Unentschieden zwischen BVB und FC Bayern:In inniger Abneigung

Bayern Munich's Mueller argues with Borussia Dortmund's Santana during their German first division Bundesliga soccer match in Dortmund

Meinungsverschiedenheit: Bayerns Thomas Müller mit BVB-Verteidiger Felipe Santana.

(Foto: REUTERS)

Von wegen wertloses Bundesliga-Duell: Beim letzten Aufeinandertreffen vor dem Champions-League-Finale beherrscht weiter der Wechsel von Mario Götze die Debatten. Der BVB sagt sogar ein geplantes Abendessen mit Vereinsvertretern des FC Bayern ab.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Jupp Heynckes hatte es eilig: Schnell noch die wichtigsten Fragen in der Pressekonferenz beantworten und dann schnurstracks zum Flieger, der den Bayern-Trainer und seine Mannschaft zurück auf den Weg nach München bringen sollte. Auf dem Weg runter vom Podium hinaus hielt der 68-Jährige kurz inne, um den Kollegen Jürgen Klopp heftig zu drücken. So viel Zeit musste sein, es ist ja bekannt, dass Heynckes und Klopp sich in gegenseitiger Hochachtung zugetan sind.

Es ist also nicht alles schlecht im Verhältnis zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund, das sich in den letzten Wochen auf sibirische Temperaturen abgekühlt hat. Zumindest, wenn man den Worten von Hans-Joachim Watzke Glauben schenkt, der sich vor dem Bundesligagipfel nachhaltig verstimmt über den seiner Meinung nach wenig stilvollen Umgang der Bayern bei ihren jüngsten personellen Transaktionen geäußert hatte.

Wie zuletzt bereits der Mainzer Manager Christian Heidel im Fall der Verpflichtung seines Verteidigers Jan Kirchhoff, bemängelt auch Dortmunds Macher die fehlende Kommunikationsbereitschaft des Branchenführers im Falle des Transfers von Mario Götze, der Dortmund in einen mittleren Schockzustand versetzt hatte. "Ich habe immer mit sehr viel Respekt und Bewunderung von den Bayern gesprochen", erklärte Watzke. Nun habe sich das bislang weitgehend ungetrübte Verhältnis zwischen den beiden deutschen Champions-League-Finalisten jedoch "ein bisschen abgekühlt".

So sagten die Dortmunder das sonst übliche gemeinsame Essen mit den Münchener Vereinsvertretern vor dem samstäglichen Topspiel des neuen Meisters gegen den alten ab. "Warum", fragt Watzke, "sollen wir von Friede, Freude, Eierkuchen reden, wenn es nicht so ist?"

Mario Götze, jener Spieler also, der so viel kontroversen Gesprächsstoff bietet, konnte beim 1:1 gegen die Bayern ohnehin nicht mitspielen. Er soll nach dem Muskelfaserriss, den er sich beim Dortmunder Champions-League-Halbfinale in Madrid zuzog, bis zum deutsch-deutschen Endspiel am 25. Mai wieder spielfähig gemacht werden.

Heynckes im Zen-Zustand

Götze war nicht anwesend und doch omnipräsent, wie sich vor Spielbeginn zeigte, als die Fans auf der Südtribüne ein Transparent entrollten, auf dem zu lesen war: "Das Streben nach Geld zeigt, wie viel Herz man wirklich hat. Verpiss dich, Götze". Das kann man vielleicht noch so gerade unter der Rubrik Meinungsfreiheit verbuchen, auch wenn Standpunkte schon wesentlich niveauvoller vorgetragen wurden. Zumindest zeigt es, wie nachhaltig die Dortmunder Fanseele durch den Weggang ihres Zauberlehrlings zum Branchenführer von der Isar getroffen ist.

Ach ja, Fußball wurde beim leistungsgerechten 1:1 (1:1) an diesem Abend tatsächlich auch noch gespielt. Anfangs ein wenig gemächlich, wie das für das Abtasten vor dem Showdown von Wembley zu vermuten war. Dortmund erwischte den besseren Start, ging durch eine herrliche Direktabnahme von Kevin Großkreutz früh in Führung, Bayern schlug nach etwas mehr als einer halben Stunde durch Mario Gomez zurück, als die Hintermannschaft des BVB reichlich unsortiert über den Rasen irrte. Robert Lewandowski scheiterte in Hälfte zwei mit einem Handelfmeter am fantastisch reagierenden Manuel Neuer.

Und dann gab es auch noch einen wirklichen Aufreger, der zeigte, "dass es dieses Spiel auf Freundschaftsspiel-Niveau einfach nicht gibt", wie Neuer treffend bemerkte: Als Rafinha in der 63. Minute seinem Gegenspieler Jakub Blaszczykowski beim Laufduell den Ellbogen ins Gesicht rammte und dafür vom Feld musste, kochte das bis dato laue Gipfeltreffen in Sekundenschnelle auf Champions-League-Temperatur hoch: Die Gelbe Wand der Südtribüne tobte vor Zorn, Rudelbildung auf dem Rasen und dann gerieten auch noch BVB-Trainer Jürgen Klopp und Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer lautstark aneinander.

Es war das Vorspiel für das, was Deutschland, Europa und die ganze Welt beim Kampf um die Königsklasse erwarten dürfen: Den bedingungslosen Kampf zweier Ausnahmemannschaften, die sich in inniger Abneigung gegenüberstehen. Der einzige Protagonist, der im brodelnden Kessel des mit über 80.000 Zuschauern gefüllten Dortmunder Stadions ruhig Blut behielt, war Heynckes, auch wenn das an seiner ins Purpurne tendierenden Gesichtsfarbe kaum abzulesen war. Er habe die ganze Aufregung nicht richtig mitbekommen, versicherte Bayerns scheidender Trainer auf Nachfrage, "ich bin mittlerweile so gelassen, dass ich mir solche Nebensächlichkeiten nicht näher anschaue."

Einen solchen zen-gleichen Gemütszustand würde der brodelnde Vulkan Jürgen Klopp eines Tages auch gern erreichen. Wenn er mit Ende 60 immer noch so am Spielfeldrand rumhüpfe wie heute, solle ihm doch bitteschön "mal jemand Bescheid sagen und mich fragen, ob ich einen Lattenschuss habe", beschied Dortmunds Trainer. Doch bis es so weit ist, gehen ja noch mehr als 20 Jahre ins Land.

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