Unfall von Felix Neureuther:Polizei wünscht viel Glück

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Felix Neureuther hätte am Freitag in Sotschi eintreffen sollen, doch auf dem Weg zum Flughafen verliert er bei Blitzeis die Kontrolle über sein Fahrzeug. Diagnostiziert wird unter anderem ein Schleudertrauma. Ob der Slalom-Favorit bei Olympia an den Start gehen kann, ist ungewiss.

Von Michael Neudecker, Krasnaja Poljana

Der Schaden halte sich in Grenzen, sagte ein Sprecher der Polizei, die Leitplanke sei beschädigt, das werde etwa 300 Euro kosten. Felix Neureuther wiederum ließ mitteilen, er werde den Schaden bezahlen, abgesehen davon gehe es ihm "den Umständen entsprechend gut".

Das war eine der Nachrichten, die am Freitagnachmittag nach Sotschi kamen, und es ist natürlich kein gutes Zeichen, wenn Neureuther während der Olympischen Spiele erfährt, was eine kaputte Leitplanke kostet, und sagen muss, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe.

Eigentlich hätte Neureuther am Freitagmorgen nach Sotschi fliegen sollen und von dort hinauf fahren nach Krasnaja Poljana, ins Olympische Dorf in den Bergen, wo das deutsche Alpin-Team wohnt. Aber dann klingelte bei Cheftrainer Karlheinz Waibel das Handy, Albert Doppelhofer war dran, der Techniktrainer der deutschen Männer, der mit Neureuther wie auch Fritz Dopfer und Stefan Luitz auf den Flug gebucht war. Der Felix verspäte sich, er habe auf dem Weg zum Flughafen einen Autounfall gehabt, sagte Doppelhofer, "da hab' ich mir erst mal noch nichts gedacht", sagt Waibel am Freitagabend in Krasnaja Poljana.

Aber es kamen dann ständig neue Nachrichten, neue Telefonate, "das ging häppchenweise", sagt Waibel, und am Schluss war klar, "dass sich das Ganze doch ein bisschen drastischer darstellt". Wie drastisch, kann Waibel nicht sagen, das werde sich erst in den kommenden Tagen herausstellen. Felix Neureuther jedenfalls soll an diesem Samstag alleine nach Sotschi fliegen, das ist die gute Nachricht.

Die schlechte ist, dass er zwar wie geplant am kommenden Mittwoch im Riesenslalom und am Samstag im Slalom starten will, derzeit aber niemand sagen kann, ob das möglich ist. "Aber er ist bei uns in den besten Händen", sagt Waibel, "deshalb glaube ich schon, dass man das in den Griff kriegen kann", er ist optimistisch, etwas anderes bleibt gar nicht übrig.

Wann genau der Unfall passierte, war nur häppchenweise in Erfahrung zu bringen. Nach der jüngsten Mitteilung der Polizei sei Neureuther vor 5.30 Uhr auf der A95 von Garmisch-Partenkirchen nach München zwischen Höhenrain und Schäftlarn bei winterlichen Verhältnissen ins Schleudern geraten und gegen die Mittel-Leitplanke geprallt.

Seine Freundin, die Biathletin Miriam Gössner, saß auf dem Beifahrersitz, sie informierte die Polizei, allerdings erst, nachdem die beiden weitergefahren waren, weshalb die Staatsanwaltschaft München II ein Verfahren einleitete, wegen des Verdachts der Unfallflucht. Allerdings spreche nichts dagegen, dass Neureuther "in den nächstbesten Flieger nach Sotschi steigt", sagte ein Polizeisprecher, und übrigens wünsche er Neureuther viel Glück, "um Medaillen für Deutschland zu gewinnen". Die Vernehmung habe Zeit bis nach Olympia.

Neureuther selbst ließ über die Pressestelle des Deutschen Skiverbandes wissen, es sei Blitzeis aufgetreten, deshalb habe er die Kontrolle über den Wagen verloren. Er ist dann in die Innenstadt gefahren zu Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, dem Arzt des FC Bayern, und ließ sich untersuchen, auch, um herauszufinden, ob es Folgen haben kann, wenn er im Training oder Rennen in Sotschi stürzen sollte.

Nach etwa vier Stunden stand die Diagnose fest: ein Schleudertrauma, Zerrung des Bandapparates an der Halswirbelsäule, zwei geprellte Rippen. Vor der Praxis warteten Reporter, deshalb ist bekannt, dass Neureuther ein Batman-Käppi trug, als er die Praxis verließ. Es sei "sehr, sehr glimpflich" ausgegangen, sagte Neureuther, auch "Frau Gössner geht es gut". Einem Start "sollte nichts im Wege stehen".

Karlheinz Waibel ist da vorsichtiger, bei allem Optimismus. "Schwer zu sagen", sagt Waibel nur, er hat am Freitag zweimal kurz mit Neureuther telefoniert, aber eine seriöse Einschätzung werde sich erst in den kommenden Tage ergeben. Die Folgen eines Schleudertraumas entfalten sich meist erst nach Tagen, mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem Kopf- und Nackenschmerzen, Übelkeit, Schwindel.

Karriere von Neureuther
:Felix, einmal der Glückliche

Felix Neureuther ist der Sohn berühmter Skifahrer. Seine Karriere bietet alles: große Siege, herbe Enttäuschungen, emotionale Momente - nun tritt er vom aktiven Sport zurück. Seine Karriere in Bildern.

"Er muss erst mal hier eine Nacht schlafen, dann wird man sehen, ob ihm alles weh tut oder ob es ihm gut geht", sagt Waibel. Für Sonntag ist das erste Riesenslalomtraining geplant, Dopfer und Luitz werden ohne Neureuther üben, am Sonntag werde er eher nicht trainieren, sagt Waibel.

Bislang galt Neureuther als Medaillenkandidat im Slalom, auch im Riesenslalom rechnet er sich Chancen aus. Und jetzt? "Das Gute ist", sagt Karlheinz Waibel, "dass der Felix in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt hat, dass er Handicaps wegstecken kann, wenn's darauf ankommt."

Er hat in dieser Saison trotz einer Sprunggelenksverletzung in der Vorbereitung, trotz Rückenbeschwerden und eines Kapselrisses im Daumen drei Rennen gewonnen, davon eins im Riesenslalom, weshalb man sagen kann: Mit Schmerzen kennt sich Felix Neureuther aus.

© SZ vom 15.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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