Zwei Hände, die ein Herz halten, hatten sie vor dem Anpfiff als Choreo auf der Waldseite der Tribüne nach oben gezogen, die Liebe zum Verein wogte das ganze Spiel über durch das Stadion, welches seinen ganz eigenen Charakter hat. 2008 haben 2000 Freiwillige beim Neubau mitgeholfen, es ist ja auch ein Teil von ihnen. Die Anzeige wird noch per Hand umgeklappt und bei einer Kapazität von 22 012 Zuschauern ist kein Fan den Spielern wirklich fern. "Die ganze Bundesliga kann sich drauf freuen, in ein sehr, sehr schönes Stadion zu kommen mit sehr besonderen Fans", sagt Sebastian Polter, im Aufstiegsshirt und mit Schal um den Kopf gebunden. Und in der Hand die Keule von "Ritter Keule", das Maskottchen mit eisernem Herzen.
"Es ist ein Klub mit einem Geist", sagt Urs Fischer und meinte damit wohl auch Charakter und Herz. Für die Berliner war nach zehn Jahren in der zweiten Liga an diesem Abend nur noch Feiern angesagt, klar. Als Union-Profifußball-Geschäftsführer Oliver Ruhnert gerade über die Planungen für die Bundesliga-Saison spricht ("Wir haben das Ziel, in den nächsten Tagen die ersten Verpflichtungen zu tätigen"), kommen Felix Kroos und Florian Hübner von der Seite an. "Wo ist das Bier", fragt Hübner an Ruhnert gerichtet, "hör auf, so seriös zu sein, wo ist das Bier?"
Völlig fertig ist am Abend Klubpräsident Dirk Zingler, der schon seit 2004 der mächtigste Mann im Verein ist. Völlig fertig von der Freude, die Arme hängen schlaff herab, die Erschöpfung ist ihm schon vor Mitternacht anzusehen. "Union und erste Bundesliga - das hört sich für mich komisch an", sagt er, "obwohl ich 40 Jahre lang auf diesen Tag gewartet habe, aber wenn es dann so weit ist, hört es sich total komisch an." Und dann erzählt er die Anekdote des Abends: Den Abpfiff hat er nicht im Stadion, sondern auf der Toilette erlebt. Geschichte schreiben nach Union-Art.
Die Köpenicker sind nun der fünfte Verein aus der ehemaligen DDR-Oberliga, der es in die Bundesliga geschafft hat, nach Dynamo Dresden, Hansa Rostock, dem VfB Leipzig und Energie Cottbus, die zuletzt 2009 in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten waren. "Die Mauer muss weg", haben sie früher gesungen, als die Gegner bei Freistößen die Gegentore verhindern wollten. Alte Geschichten, jetzt beginnen die neuen. Am Mittwoch will die Mannschaft über die Spree von der East Side Gallery aus bis nach Köpenick schippern, sich dann dort am Rathaus feiern lassen. "Jetzt ist das Vergnügen da, die nächsten 72 Stunden, 500 Stunden", sagte Spieler Polter noch, "ich habe jetzt schon keine Stimme mehr. Ich weiß nicht, wie es werden soll." Heiser Union.