Urteil im Schumacher-Prozess:Fingerzeig für den Anti-Doping-Kampf

Urteil im Prozess gegen Radprofi Schumacher

Radprofi Stefan Schumacher (re.): Vom Gericht freigsprochen

(Foto: dpa)

Ein Freispruch als Zeichen: Mit der Entscheidung, Stefan Schumacher nicht wegen Betruges zu verurteilen, nimmt das Gericht Mitwisser im Dopinggeschäft in die Pflicht. Ein Anti-Doping-Gesetz muss vor allem ihre Haftbarkeit streng definieren.

Ein Kommentar von Johannes Aumüller

So paradox kann es manchmal sein, wenn die Welten von Sportmanipulation und Justiz zusammentreffen: Das Landgericht Stuttgart spricht den des Dopings überführten und des Dopings geständigen Ex-Radprofi Stefan Schumacher von einem Betrugsvorwurf frei - und trotzdem liefern dieser Prozess und dieses Urteil gute Fingerzeige für den Anti-Doping-Kampf.

Das betrifft zum einen den konkreten Fall. Der frühere Gerolsteiner-Fahrer Schumacher hatte behauptet, Ärzte des Rennstalls hätten den Radlern Dopingmittel verabreicht und Teamchef Hans-Michael Holczer habe von Dopingpraktiken gewusst - und nun sagt das Gericht, es könne nicht ausschließen, "dass die Situation sich so zugetragen hat, wie vom Angeklagten Schumacher geschildert". Das Doping-Klima im Team sei insgesamt "doch eher freundlich" gewesen.

Was das im Umkehrschluss bedeutet, kann sich jeder selbst zusammenreimen. Doping ist nicht nur das Vergehen eines einzelnen Athleten, sondern es gibt um sie herum Mitwisser und Mittäter, diese Botschaft geht von dem Urteil aus. Das wird dem organisierten Sport, der im Zweifel immer auf den einzelnen bösen Athleten zeigt und die Strukturen dahinter verneint, nicht passen.

Die zweite Erkenntnis: Die gesetzliche Grundlage in Deutschland für den Anti-Doping-Kampf ist untauglich. Das dokumentiert sich vor allem in der Frage, warum denn jetzt, wo das Gericht die Verantwortung des Umfelds schon thematisiert hat, Schluss ist - und warum nicht diejenigen in den Fokus von Ermittlungen rücken, die Schumacher beim Dopen offenkundig unterstützt haben und teils noch heute im Sport tätig sind.

Vieles ginge leichter mit einem klaren Anti-Doping-Gesetz, das der deutsche Sport und der Großteil der deutschen Politik jahrelang ablehnten. Doch weil diese Haltung zunehmend entlarvend und angesichts zahlreicher derartiger Gesetze in anderen europäischen Länder auch zunehmend peinlich wurde, hat ein Umdenken eingesetzt. Eine Expertenkommission tagt, Innenminister Friedrich kündigte an, sich nach dem Schumacher-Prozess Gedanken zu machen, ob härtere Gesetze notwendig sind.

Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass es in Deutschland demnächst etwas gibt, das den Namen "Anti-Doping-Gesetz" trägt. Doch dabei gilt es aufzupassen, dass dies nicht nur ein nettes Schildchen für eine marginal veränderte Gesetzeslage wird, sondern auch die wirklich entscheidenden Fragen anpackt. Wie zum Beispiel die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln. Die signifikant bessere Ausstattung für die Strafverfolger. Und vor allem auch die Drohung, dass es den Mitwissern und Mittätern im Milieu, den Ärzten, Betreuern und Teamchefs, juristisch auch wirklich an den Kragen gehen kann.

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