Normalerweise sitzt Irina Zvereva nie in Tennisstadien, um Alexander bei Matches zuzusehen. Die Mutter des besten deutschen Profis, früher selbst eine sehr gute Spielerin, hält das nervlich nicht aus. Nicht mal als ihr nun 27 Jahre alter Sohn bei den vergangenen French Open im Finale stand (das er gegen den Spanier Carlos Alcaraz verlor), suchte sie die Arena in Paris auf.
An diesem Montagvormittag passierte also tatsächlich Ungewöhnliches, als sich Irina Zvereva im Grandstand in der sogenannten Players Box auf der Tribüne niederließ, genau zwischen Sophia Thomalla, Alexanders Freundin, und Sergej Bubka junior, Zverevs Manager. Sie hat, so viel lässt sich sagen, den Besuch überstanden, vielleicht hätte sie sich nur einen anderen Auftritt aussuchen sollen. Zverev gewann zwar sein Auftaktmatch bei den US Open gegen den Nürnberger Maximilian Marterer mit 6:2, 6:7 (5), 6:3, 6:2. Aber sein Spiel war so rumpelig und stotternd wie die New Yorker U-Bahn.
Die Statistik legte einige Defizite offen: Nur 59 Prozent seiner ersten Aufschläge landeten im Aufschlagfeld. Zverev unterliefen 44 unerzwungene Fehler, bei 42 Winnern. Seine Vorhand wackelte oft genug. Danach räumte er ein, „nicht mein bestes Tennis“ gespielt zu haben. Zudem sei das Duell „tricky“, knifflig, für ihn gewesen. Weil sich die beiden ganz gut kennen. Marterer und Zverev hatten bei den Olympischen Spielen in Paris ein Doppelzimmer in der Wohngemeinschaft der sechs deutschen Spieler geteilt. Seine makellose Erfolgsserie gegen Linkshänder setzte Zverev immerhin fort, seit den French Open 2023 hat er alle 23 Duelle mit Linkshändern für sich entschieden. Nun fehlen ihm darüber hinaus in New York nur noch zwei Siege, dann hat er 100 Grand-Slam-Partien in seiner Karriere gewonnen (98 Siege, 34 Niederlagen).
Marterer, in der Weltrangliste derzeit auf Platz 100 geführt, war als Lucky Loser ins Hauptfeld gerückt. Der 29-jährige Franke hatte in der dritten Runde der Qualifikation verloren, profitierte aber vom krankheitsbedingten Rückzug des Finnen Emil Ruusuvuori, der zunächst Zverev zugelost worden war. Marterer wird – als Lucky Loser, für den das Turnier ja schon vorbei war – die 100 000 Dollar Preisgeld für die erste Runde sicher gerne mitnehmen, doch die US Open bleiben das einzige Grand-Slam-Turnier für ihn, bei dem er noch keine Erstrundenpartie siegreich bestritt.
Einen schönen Erfolg feierte Jule Niemeier, 25. Die Weltranglisten-101. aus Dortmund bezwang in einem packenden Match über 3:10 Stunden die an Nummer 32 gesetzte Ukrainerin Dajana Jastremska 6:4, 6:7 (3), 6:4 und genoss danach den ausgiebigen Applaus der zahlreichen deutschen Zuschauer, die sich um Court 6, der mitten im Getümmel der Anlage liegt, an diesem herrlichen Sommertag versammelt hatten. Tatjana Maria, 37, siegte 6:2, 6:3 gegen die Argentinierin Solana Sierra und trifft nun auf die Titelverteidigerin Coco Gauff (USA).