Max Kruse bei Union Berlin:"Er tut uns einfach gut"

Max Kruse bei Union Berlin: Einmal auch selbst Torschütze: Max Kruse (re.) nach seinem Elfmeter zum 4:0

Einmal auch selbst Torschütze: Max Kruse (re.) nach seinem Elfmeter zum 4:0

(Foto: AP)

Bei Unions 5:0 gegen Bielefeld ist Max Kruse an vier Toren beteiligt. So sorgt der Sommerzugang für den höchsten Bundesliga-Sieg seines Klubs - und stellt noch einen Elfmeter-Rekord ein.

Von Jens Schneider, Berlin

Schön klingt es ja nicht, aber das Wort beschreibt die Haltung treffend, mit der Union Berlin vor mehr als einem Jahr überhaupt den Weg in die Bundesliga gefunden hat. Also hatte Trainer Urs Fischer vor dem Spiel gegen Arminia Bielefeld diese Haltung noch mal beschworen. "Ich glaube", sagte er, "auch ganz wichtig für unser Spiel ist, diese Ekligkeit beizubehalten." Den Gegner immer wieder anlaufen, unter Druck setzen, Duelle erzwingen, den Ball erobern. Auch am Samstag, beim 5:0 gegen Bielefeld, zeigte seine Mannschaft diese Haltung von Beginn an. Aber für einen außergewöhnlichen Erfolg brauchte es noch mindestens eine andere Komponente: den Antreiber, Ballverteiler und Tempomacher Max Kruse.

Kruse, 32, aus Istanbul in die Bundesliga zurückgekehrt, hat sich nach wenigen Partien bei Union als Ideengeber hinter den Stürmern etabliert, auch weil er mit seinem Stil ideal ins Team zu passen scheint. Das bekamen die Bielefelder gleich in der dritten Minute zu spüren. Aus der Hälfte der Berliner kam der Ball zu Kruse, mit einem pfiffigen Heber auf die rechte Seite öffnete er den Weg für den Niederländer Sheraldo Becker, der so hinter die Bielefelder Abwehr kam und quer in Mitte passte. Dort schob Keita Endo den Ball zum ersten Berliner Treffer ins Tor. Es war das erste von fünf Toren, die Union zumindest für einen Tag auf den vierten Platz der Bundesligatabelle führten, nach nun sechs Spielen ohne Niederlage. Es waren zudem fünf Tore für den höchsten Sieg der jungen Bundesliga-Geschichte des Vereins.

Wo sich andere Mannschaften oft im zweiten Jahr nach dem Aufstieg schwer tun, wohl weil der Elan des Anfangs fehlt, hat Union sich, Stand November 2020, noch einmal weiter entwickelt. Am Samstag war Bielefeld ein Gegner, den die Präzision, Effizienz und, nun ja, Ekligkeit der Berliner überforderte. Union kann derzeit mit wenigen Chancen ein Spiel klar für sich entscheiden.

Schon zuletzt beim 3:1 bei Hoffenheim war Kruse dafür mit seiner Präsenz und seinen Vorlagen entscheidend. Diesmal war er an vier Treffern beteiligt, die Bielefeld früh im Spiel jeden Mut nahmen. Sein Trainer Fischer bemerkte, dass das auch funktionierte, weil Kruse viele, lange Wege geht, oft unterwegs ist - dabei ist es ja nicht unbedingt solche Akribie, für die der frühere Nationalspieler bekannt ist. Doch tatsächlich erlief er sich in der 13. Minute Raum auf der linken Seite, nahm einen langen Diagonalball von Robert Andrich mit der Brust an und legte ihn sich so direkt vor. Und gerade findet Kruse im Team auch Mitspieler, die auf seine Ideen eingehen. Am Strafraum schlug er den Ball scharf in die Mitte, der mitgelaufene Andrich traf in den Winkel. Andrich sagte später über Kruse: "Er tut uns einfach gut."

Die Fans, die sonst zu den Heimspielen der Berliner dieser Saison dazugehörten, standen diesmal wegen der Corona-Regeln nur in kleiner Zahl außerhalb des Stadions, man hörte drinnen ihre Anfeuerungsrufe: "Niemals vergessen, eisern Union!" Und man hörte auch den verzögerten Jubel, wenn bei ihnen, ob nun über Radio oder Internet, der nächste Treffer ihrer Mannschaft ankam. Es kamen noch ein paar.

Die Berliner spielten geduldig, warteten auf ihre Chance zum Überfall. Zwar hatten die Bielefelder in der Anfangsphase mehr Ballbesitz, aber Union hielt die Gäste weit vor dem eigenen Tor, gewann die meisten Zweikämpfe. Und die Bielefelder ließen Kruse zu viel Raum. Kurz vor der Halbzeit prüfte er mal wieder vor dem Strafraum seine Optionen und spielte diesmal Becker frei, der ins kurze Eck traf. Mit dem 3:0 schien das Spiel schon entschieden zu sein. Spätestens war es das mit dem 4:0 von Kruse per Elfmeter nach der Pause. Es war sein 16. Elfmeter-Treffer im 16. Versuch, damit stellte er einen alten Bundesliga-Rekord des Bochumers Hans-Joachim Abel ein.

Bielefelds Trainer Uwe Neuhaus, einst einige Jahre Trainer von Union, versuchte nach der Halbzeit mit drei Wechseln die Dominanz seines früheren Vereins zu brechen. Aber es ging weiter wie zuvor, zu schnell für Bielefeld. Von einem "fast perfekten Spiel" sprach Unions Kapitän Christopher Trimmel, was an diesem Tag auch deshalb gelingen konnte, weil der Gegner sich zunehmend ratlos mühte und sich in der 89. Minute noch einmal auskontern ließ. Da erreichte der Ball über wenige Stationen nach einem Bielefelder Angriffsversuch Gogia, dessen Pass Cedric Teuchert im Tor unterbrachte. Kruse war diesmal ausnahmsweise nicht beteiligt, er war schon ausgewechselt worden. Aber das Tor sah aus, als wäre er dabei gewesen.

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