Süddeutsche Zeitung

Erster Tag der US Open:Melonen, Superhelden und Gottes Hilfe

An Spieltag eins gibt es das Outfit-Duell zwischen Williams und Scharapowa, einen Schock am Getränkestand und Fans, die einen Chor bilden. Das US-Open-Telegramm.

Von Jürgen Schmieder, New York

Es gibt Momente bei den US Open, da flaniert man ohne Ziel über die Anlage in Flushing Meadows, und dann wird man von einer unsichtbaren Hand (und nicht zu überhörenden Rufen) zu einem Platz geführt, der einem sonst verwehrt bliebe. Court 7 zum Beispiel, zwischen den beiden Arenen Arthur Ashe Stadium und Grandstand. Dort gab es, als erste Partie dieses Turniers, diese wahnwitzige Atmosphäre zu bestaunen, die es nur hier gibt, in New York City, und das führt zum ...

... Match des Tages:

Es gibt Fans, die brüllen gegeneinander an und erzeugen genau deshalb einen Klang, der nur von einem russischen Männerchor übertroffen wird. Da bejubeln chilenische Zuschauer ihren Helden Cristian Garin mit Gesängen, die in ihrer sentimentalen Dramatik nur aus den Lungen von Südamerikanern nicht kitschig klingen, und die New Yorker halten mit rhythmischen Klatschen und "USA! USA!"-Skandieren für den amerikanischen Wild-Card-Besitzer Christopher Eubanks dagegen. Dreieinhalb Stunden dauert das Spiel und damit auch die Gesänge, dann gewinnt Garin 3:6,7:6(5), 6:4, 6:7(4), 6:3.

Mitarbeiter des Tages:

Es wäre falsch, einen Mitarbeiter persönlich zu nennen, deshalb: jeder einzelne, der beim so genannten "Medical Team" arbeitet. Marco Trungelitti (Argentinien), Daniil Medwedew (Russland) und Kristina Mladenovic (Frankreich) müssen behandelt werden - und es ist noch nicht einmal 14 Uhr.

Die Spieler können eine medizinische Auszeit nehmen, die Gründe dafür werden nur selten hinterfragt. Bianca Andreescu (Kanada) ist in diesem Jahr während ungefähr 100 Prozent ihrer Partien irgendwann mal verletzt gewesen, die "Medical Timeout" dürfte deshalb bald in "Andreescu-Timeout" umbenannt werden - vielleicht schon am Dienstag, wenn sie ihre erste Partie absolviert.

Die Ernsthaftigkeit der Verletzungen lässt sich übrigens an den Gesichtsausdrücken des medizinischen Teams ablesen, wenn sie den Platz verlassen. Der von Medwedew grinst jedenfalls wie ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Die Deutschen:

Angelique Kerber kommt mit der variablen Spielweise von Kristina Mladenovic überhaupt nicht zurecht und verliert 5:7, 6:0, 4:6. Bei der Suche nach einem neuen Trainer wolle sie sich dennoch nicht unter Druck setzen lassen: "Ich habe mich bewusst entschieden, diese Reise nun alleine zu machen. Ich werde mir Zeit lassen und keine emotionale Entscheidung treffen." Zum Spielbericht geht es hier.

Die weiteren Ergebnisse: Philipp Kohlschreiber unterliegt Lucas Pouille (Frankreich) 3:6, 6:4, 4:6, 4:6. Laura Siegemund gewinnt 5:7, 6:3, 6:4 gegen Magdalena Frech (Polen). Qualifikant Dominik Koepfer siegt 6:4, 7:6(2), 5:7, 7:5 gegen Jaume Munar (Spanien) und sagt danach: "Erst haben die Nerven gewackelt, dann der Körper. Ich weiß nicht, ob ich einen fünften Satz durchgehalten hätte."

Ballwechsel für die Ewigkeit:

Keiner auf dem Platz heute, sondern der Beweis, dass der übermenschliche Roger Federer doch ein Mensch ist - beim Versuch während des Seitenwechsels, die Wasserflaschen einzufangen:

Hingucker:

Die Partie zwischen Serena Williams (USA) und Maria Scharapowa (Russland) - nicht wegen Tennis: Williams dominiert diese Partie wie schon häufig davor (die Bilanz lautet nun 20:2) und gewinnt 6:1, 6:1. Es geht um die Kleidung der beiden, die ja tennisspielende Werbefiguren sind. Scharapowa erscheint wie schon häufig davor im kleinen Schwarzen, keine Überraschung also und keine Aufregung. Williams präsentiert einen hautengen schwarzen Bodysuit, der in Kombination mit der schwarzen Jacke beim Einmarsch ein bisschen an den Superhelden Batman erinnert. Die qualitative Beurteilung beider Outfits sei hiermit Mode-Experten oder dem Volk bei Twitter überlassen.

Überraschung:

Reilly Opelka (USA) besiegt den an Rang elf gesetzten Fabio Fognini (Italien) in vier Sätzen und trifft nun auf Dominik Koepfer. "Alles ist möglich", sagt Koepfer, der im Frühling im Tie Break des dritten Satzes gegen Opelka verloren hat: "Da habe ich noch was gutzumachen."

Abseits des Platzes:

Es gibt mal wieder einen so genannten "Signature Cocktail", er heißt Honey Deuce, besteht aus Wodka, Himbeer-Likör, Limonade und einem Melonenbällchen und kostet 18,50 Dollar. Ein Glas Champagner ist für 25 Dollar zu haben. Betrinken können sich bei den US Open also ausschließlich Besserverdienende.

Das bringt der Dienstag

Die Herausforderer der großen Drei (Federer, Nadal, Djokovic) starten ins Turnier: Dominic Thiem spielt gegen Thomas Fabbiano, Stefanos Tsitsipas gegen Andrej Rublew und Alexander Zverev gegen Radu Albot.

Bei den Frauen beginnt Naomi Osaka ihre Titelverteidigung gegen Anna Blinkova, zum Interview mit ihrem damaligen Trainer geht es hier.

Emotionaler Moment:

Zurück zum Match des Tages. Nach dem Spiel sagt eine junge Frau zu ihrem Begleiter, und sie meint das völlig ernst: "Gott hat Cristian zum Sieg geführt."

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