US-Basketballer Kobe Bryant:Alleinunterhalter in der Laien-Kapelle

Kobe Bryant

Sorgt mit seinem egoistischen Spiel und hohen Gehaltsforderungen für Misserfolg bei den Los Angeles Lakers: Kobe Bryant.

(Foto: AP)

Das gab es zuletzt vor 57 Jahren: Die Los Angeles Lakers verlieren in der NBA die ersten fünf Saisonpartien - Schuld daran ist auch Kobe Bryant. Der spielt zwar überragend, doch mit seinem Ego sorgt er für den Niedergang des Klubs.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich wird Kobe Bryant irgendwann einmal eine Statue bekommen, draußen, vor dem Eingang des Staples Centers in Los Angeles. Auf dem Star Plaza sind derzeit bronzene Abbilder des Boxers Oscar de la Hoya, des Eishockeyspielers Wayne Gretzky, des Kommentators Chick Hearn sowie der Basketballer Magic Johnson, Kareem-Abdul Jabbar und Jerry West zu bestaunen. Es wäre indes nicht verwunderlich, wenn Bryants Statue einmal nicht dort stünde - sondern ganz alleine im Süden der Arena. Schließlich ist neben Bryant kein Platz für andere Helden.

Was das derzeit für den Basketballklub Los Angeles Lakers bedeutet, war in den ersten fünf Saisonspielen in der amerikanischen Profiliga NBA zu sehen. Beim ersten Spiel gegen die Houston Rockets bekam Bryant den Ball und versuchte sich alleine gegen vier Kontrahenten. Erfolglos. Seine Kollegen beschwerten sich mitnichten über Bryants Egoismus, sie kamen herangeeilt zum Abklatschen; es sah so aus, als würden vier Hundewelpen ihrem Herrchen die Pfote reichen. Bryant nickte zufrieden. Ein paar Tage später bei den Golden State Warriors gelang Bryant - wieder nach einem Alleingang - ein verzweifelter Kunstschuss. Diesmal kamen selbst die Ersatzspieler von der Bank gelaufen, es gab Klapse auf Schultern, Rücken und Hintern. Wieder nickte Bryant zufrieden.

Er ist in seiner 19. Profi-Spielzeit noch immer die Attraktion bei den Lakers, einem Team, das sich seit Jahrzehnten über erfolgreiches Spektakel definiert. Doch das bieten in Los Angeles mittlerweile nicht mehr die Lakers, sondern die Clippers. Bryant gibt den Alleinunterhalter in einer ansonsten recht unstimmigen und eher untalentierten Kapelle. 27,6 Punkte hat er bislang pro Partie erzielt, aktuell ist er damit die Nummer zwei der NBA.

Lakers-Kader verheißt eine schlechtere Bilanz als im Vorjahr

Die Lakers jedoch haben zum ersten Mal seit 57 Jahren die ersten fünf Partien verloren, meistens ziemlich deutlich: 90:108 gegen die Rockets, 99:119 gegen die Phoenix Suns, 111:118 gegen die Clippers, 104:127 gegen die Warriors, am Dienstag 106:112, erneut gegen Phoenix.

"Kobe tut mir einfach nur leid", sagt der frühere NBA-Profi Charles Barkley, der mittlerweile als TV-Experte arbeitet: "Es ist, als müsste Michael Jackson mit seinen Geschwistern auftreten - aber nicht mit Janet oder Jermaine, sondern mit Tito und Randy." Tatsächlich haben die Lakers in dieser Spielzeit einen Kader, der eine noch schlechtere Bilanz als in der vergangenen Saison (27:55) verheißt - da stellt sich die Frage, welchen Anteil Bryant an diesem Niedergang hat.

Bryants Ego steht Transfers im Weg

Bei den Verhandlungen um einen neuen Vertrag vor knapp einem Jahr hatte er darauf bestanden, den Maximalbetrag von 24 Millionen Dollar pro Spielzeit zu erhalten. Er bleibt damit der bestbezahlte Akteur der NBA - was wunderbar für Bryant ist, jedoch nicht für seinen Klub, der im Sommer trotz intensiver Bemühungen nicht in der Lage war, weitere prägende Akteure zu verpflichten: LeBron James wechselte nach Cleveland, Carmelo Anthony blieb in New York, Chris Bosh in Miami.

Schlimmer noch: Mehrere Agenten und Klubmitarbeiter gaben kürzlich in einem Artikel auf ESPN.com zu Protokoll, dass Akteure nicht etwa wegen schlecht dotierter Verträge auf einen Wechsel zu den Lakers verzichtet hätten - sie sollen ganz einfach keine Lust gehabt haben, mit Bryant zu spielen. Der behauptet zwar stets: "Mir geht es einzig und allein ums Gewinnen."

Für diese Siege soll aber auch einzig und allein er gefeiert werden. So hat er im Juli 2013 den Center Dwight Howard vergrault, indem er ihn bei Vertragsgesprächen nicht bezirzte, sondern ihm einen strengen Vortrag übers Gewinnen gehalten habe. In diesem Sommer verpasste er ein Treffen mit Anthony. "Er verscheucht die Spieler, die wir holen wollen", wird ein Insider zitiert. Sein Ego stehe im Weg.

Nach schweren Verletzungen nicht mehr so geschmeidig

Bryant hat in den vergangenen 18 Spielzeiten nicht nur die Lakers, sondern die ganze NBA geprägt. Er hat fünf Meisterschaften gewonnen, liegt in der Liste der erfolgreichsten Punktesammler auf Rang vier und dürfte in dieser Saison Michael Jordan passieren.

Er muss jedoch auch nur noch 19-mal den Korb verfehlen, um den Rekord für die meisten Fehlwürfe in der NBA-Historie zu egalisieren (John Havlicek, 13 417). Bryant ist 36, nach zwei schweren Verletzungen bewegt er sich nicht mehr so geschmeidig und explosiv wie einst. Er kann noch immer Spiele bestimmen, aber nicht mehr eine ganze Saison.

In der NBA wird mit der Summe auf dem Gehaltsscheck auch der Stellenwert eines Profis ausgedrückt - und doch haben in jüngster Zeit einige Akteure gezeigt, dass ein Gehaltsverzicht nicht als mangelnder Respekt des Klubs interpretiert wird, sondern vielmehr als Bereitschaft des Spielers, für die Chancen auf den Titel das eigene Ego zurückzustellen. Tim Duncan hat das beim Meister San Antonio Spurs vorgemacht, in diesem Sommer hat es Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks nachgemacht. Kobe Bryant tut so was nicht.

Unter dem Dach des Staples Centers hängen bei Spielen der Lakers 16 riesige Flaggen, eine für jede Meisterschaft. Es sieht nicht so aus, als würde bis zum Karriereende von Bryant noch eine dazukommen. Der scheint statt für ein weiteres Banner lieber dafür sorgen zu wollen, dass seine Bronzefigur vor der Arena einmal möglichst groß wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: