Unentschieden des TSV 1860 München:Stillstand als Fortschritt

VfR Aalen v 1860 Muenchen - Second Bundesliga

Verpasste den erhofften Auftaktsieg bei seinem Debüt als "Löwen"-Trainer: Friedhelm Funkel.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die gute Nachricht nach Friedhelm Funkels Debüt als Löwen-Trainer: 1860 kämpft und bleibt in Aalen ohne Gegentor. Allerdings gelingt den Münchnern zum vierten Mal in dieser Saison selbst kein Tor, und die Verbesserungen sind allenfalls dezent.

Von Benedikt Warmbrunn

Friedhelm Funkel streckte den Arm aus, fuchtelte, da sollte der Ball hin, der Zeigefinger pochte in der Luft auf die gewünschte Stelle, genau dort hin, nur dort hin, sonst überhaupt nirgends hin. Nein, Funkel winkte ein wenig zurück, nicht so weit nach vorne, es war ihm sehr wichtig, dass der angesprochene Spieler dieser Anweisung genau folgte, er, Funkel, ist jetzt Trainer beim TSV 1860, also der Mann, auf den alle auf dem Platz hören sollen. Wirklich alle. Schließlich ließ Funkel Arm und Zeigefinger ruhen, es geschah jetzt so, wie er es wollte. Es lief die 13. Spielminute, und Sascha Traut, Außenverteidiger des VfR Aalen, führte den Freistoß an der Außenlinie aus, direkt vor den Füßen von Friedhelm Funkel.

Das war ein guter Anfang im Kleinen, diese Szene in der Partie des TSV 1860 am Freitag in Aalen, der ersten von Funkel als Trainer der Gäste. Es kann so geschehen, wie Funkel es will. Im Großen soll das weiter der Aufstieg sein. Dazu war das Spiel, das 0:0 endete, das schon, zumindest ein Anfang im Kleinen. "Geht in Ordnung", sagte Funkel, auch wenn er fand, dass das Ergebnis "ein bisschen ärgerlich" sei.

Vor der Partie, seiner 1334. als Spieler oder Trainer im deutschen Profifußball, hatte Funkel angekündigt, die Aufstellung nur "dezent" zu verändern. So ähnelte die Elf gegen Aalen der unter seinem Vorgänger Alexander Schmidt, die einzige wesentliche Rochade war Daniel Bierofka, der nach einer fünfmonatigen Verletzungspause aufgrund einer entzündeten Fußsohle zurückkehrte. Er spielte neben Yannick Stark vor der Abwehr. Den Sturm bildeten Benjamin Lauth und Stephan Hain, einer der beiden ließ sich meist ins Mittelfeld zurückfallen, manchmal sogar beide, so dass dann die Außenspieler Daniel Adlung und Moritz Stoppelkamp die offensivsten Akteure der Münchner waren.

Funkel selbst marschierte als Letzter aufs Spielfeld, er lächelte für die Fotografen, in jede Kamera, Hallo, Tag auch, weiter lächeln. Dann gingen die Fotografen weg. Und Funkel lächelte erst mal nicht mehr.

Der Grund dafür war, dass sich auch das Spielniveau seiner Mannschaft erst einmal allenfalls dezent änderte. Nach drei Minuten stocherte Lauth den Ball nach einer Adlung-Flanke am Tor vorbei, ansonsten waren die Offensivbemühungen von Funkels Spielern lange träge. Sie verloren den Ball oft schon an die Mittellinie, in unnötigen Zweikämpfen, durch ungenaue Zuspiele. Am kreativsten war Adlung, der immer wieder einen langen Ball spielte. Aber das passierte nicht allzu oft.

Bierofka verletzt sich erneut

Aalen konzentrierte sich auf schnelle Konter, in die Lücken der Abwehr des TSV 1860, und diese waren mitunter nicht schwer zu finden. "In der ersten Halbzeit haben wir drei, vier Fehler im Spielaufbau gemacht", sagte Funkel, er dürfe daher "nicht verschweigen, dass Aalen zwei, drei gute Gelegenheiten hatte": In der siebten Minute etwa ließ Innenverteidiger Guillermo Vallori, der weiter die Kapitänsbinde trug, Robert Lechleiter alleine stehen, Gabor Kiraly parierte stark mit einer Hand. Eine Minute später traf Enrico Valentini das Außennetz. Nach einem weiteren Konter rutschte Valentini wenige Meter vor dem leeren Tor knapp am Ball vorbei (19.).

Es war eine Verletzung, die etwas mehr Ruhe ins Spiel der Gäste brachte. In der 28. Minute humpelte Bierofka vom Feld, er hatte zuvor einen Schlag auf den Fuß bekommen, nun plagte ihn die alte Verletzung, die entzündete Fußsohle also. Für ihn kam Stefan Wannenwetsch, der das Aufbauspiel der Löwen strukturierte, mit klugen Pässen, mit sinnvollen Zweikämpfen. In der 34. Minute etwa passte er zu Lauth, der den Ball mit der Hacke zu Adlung weiterspielte, Aalen-Torwart Jasmin Fejzic wehrte dessen Schuss mit einer Hand an. Funkel schaute sich diese erste Halbzeit noch passiv an, manchmal hüpfte er, manchmal lehnte er sich zurück.

In der zweiten Halbzeit bewegte sich Funkel an der Seitenlinie immer mehr, das lag auch daran, dass er spürte, dass seine Mannschaft nun besser war, dass sie kurz davor war, ein Tor zu erzielen. Und dass jede weitere Minute eine Minute weniger war, um ein Tor zu erzielen. Die beste Gelegenheit hatte erneut Adlung, der nach einem feinen Zuspiel von Stoppelkamp den Ball über das Tor schaufelte (65.). "Den kann man auch mal rein machen", sagte Funkel. Seine Mannschaft stand nun sicherer, leistete sich weniger Fehlpässe, ließ keine großen Lücken in der Defensive offen, in die Aalen kontern konnte. Zudem spielte sie direkter auf das Tor des Gastgebers zu, Hain scheiterte mit einem Kopfball an Fejzic (72.), Lauth lupfte den Ball aufs Tornetz (82.). "Wir haben nicht umsonst drei Spiele lang kein Tor mehr geschossen", sagte Funkel.

In der Nachspielzeit wurde noch Vallori bei einer Flanke im gegnerischen Strafraum geschubst, alle sprang von der Bank des TSV 1860 auf, sie hüpften, fluchten, schimpften. Nur Funkel blieb ruhig stehen, er hatte die Szene gesehen, er weiß aber auch, dass nicht alles so geschehen kann, wie er es will. Dann wurde seine erste Partie als Trainer des TSV 1860 abgepfiffen. Funkel zuckte mit den Schultern.

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