Urteil:Claudia Pechstein scheitert am Bundesgerichtshof

  • Der Bundesgerichtshof weist die Schadenersatzklage von Claudia Pechstein zurück.
  • Das Urteil zeige, dass Sportler "Bürger zweiter Klasse" seien, meint die Eisschnellläuferin.
  • Ein positives Urteil für Pechstein hätte ein Beben in der Sportschiedsgerichtbarkeit nach sich ziehen können.

Von Johannes Aumüller, Karlsruhe

Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hat in ihrem jahrelangen Prozess-Marathon eine herbe Niederlage erlitten. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe erklärte die Schadenersatzklage der fünfmaligen Olympiasiegerin gegen die Internationale Eislauf-Union ISU am Dienstag für unzulässig und widersprach in seinem Urteil der Einschätzung des Oberlandesgerichts München. Das Urteil des OLG wird aufgehoben, der Fall wird nicht neu aufgerollt.

Am Ende der Erklärung der Vorsitzenden Richterin wirkte Claudia Pechstein benommen, sie konnte ihre Tränen nur mühsam unterdrücken. Mit ihrem Lebensgefährten verließ sie das Gebäude, zunächst ohne eine Stellungnahme abzugeben. Später sagte sie, das Urteil habe gezeigt, dass sich Sportler als "Bürger zweiter Klasse" fühlen müsste. Ihr Anwalt Thomas Summerer kündigte den Gang vors Bundesverfassungsgericht an. "Das war noch nicht das letzte Wort", sagte er.

Zu hohe Blutwerte

Pechstein verklagt die ISU auf rund fünf Millionen Euro Schadenersatz. Auslöser des juristischen Verfahrens war eine zweijährige Sperre, welche die ISU nach der WM 2009 gegen Pechstein wegen zu hoher Blutwerte verhängt hatte. Die 44-Jährige führt die Blutwerte inzwischen auf eine von ihrem Vater vererbte Anomalie zurück und bestritt Doping stets. Die Sperre des Weltverbandes wurde allerdings durch den Internationalen Sportgerichtshof (Cas) bestätigt.

Gegen dessen Struktur und dessen Wirken richtete sich Pechsteins Klage in erster Linie. Der Cas sei nicht neutral, sondern verbandsnah. Zudem habe sie sich gezwungenermaßen diesem Sportgericht mit einer Schiedsvereinbarung unterwerfen müssen - weil sie ansonsten bei großen Wettkämpfen nicht starten könnte. Diese Schiedsvereinbarung sieht vor, dass für Dopingverfahren allein das Sportgericht zuständig ist, keine Zivilgerichte.

Positives Urteil hätte Beben ausgelöst

Für Pechstein verstößt dieser Passus gegen die Grundrechte, deshalb zog sie vor die zivilen deutschen Gerichte. Das Landgericht München I hatte sich für den Fall zunächst nicht zuständig erklärt, daraufhin war die fünfmalige Olympiasiegerin erfolgreich vor das OLG gezogen. Die ISU war als unterlegene Partei anschließend beim BGH in Revision gegangen.

Der BGH folgte Pechsteins nicht. Der Cas sei ein echtes Schiedsgericht, die Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung zudem freiwillig erfolgt.

Ein positives Urteil für Pechstein hätte ein Beben in der Sportschiedsgerichtbarkeit nach sich ziehen können. Dann wäre jedem Athleten die Wahlmöglichkeit zwischen Sport- oder Zivilgerichten offengestanden.

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