Umweltlasten in Peking:Notfallplan gegen den Smog

Kurz vor Beginn der Spiele ist die Luft in Peking schlecht. So schlecht, dass sogar chinesische Standards verletzt werden. Ein Notfallplan soll in letzter Minute Rettung bringen.

Wolfgang Jaschensky

Vielleicht ist den Schweizer Star-Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron doch ein Fehler unterlaufen. Die Süddeutsche Zeitung feierte ihr Olympiastadion als "Symbolbau des 21. Jahrhunderts", und auch sonst stieß das übergroße Vogelnest auf viel Zustimmung. Doch es gibt ein Problem: die Farbe.

Umweltlasten in Peking: Monument in Pekinghimmelgrau: Das Olympiastadion im allgegenwärtigen Smog.

Monument in Pekinghimmelgrau: Das Olympiastadion im allgegenwärtigen Smog.

(Foto: Foto: AFP)

Das Nest ist grau. Mausgrau. Man könnte auch sagen: pekinghimmelgrau. Steht man nur einige hundert Meter von dem Stadium entfernt, verschwimmt der Monumentalbau im Einheitsgrau des allgegenwärtigen Pekinger Smogs. So könnte das Wahrzeichen für die stolze aufstrebene Volksrepublik China zum Symbol für die Umweltsünden der Volkswirtschaft China werden.

Dabei will sich das Land bei den Olympischen Spielen von seiner besten Seite zeigen. Neben dem Tibet-Konflikt wurde von Chinas Regierung schnell die Umweltverschmutzung als Imagerisiko Nummer eins ausgemacht. Mit einem ambitionierten Plan sollte vor allem die Luftqualität in der Olympiastadt dramatisch verbessert werden.

Fabriken wurden geschlossen oder zeitweise stillgelegt. Und mit einer ungewöhnlichen Maßnahme wurde die Zahl der fahrenden Autos halbiert: Seit dem 20. Juli dürfen an einem Tag nur Autos fahren, deren Nummernschild auf eine gerade Zahl endet, sowie am nächsten Tag dann jene, deren Nummernschild auf eine ungerade Zahl endet.

Doch der Erfolg der Aktion bleibt aus. Wer in den vergangenen Tagen in Peking außer Haus ging, der sah nur Pekinghimmelgrau. Von vergangenen Donnerstag bis Montag waren die gemessenen Werte schlechter, als es laut den offiziellen chinesischen Standards akzeptabel ist. Am Montag bewegte sich der Luftverschmutzungsindex in Peking zwischen 103 und 124 - und damit permanent über dem Zielwert 100.

90 Prozent der Autos von der Straße?

Nun soll offenbar ein Notfallplan Rettung in letzter Minute bringen. Die englischsprachige Zeitung China Daily titelt: "Emergency green plan for Games". Die Zeitung zitiert einen Mitarbeiter der Pekinger Umweltbehörde: "Wir werden binnen 48 Stunden einen Notfallplan in Kraft setzen, wenn sich die Luftqualität verschlechtert."

Der Plan sieht offenbar vor, weitere Fabriken vorübergehend zu schließen und 90 Prozent der Autos von der Straße zu verbannen. Dann dürften zur Eröffnung der Spiele am 8. August nur Autos fahren, deren Nummernschild mit einer Acht endet und beim Autokorso zum Ende der Spiele am 24. August nur Fahrer, deren Wagennummer mit einer Vier endet.

Vielleicht hilft den Organisatoren auch das Wetter: Wind und Regen sollen nach Angaben der Meteorologen in den nächsten Tagen den dichten Smog über Peking vertreiben. Am Dienstag wehte erstmals wieder eine Brise über der Metropole. Der Vizedirektor des Umweltamtes, Du Shaozhong, rief daraufhin sogleich die Presse und sagte: "Sie können schon fühlen, dass es besser als gestern ist." Der Luftverschmutzungsindex sei am Dienstag mit dem Wind erstmals unter den Grenzwert von 100 Punkten gefallen.

Sollten Wetter und Notfallplan nicht helfen, wären all die schönen, kleinen Einfälle wertlos, die die Chinesen hatten, um sich als Umweltengel zu präsentieren. Dann würden die Medien in aller Welt nur vom Smog berichten und nicht von den modernen Regenwassernutzungsanlagen oder den Solardächern, die die Sportstätten schmücken. Die Bilder wären alle pekinghimmelgrau.

Die Organisatoren haben "Grüne Spiele" für Peking versprochen. Ob dies mit dem Notfallplan gelingt, darf bezweifelt werden. Vielleicht ist der einzige Weg, dieses Versprechen einzuhalten, dem Vogelnest eine neue Farbe zu geben: grün.

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