Süddeutsche Zeitung

US-Open:Wechsel der Perspektive

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Der Deutsche Dominik Köpfer erreicht zum ersten Mal die dritte Runde bei einem Grand-Slam-Turnier.

Von Jürgen Schmieder, New York

Wer es in der wundersamen Stadt New York zu etwas bringen will, der muss sich irgendwann auf dem Broadway beweisen. Er muss sich hochdienen in den Theaterhäusern auf Nebenstraßen, doch für die Begabten folgt dann die Anstellung bei einer überdimensionierten Produktion, und wer es dort schafft, der kann es überall schaffen. Dominik Köpfer aus Furtwangen hat bei den US Open, diesem wundersamen Tennisturnier, am Mittwoch den Ruf an den Broadway dieser Tennisanlage erhalten. Nach Auftritten in Sarasota (USA), Francavilla (Italien) und Ostrava (Tschechien) und auf Court 8 in New York durfte er wegen des Regens und des verletzungsbedingten Rückzugs von Borna Coric im Louis Armstrong Stadium spielen.

Wer er dort schafft, der schafft es überall, und Köpfer hat es geschafft. Der 25-Jährige besiegte Reilly Opelka (USA) mit 6:4, 6:4, 7:6 (2) und steht erstmals in der dritten Runde eines Grand-Slam-Turniers. "Ich bin ein bisschen nervöser geworden, als ich erfahren habe: die Abendpartie in diesem Stadion", sagte Köpfer danach - "davon träumt man doch als kleiner Junge."

Das Problem an dieser Beförderung ist neben der Größe des Stadions seine Bauweise. Auf einem Tennisplatz sehen Spieler beim Ballwurf: Spielfeld, Werbebande, Himmel. In dieser Arena: Spielfeld, Werbebande, Zuschauer, Reklametafel, mehr Zuschauer, Anzeigetafel, VIP-Boxen, rote Wand, Dach. Das kann einen verwirren, nicht wenige junge Profis scheitern bei ihrem ersten Auftritt neben der eigenen Nervosität auch an diesem Wechsel der Perspektive. "Es ist schwerer, den Ball zu sehen - er hat gleich beim ersten Aufschlagspiel zwei Breakbälle gehabt", sagt Köpfer: "Ich habe mich aber schnell daran gewöhnt und dann wenig zugelassen."

Köpfer servierte zuverlässig, wehrte sieben Breakbälle nervenstark und mutig ab. Im dritten Satz blieb er trotz Rückstand gelassen gegen den Kanonier Opelka. Durch die Siege bei den US Open rückt Köpfer in der Weltrangliste derart weit nach vorne, dass er beim nächsten Grand-Slam-Turnier automatisch qualifiziert sein dürfte. Mit einem weiteren Erfolg wäre er in den Top 100. Der nächste Gegner (entweder Brooksby/USA oder der starke Georgier Bassiaschwili) wurde wegen des Regens erst am Donnerstag ermittelt. "Das kann ein Vorteil sein, dass ich eine längere Pause habe, es soll heiß werden", sagt Köpfer, und er wirkt dabei wie einer, der nicht nervös wäre, sollte er wieder in einer großen Arena spielen dürfen.

Als er kurz nach Mitternacht das Louis Armstrong Stadium verließ, da dröhnte aus den Lautsprechern das Lied "New York Groove", eine Hommage an einen, der es geschafft hat in dieser wundersamen Stadt, in der Nähe des Broadway aus dem Auto steigt und eine fantastische Nacht erlebt. Es ist auch ein Lied über Dominik Köpfer bei den US Open.

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Quelle:
SZ vom 30.08.2019
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