Unfall in der Formel 1:Felipe Massa aus dem Koma erwacht

Schwere Verletzungen beim brasilianischen Formel-1-Fahrer lassen nach dem Unfall in Ungarn kaum Prognosen zu. Kommt doch Michael Schumacher als Ersatz?

Ferrari-Pilot Felipe Massa ist zwei Tage nach seinem schweren Unfall auf dem Hungaroring aus dem künstlichen Koma erwacht, doch mögliche Probleme am linken Auge könnten die Karriere des Formel-1-Fahrers eventuell beeinflussen. Wie weitere Untersuchungen ergaben, zog sich der 28-jährige Südamerikaner eine Schädigung des Sehnervs zu. Um die Schwere der Verletzung genauer beurteilen zu können, müsse Massa aber erst wieder in der Lage sein, das Auge vollständig zu öffnen, wie Professor Robert Veres vom AEK-Krankenhaus am Montag berichtete. Ein Start noch in dieser Saison erscheint aber zunehmend unwahrscheinlicher.

Unfall in der Formel 1: Auf geht's Felipe - Wir sind bei Dir: die Ferrari-Mannschaft nach dem Unfall ihres Fahrers.

Auf geht's Felipe - Wir sind bei Dir: die Ferrari-Mannschaft nach dem Unfall ihres Fahrers.

(Foto: Foto: AP)

Massa wird nach Angaben von Lajos Zsiros, Chefchirurg des Budapester AEK-Krankenhauses, nicht mehr künstlich beatmet. Der 28-Jährige sei zwar schläfrig, aber ansprechbar und gebe spontane Antworten, erklärte der Arzt. Massa habe bereits mit seiner Familie gesprochen. Laut Zsiros könne man von einer weiteren positiven Entwicklung seines Gesundheitszustandes ausgehen.

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo, der am Montag nach Ungarn gereist war, sagte über den Zustand seines Piloten: "Ich bin sehr optimistisch und zuversichtlich, aber wir denken jetzt nur an den Menschen und nicht an den Fahrer."

Zu ihm ins Zimmer durften auch am Montag nur seine Familien-Mitglieder. Seine im fünften Monat schwangere Ehefrau Rafaella war nach dem Unfall von Sao Paulo nach Budapest geflogen. Seine Eltern und sein persönlicher Arzt Dino Altmann waren zusammen mit ihr am Sonntag eingetroffen. Bruder Eduardo hatte sich bereits in der ungarischen Hauptstadt aufgehalten.

"Es gab keine Komplikationen", sagte Ferrari-Sprecher Luca Colajanni der Deutschen Presse-Agentur dpa am Montagvormittag. Wie ihm Familienangehörige weiter mitgeteilt hätten, habe Massa "eine ruhige Nacht" verbracht. Wahrscheinlich habe er keine weiteren Verletzungen, jedoch sei der Genesungsprozess noch nicht in der Phase, in der man dies mit Bestimmtheit sagen könne, erklärte Bocskai. Massa sei auch per Ultraschall untersucht worden, dabei sei es darum gegangen, ob es Wasseransammlungen gebe. Das Ergebnis sei "beruhigend" gewesen.

"Klar: Das Wichtigste für Felipe Massa ist die Genesung von einem Unfall, bei dem er hätte ums Leben kommen können. Aber die Anzeichen für eine Rekonvaleszenz stehen gut", schrieb die Zeitung Estado de São Paulo aus Massas Heimatstadt. Vor allem italienische Zeitungen forderten angesichts des Ausfalls des 28-jährigen Südamerikaners aber bereits die Rückkehr von Rekordweltmeister Michael Schumacher für die kommenden Rennen. Der 40-Jährige wolle in den nächsten Tagen dazu kein Statement abgegeben, erklärte Schumachers Sprecherin Sabine Kehm der Deutschen Presse-Agentur dpa am Montag.

"Faszinierende Idee"

Für La Gazzetta dello Sport steht aber bereits fest: "Jetzt brauchen wir Schumi auf Felipes Platz. Michael denkt darüber nach. Mit Schumacher würde das Interesse an der Formel 1 um 20 Prozent steigen", schrieb das Blatt. Von einer "verrückten" (Il Tempo) bis zu einer "faszinierenden Idee" (La Repubblica) reichen die Wunschträume: Die Spekulationen um eine Kurzzeit-Rückkehr des siebenmaligen Weltmeisters, der sein 250. und letztes Formel-1-Rennen am 22. Oktober 2006 bestritten hat, werden bis zur Bekanntgabe des zweiten Ferrari-Piloten für den Großen Preis von Europa in Valencia wohl nicht abreißen.

Laut dem Berliner Tagesspiegel schließt Ferrari ein Comeback seines einstigen Starpiloten offenbar auch nicht völlig aus. "Es wäre falsch, jetzt schon ja oder nein zu sagen", wurde Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali auf der Homepage der Zeitung zitiert. Man werde in dieser Woche darüber nachdenken, so Domenicali zu einem möglichen Einsatz Schumachers bereits in Valencia. Natürlich habe aber Massas Genesung zunächst Priorität.

Schumachers Manager Willi Weber hatte einer Rückkehr des Formel-1-Rentners unterdessen schon eine klare Absage erteilt. "Ein Comeback ist völlig ausgeschlossen", sagte er. Das sei absolute Spekulation. Und Ferrari habe "zwei super Testfahrer". Luca Badoer (38 Jahre/48 Grand Prix) und Marc Gené (35/36) sind die eigentlichen Ersatzkandidaten. Schumacher saß noch kein einziges Mal im neuen Wagen. Testen dürfte der 91-malige Grand-Prix-Gewinner den roten Renner aufgrund der neuen Regeln auch nicht mehr. Im April 2008 hatte er seine letzte Probefahrt in einem Formel-1-Ferrari bestritten.

Schumacher geschockt

Der Unfall seines einstigen Teamkollegen Massa hatte auch Schumacher in tiefe Sorge versetzt. Er sei natürlich genauso geschockt gewesen wie alle anderen im Team auch, als er die Bilder gesehen habe, und habe sich "sofort und wiederholt" nach Felipes Zustand erkundigt. "Jetzt bleibt mir nur zu sagen: Gute Besserung, Felipe!", hatte Schumacher auf seiner Homepage erklärt.

Massa war am Samstag in der Qualifikation zum Großen Preis von Ungarn mit etwa 190 Stundenkilometern frontal in einen Reifenstapel gekracht, nachdem er zuvor von einer etwa 800 Gramm schweren Stahlfeder am Helm getroffen worden war. Die Metallspirale hatte sich vom Zentraldämpfer an Rubens Barrichellos Brawn-Mercedes gelöst.

Die Ärzte hatten Massa wegen schwerer Kopfverletzungen operiert und danach in ein künstliches Koma versetzt. Massa wird nach ersten ärztlichen Diagnosen mindestens sechs Wochen lang ausfallen. Somit müsste der WM-Zweite auf jeden Fall bei den nächsten beiden Grand Prix in Valencia (23. August) und Spa-Francorchamps (30. August) pausieren. Fraglich ist derzeit aber, ob die Pause nicht bei weitem länger sein wird.

Der Leibarzt des Südamerikaners erklärte, dass ihm der behandelnde Neurologe mitgeteilt habe, dass Massa "ein kleines Ödem" (Schwellung) im Hirn-Nervengewebe erlitten habe. Es handele sich aber nicht um ein Hämatom oder gar eine Verletzung, beruhigte Altmann.

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