US Open:Pfiffe für Trump, Jubel für Serena

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Erst Gegnerinnen, dann wieder Schwestern: Serena (rechts) und Venus umarmen sich nach der Partie. (Foto: REUTERS)
  • Serena Williams gewinnt eine überraschend spektakuläre Partie gegen ihre Schwester Venus.
  • Sie widerlegt mit ihrem Sieg Verschwörungstheoretiker wie Apokalyptiker.
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Von Jürgen Schmieder, New York

Donald Trump wurde ausgebuht am Dienstagabend auf der Tennisanlage in Flushing Meadows. Der Bewerber um die US-Präsidentschaft registrierte das mit der ihm eigenen Mimik: zusammengekniffene Augen und Lippen. Die zur Schau gestellte Abneigung für den zum Politiker avancierten Milliardär ist ein Ritual, das die Zuschauer in New York seit Jahren pflegen. Trump war in diesem Jahr der Berühmteste der zahlreichen Berühmten bei dem sportlich-gesellschaftlichen Ereignis: Oprah Winfrey wurde gefeiert, Anna Wintour und David Villa wurden respektvoll beklatscht, selbst die fürs Berühmtsein Berühmten Kim Kardashian und Kendall Jenner nur milde belächelt. Den lautesten Jubel, den gab es für die beiden Frauen, die sich da auf dem Platz in den Armen lagen.

Ja, das Publikum war angetan von dieser Partie im Viertelfinale der US Open, bei der Serena Williams ihre ältere Schwester Venus mit 6:2, 1:6, 6:3 besiegte. Es war die 27. Begegnung der beiden, was Roger Federer zu einer witzigen Bemerkung ("Ich habe das Gefühl, dass ich das alles schon mal gesehen habe") verführte, und doch war diesmal alles anders. "Serena versucht, auch das vierte Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr zu gewinnen - und sie muss ihre Schwester auf dem Weg dorthin besiegen", sagte Venus danach: "Ich glaube, dass die Leute interessiert hat, was bei so einem Spiel passiert. Deshalb war es eine einmalige Situation."

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Es war in der Tat eine einmalige Situation, weil es vorab ebenso viele Verschwörungstheoretiker (Venus würde die Partie absichtlich verlieren, um keinesfalls die Spielverderberin zu geben auf Serenas Weg zum historischen Triumph) wie Apokalyptiker (Venus würde gewinnen und die bislang wacklig agierende Serena aus dem Turnier werfen) gab. Beide Seiten lieferten Indizien für ihre Behauptungen, Venus etwa hatte vor der Partie gesagt: "Niemand will die Spielverderberin sein." Die anderen argumentierten, dass Venus in den Matches zuvor herausragend agiert hatte und deshalb eine Überraschung möglich sei.

Die Wahrheit lag freilich in der Mitte: Die beiden Schwestern lieferten sich eine spannende, aber nicht unbedingt hochklassige Partie. Venus gewann einige spektakuläre Ballwechsel und auch den zweiten Satz - doch wirklich gefährden konnte sie ihre Schwester dann doch nicht. Zum einen deshalb, weil sich Serena aus kniffligen Situationen befreien kann wie eine Superheldin aus der Todesfalle des Schurken. Zum anderen ist sie derzeit einfach die bessere Tennisspielerin.

Wenn man so will, dann stellt dieses Ergebnis alle zufrieden: die Zuschauer, die eine interessante Partie gesehen haben. Venus Williams, die eine ordentliche Vorstellung bot und danach dennoch sagen durfte, wie großartig es wäre, wenn Serena nun den Grand Slam gewinnen würde: "Es wäre ein Moment für die ganze Familie. Es würde noch einmal zeigen, wo wir hergekommen sind und wie hart wir gearbeitet haben, um so etwas erreichen zu können. Serena muss nichts mehr beweisen, sie ist die Beste in der Geschichte - dennoch wäre es ein riesiger Moment für uns alle."

Aber auch Serena darf zufrieden sein, schließlich muss sich nur noch zwei Partien gewinnen, um den Rekord von Steffi Graf (22 Titel seit der Zulassung von Profis) einzustellen. "Die Umarmung am Ende hat mir viel bedeutet", sagte sie danach: "Wir sind auf dem Platz Gegnerinnen, doch wenn eine Partie vorbei ist, dann sind wir Zimmergenossinnen, Schwestern, beste Freundinnen." Dann hakte sie diese einmalige Begegnung ab und sagte: "Ich will jetzt ins Bett, ich muss morgen früh aufstehen und trainieren."

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Es war also alles wie immer an diesem Dienstagabend in Flushing Meadows: Die Zuschauer essen Hot Dogs und trinken teures Bier. Serena Williams gewinnt. Und Donald Trump wird ausgebuht.

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