US Open:Sieben Masken, sieben Opfer

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Botschaft auf großer Bühne: Auf Naomi Osakas Maske steht der Name des Polizeigewalt-Opfers Breonna Taylor. (Foto: Frank Franklin/dpa)

Naomi Osaka nutzt ihr Auftaktmatch für ein deutliches Zeichen gegen Polizeigewalt.

Von Jürgen Schmieder, New York/Los Angeles

Breonna Taylor. Das ist der Name der 26 Jahre alten Afroamerikanerin, die kürzlich von hellhäutigen Polizisten erschossen worden ist. Das Aussprechen der Namen soll Opfer von Rassismus und Polizeigewalt würdigen, und die Japanerin Naomi Osaka tat am Montagabend genau das: Sie trug beim Einmarsch ins Arthur Ashe Stadium eine schwarze Maske, auf der in weißen Buchstaben Breonna Taylor stand, hinter ihr war auf der Tribüne der Schriftzug Black Lives Matter angebracht, dazu Pappfiguren von Menschen unterschiedlicher Hautfarben. Es war der erste Tag der US Open, beste Sendezeit beim ersten Grand-Slam-Turnier nach der Corona-Pause - viel mehr Aufmerksamkeit geht nicht.

Sportler reden gerne von dieser Plattform, die ihnen aufgrund ihrer Erfolge gegeben ist und die sie gerne für Botschaften zu gesellschaftlich relevanten Themen nutzen. Kritiker motzen dann, dass sich Sportler gefälligst nur zum Sport äußern sollen. Osaka kennt das, sie hat darauf bereits im Juni auf Twitter reagiert: "Ich kann es nicht leiden, wenn irgendwelche Leute sagen, dass ich mich nicht in politische Sachen einmischen solle. (...) Was gibt denen mehr Recht zu reden als mir? Dieser Logik zufolge darf ein Ikea-Mitarbeiter nur noch über Grönlid reden." Sie lässt sich nicht einschüchtern, in New York sagte sie: "Ich bin völlig gelassen. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben: Wenn mich jemand nicht mag, dann ist es eben so."

Osaka, 22, ist zu einem Symbol der Proteste von Sportlern in den Vereinigten Staaten geworden: Mit dem ursprünglichen Verzicht aufs Halbfinale beim Turnier in der vorigen Woche hatte sie dafür gesorgt, dass Tennis, nicht nur wegen der Kleidung noch immer der "weiße Sport", eine Pause einlegte und Partien verschob. Osaka gewann das später angesetzte Halbfinale gegen Elise Mertens, sagte das Endspiel gegen Victoria Asarenka aber wegen einer Oberschenkelzerrung ab. Die US-Open-Siegerin von 2018 galt wegen des ausgedünnten Frauenfeldes (es fehlen sechs Top-Ten-Spielerinnen) als Favoritin in diesem Jahr, die Verletzung sorgte für Zweifel.

Das Duell mit Landsfrau Misaki Doi war deshalb ein Belastungstest für den lädierten Muskel, und es wurde eine Probe. Osaka bewegte sich vorsichtig und leistete sich 38 leichte Fehler, zog jedoch in entscheidenden Momenten das Tempo an und gewann 6:2, 5:7, 6:2. "Es hätte besser sein können, aber ich hoffe, dass sich der Oberschenkel nun jeden Tag ein bisschen besser anfühlt", sagte sie: "Es geht also weiter."

Osaka weiß natürlich, dass einer Tennisspielerin nur dann eine Plattform gegeben wird, solange sie Partien gewinnt und im Turnier verbleibt: "Ich weiß, dass Tennis überall auf der Welt geguckt wird, und vielleicht informieren sich ein paar Leute, indem sie bei Google den Namen eingeben, den ich auf meiner Maske trage." Sie hat da noch etwas vor bei den US Open, das ist als Botschaft an Fans, Kritiker und Gegnerinnen gleichermaßen zu verstehen: "Es ist zwar traurig, dass so viele nötig sind, aber: Ich habe sieben Masken mit sieben Namen dabei. Ich hoffe, dass ich ins Finale komme, damit ihr sie alle sehen könnt."

© SZ vom 02.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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