Bielsa wird Nationaltrainer in Uruguay:"El Loco" ist zurück

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In Leeds wurde Marcelo Bielsa von den Fans sehr geschätzt - nun übernimmt er den zweimaligen Weltmeister Uruguay. (Foto: Rui Vieira/dpa)

Der nicht nur in Leeds glorifizierte Marcelo Bielsa beendet sein Sabbatical - und wird neuer Nationaltrainer des zweimaligen Weltmeisters Uruguay. Er verzichtet dafür auf sehr viel Geld.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der argentinische Fußballtrainer Marcelo "el Loco" Bielsa ist ein diskreter Mensch, sein Privatleben ein Mysterium. Weitgehend jedenfalls. Zu den wenigen Dingen, die man weiß, zählt, dass er seinen Urlaub gern in Uruguay verbringt. Nun wird er dort auch arbeiten. Uruguays Verband lud für Mittwoch zu einer Pressekonferenz ein, Bielsa soll im legendären Estadio Centenario - der Spielstätte des ersten WM-Endspiels überhaupt - als neuer Nationalcoach vorgestellt werden. Seine Mission: den zweimaligen Weltmeister zur WM 2026 und zur Copa América 2024 zu führen.

Bielsa, 67, löst Interimstrainer Marcelo Broli ab; in Wahrheit aber tritt er das Erbe von Diego Alonso an, der seinerseits den ewigen Óscar Washington Tabárez (alias el Maestro) abgelöst hatte, als Uruguay Gefahr lief, die Qualifikation für die WM 2022 in Katar zu verpassen. Das Turnier wurde Alonso zum Verhängnis: Uruguay schied nach der Vorrunde aus. Das war zu wenig für ein Land, das zwar einerseits weniger Einwohner hat als Berlin (rund drei Millionen), andererseits aber zusammen mit Argentinien Rekordkontinentalmeister ist (je 15 Titel) - und neben den WM-Trophäen von 1930 und 1950 auch zwei Mal olympisches Gold gewann. Die olympischen Fußballturniere galten damals - 1924 und 1928 - als die offiziellen Fußball-Weltmeisterschaften.

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Bielsa war zuletzt bis Februar 2022 als Trainer des Traditionsklubs Leeds United tätig, von dessen Fans wird er bis heute glorifiziert. Und das nicht nur, weil er Leeds im Sommer 2020 nach 16 Jahren in der Hölle der Zweitklassigkeit wieder zurück in die erste Liga führte, sondern wegen seiner Fußballphilosophie. In uruguayischen Medien wird sie seit Wochen seziert, voller Vorfreude auf das nahende Ende seines Sabbaticals. "Ich will, dass meine Mannschaft Protagonist ist, die Initiative übernimmt, das Spiel in der gegnerischen Hälfte stattfinden lässt, Ballbesitz hat und den Ball bei Verlust schnell zurückerobert", skizzierte er einst die Grundaxiome seiner Ideen, denen er seit Beginn seiner Trainerkarriere (1990 bei Newell's Old Boys im argentinischen Rosario) treu geblieben ist.

In Südamerika hat Bielsa bisher zwei Nationalteams betreut: Argentinien (1998 bis 2004) und Chile (2007 bis 2011). Mit den Argentiniern scheiterte er bei der WM 2002 kolossal in der Vorrunde (holte dann aber Olympia-Gold in Athen 2004). In Chile legte er den Grundstein für die Copa-América-Siege von 2015 und 2016, die ersten und einzigen Titel des langen Landes. "Wir holen jemanden, von dem wir wissen, dass er uns ein Vermächtnis hinterlassen wird, das über die 90 Minuten eines Spiels hinausgehen wird", sagte Jorge Casales, Vorstandsmitglied des uruguayischen Verbandes.

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Er lässt sich die Verpflichtung Bielsas etwas kosten. Die Verhandlungen mit Bielsa sollen sich vor allem deshalb hingezogen haben, weil er ursprünglich das Honorar aufgerufen haben soll, das er aus England (und von den Vorgängerstationen Athletic Bilbao, Olympique Marseille, Lazio Rom und OSC Lille) gewöhnt war. Zu viel für südamerikanische Verhältnisse. Bielsa soll am Ende eingewilligt haben, sich auf ein Jahressalär von vier Millionen US-Dollar zu beschränken - für sich und sein Trainerteam. In Leeds soll Bielsa angeblich das Doppelte verdient haben.

Bielsas Einstieg in Uruguay markiert überdies in Südamerika eine nahezu beispiellose argentinische Hegemonie: Sieben von zehn Verbänden haben ihre Nationalmannschaften Argentiniern anvertraut. Neben Weltmeistertrainer Lionel Scaloni (Argentinien) sind auch Chile (Eduardo Berizzo), Venezuela (Fernando Batista), Paraguay (Guillermo Barros Schelotto), Bolivien (Gustavo Costas) und Kolumbien (Néstor Lorenzo) fest in argentinischer Hand. Und die Hälfte von ihnen hat mit Bielsa zusammengearbeitet - oder unter ihm gespielt.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise geschrieben, dass Bielsa zusammen mit Messi bei den Olympischen Spielen 2004 in Peking die Goldmedaille gewann. Korrekt ist, dass die Argentinier 2004 in Athen mit Trainer Bielsa die Goldmedaille gewannen, aber ohne Messi. Dieser holte sich beim Turnier 2008 in Peking Gold - aber nicht unter Trainer Bielsa.

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