Jule Niemeier hatte sich Hoffnungen gemacht, natürlich, nach zwei ansprechenden Auftritten bei den US Open hatte sie ja neue Zuversicht gewonnen. „Dass sie eine gefährliche Spielerin ist, ist allen bewusst, sonst würde sie nicht auf Platz sieben in der Welt stehen“, hatte die 25 Jahre alte Dortmunderin vor ihrem Drittrundenmatch beim letzten Grand-Slam-Turnier der Saison in New York gesagt. „Aber dass sie Olympia gewonnen hat, ist mir ehrlich gesagt völlig egal.“
Selbstbewusstsein ist zweifellos gut, und auch kann es nie schaden, an sich zu glauben. Doch als die Partie am Freitagmittag beendet war, las sich die Geschichte wieder ganz anders. Die Chinesin, die in Paris Anfang August die Goldmedaille errungen hatte, hatte sich in nur 81 Minuten mit 6:2, 6:1 durchgesetzt. Mit Niemeiers Ausscheiden ist auch klar: Im Frauen-Einzel ist keine deutsche Spielerin mehr vertreten. Bei den Männern ist aus deutscher Sicht nur noch Alexander Zverev im laufenden Wettbewerb dabei, er musste am Freitagabend (Ortszeit) noch gegen den Argentinier Tomás Martín Etcheverry antreten.

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Die 101. der Weltrangliste konnte zunächst das Match offenhalten, doch ab dem 2:2 setzte sich Qinwen Zheng ab, auch dank ihres starken Aufschlages und ihrer dominanten Vorhand. Letztere hat Niemeier zwar auch, allerdings streute sie zu oft die Bälle ins Aus oder drosch sie ins Netz.
Dennoch zog Niemeier ein positives Fazit, schon vor dem Match gegen Qinwen Zheng hatte sie in Bezug auf ihre Tiefs im vergangenen Jahr resümiert: „Wir haben viel gearbeitet, es ist schön, dass man das jetzt auch auf dem Platz sieht. Mein Spiel wird immer klarer, ich bin mir bewusst, was ich auf dem Platz machen möchte, dass der Kopf mitwächst. Das Gesamtpaket kommt langsam zusammen.“ Nach der Niederlage gab sie zu: „Insgesamt war es nicht konstant genug.“ Sie befand aber: „Es war eine sehr positive Woche, auf die ich sehr stolz sein kann.“ 215 000 Dollar Preisgeld sind sicher auch nicht zu verachten.
Niemeier wird von Michael Geserer trainiert, der früher mit Julia Görges sehr erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Vor zwei Jahren hatte Niemeier in Wimbledon das Viertelfinale und in New York das Achtelfinale erreicht, konnte 2023 aber nicht an ihre Leistungen anknüpfen. Niemeier könnte nun Laura Siegemund als bestplatzierte deutsche Spielerin in der Weltrangliste überholen. „Das ist natürlich etwas Schönes, Nummer eins in Deutschland zu sein“, sagte sie. „Aber mein Anspruch ist es nicht, mit einem Ranking 80, 90 Nummer eins in Deutschland zu sein, sondern mit einem sehr guten Ranking.“