Uruguays Luis Suárez:"Einer, der Hunger hat"

File photo of Uruguay's Luis Suarez reacting after clashing with Italy's Giorgio Chiellini during their 2014 World Cup Group D soccer match at the Dunas arena in Natal

Kann in den nächsten neun WM-Spielen niemanden beißen: Uruguays Luis Suárez.

(Foto: REUTERS)

Die Fifa entfernt Uruguays Luis Suárez nach seiner Beiß-Attacke in der Partie gegen Italien aus dem WM-Betrieb und verhängt eine hohe Geldstrafe. Weil der Angreifer außerdem vier Monate keinen Klub-Fußball spielen darf, steht plötzlich seine berufliche Zukunft in Frage.

Von Boris Herrmann, Recife

Am Ende hat sich Luis Suárez wieder zahm wie ein Lämmchen gegeben. Er soll sogar einen persönlichen Brief an die Chefetage des Fußball-Weltverbandes Fifa geschrieben haben. Seine Verteidigungsstrategie hatte er zuvor schon öffentlich gemacht. Alles halb so wild, ein Kopfstoß wie er eben vorkomme, keinesfalls habe er den Italiener Giogio Chiellini in die Schulter gebissen.

Es half alles nichts. Am Donnerstag gab die Fifa-Disziplinarkommission bekannt, dass Uruguays Topstürmer wegen übertriebener Bissigkeit für neun Spiele und vier Monate gesperrt wird. "Ein solches Verhalten kann auf dem Fußballplatz nicht toleriert werden, und besonders nicht bei einer Weltmeisterschaft, wo Millionen Menschen auf die Stars auf dem Feld blicken", sagte Claudio Sulser, der Chef des Fifa-Disziplinar-Komitees.

Das Urteil habe alle Faktoren des Falles berücksichtigt - Suárez ist Wiederholungstäter. Die WM ist für ihn damit beendet. Seine Kollegen treffen am Samstag im Achtelfinale auf Kolumbien.

Auch die Stellungnahme des uruguayischen Verbandes konnte die Fifa in der Causa Suárez nicht mehr gnädig stimmen. Uruguays Funktionäre haben angeblich einen 17-seitigen Bericht sowie mehrere Videos vorgelegt, die belegen sollen, dass sich auch andere WM-Spieler unsportlich verhalten. Damit sollte die gut dokumentierte Beißattacke von Suárez offenbar relativiert werden.

"Wir glauben, dass die Beweise nicht ausreichend sind. Die Sachlage muss eindeutig sein, und auf dem Video, das uns die Fifa gegeben hat, ist die Sache unserer Meinung nach nicht klar", hatte Uruguays Verbandspräsident Wilmar Valdez argumentiert. Diese Meinung hatte er weitgehend exklusiv. Aber nur weitgehend. Uruguays Staatspräsident José Mujica sagte: "Ich habe nicht gesehen, dass er jemanden gebissen hat."

Weil der mexikanische Schiedsrichter Marco Rodriguez und seine Assistenten die Szene nicht gesehen haben, konnte die Fifa aufgrund der TV-Bilder tätig werden. Es ist trotzdem anzunehmen, dass Uruguays Verband gegen die Entscheidung umgehend Einspruch einlegt. Dass Suárez gegen Kolumbien auflaufen könnte, ist aber unwahrscheinlich. Er wird wohl nicht nur die restlichen WM-Spiele verpassen und zudem eine Strafe von 100 000 Schweizer Franken (82 000 Euro) bezahlen müssen.

Real Madrid steht vor einem Dilemma

Auch einige Sponsoren wie ein Online-Glücksspiel-Unternehmen hatten bereits vor der Verkündung der Sanktion die Geschäftsbeziehung auf den Prüfstand gestellt; danach kündigte der Sportartikelhersteller Adidas an, die Werbeaktivitäten mit Suárez während der WM einzustellen. Dessen berufliche Zukunft steht nun in Frage. Die Fifa teilte ausdrücklich mit, dass sich seine Sperre auf "jede Aktivität im Fußball" beziehe: Er darf nicht einmal ins Stadion, wenn Uruguay spielt, auch nicht bei Partien seines Klubs FC Liverpool.

Der Verein behielt sich Sanktionen vor. Sowohl Real Madrid als auch der FC Barcelona hatten zuletzt starkes Interesse an einer Verpflichtung des Torschützenkönigs der englischen Premier League signalisiert. Liverpool hatte einen Preis von 180 Millionen Euro aufgerufen, der aber nach den jüngsten Vorkommnissen nicht mehr marktkonform sein dürfte.

Real Madrids Präsident Florentino Perez steht vor einem Dilemma: Er gilt als ein Suárez-Narr, sorgt sich aber gleichzeitig um die Marke Real Madrid. Perez soll unter anderem wegen der Prostituierten-Affäre Abstand von einer Verpflichtung von Franck Ribéry genommen haben.

Unklar ist, wie die Lage beim FC Barcelona ist, der angeblich seine Spieler Pedro und Alexis Sanchéz angeboten haben soll, um den Preis für Luis Suárez zu drücken. In jedem Fall kommt er bei der lokalen Presse in Katalonien gut an. Die Zeitung Sport titelte nach dem Vorfall von Natal: "Einer, der Hunger hat."

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