US Open:Stolz tänzelnd in die Niederlage

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"Ich bin selbst vom Platz zurück in die Umkleide gegangen. Darauf bin ich stolz - und dass mich meine Freunde hier live sehen konnten", sagt Saketh Myneni. (Foto: AP)
  • Am ersten Tag der US Open verliert der Inder Saketh Myneni nach knapp vier Stunden gegen den Tschechen Jiri Vesely.
  • Das Spiel zieht wegen seiner Dramatik Tausende Zuschauer an, weil Myeni von starken Krämpfen geplagt wird, aber nicht aufgibt.
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Von Jürgen Schmieder, New York

Es war bereits nach 22 Uhr, als dieser erste Tag den Zuschauern doch noch diesen dramatischen Moment bot, dessentwegen sie auf die Tennisanlage nach Flushing Meadows gekommen waren. Drei Stunden zuvor hatte Phil Collins im Arthur Ashe Stadium zur Eröffnung seinen Hit "In the Air Tonight" geschmettert, während sich über ihm die 150-Millionen Dollar-Dachkonstruktion öffnete, danach erledigte Novak Djokovic seine erste Aufgabe bei diesen US Open ohne größere Probleme.

Sportlich sind Eröffnungsabende in New York eher unspektakuläre Angelegenheiten, vor zwei Jahren durfte Roger Federer mit Michael Jordan für eine neue Produktlinie werben, im vergangenen Jahr startete Serena Williams ihre (letztlich erfolglose) Jagd nach dem Grand Slam mit einem 21-Minuten-Auftritt.

Die bezaubernden Geschichten gibt es oftmals auf den Außenplätzen zu erleben

Das Drama entfaltete sich nicht im riesigen Stadion, sondern draußen auf einem Nebenplatz während einer Partie, die bereits am späten Nachmittag begonnen hatte. Saketh Myneni (Indien) ging nicht mehr über den Platz, er war eine Mischung aus Tippeln und Tänzeln. Er führte gegen Jiri Vesely (Tschechien) 5:2 im fünften Satz, doch sein Körper teilte ihm über Krämpfe in beiden Waden und beiden Unterarmen mit, dass er diese Partie nicht würde gewinnen können.

Myneni, 28, wollte nicht aufgeben, er tippelte und tänzelte auch nach knapp vier Stunden Spielzeit und mehreren T-Shirt-Wechseln (erst weiß, dann orange, dann neongrün, schließlich schwarz) einfach weiter. Am Ende drängten sich mehr als 1500 Menschen um den Platz, einige waren sogar aus dem großen Stadion hinüber geeilt. Myneni verlor 6:7 (5), 6:4, 6:2, 2:6, 5:7.

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"Ich konnte erst nicht mehr hüpfen, dann konnte ich nicht mehr laufen, später konnte ich nicht mal mehr gehen", sagte Myneni danach: "Ich wollte diese Partie unbedingt zu Ende bringen - und vielleicht doch dieses eine Spiel gewinnen." Dass er nicht hinwarf, lag freilich auch daran, dass er sich nach fünf erfolglosen Versuchen zum ersten Mal in seinem Leben für das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers qualifiziert hatte. Fünf Jahre lang hatte er bei kleinen Turnieren in Kuwait, China und Vietnam Weltranglisten-Punkte gesammelt und sich die Reisen dorthin als Trainer in einem amerikanischen Tennisklub finanziert. "Es war hart und manchmal auch einsam, doch die Qualifikation ist Entschädigung dafür", sagte er: "Ich habe zwar verloren, aber ich habe mein bestes Tennis gespielt."

Er grämte sich nicht allzu lange über seine Niederlage, kurz vor Mitternacht saß er lächelnd im Spielergarten. "Ich habe gezeigt, dass ich mit einem Top-50-Spieler mithalten kann, Krämpfe gehören nun mal dazu", sagte er: "Ich bin selbst vom Platz zurück in die Umkleide gegangen. Darauf bin ich stolz - und dass mich meine Freunde hier live sehen konnten." Nicht nur seine Freunde, sondern all jene, die hinübergelaufen waren zu Platz neun. Die dramatischen und bezaubernden Geschichten, die gibt es in der ersten Woche oftmals auf diesen Außenplätzen zu erleben.

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