hoffnung für USA, der 21-Jährige aus Seattle. Bolzte allerdings gleich eine Flanke so weit ans andere Ende des Stadions, dass ganz Amerika aufstöhnte.

© Sz.de/bero/sks
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: