Umstrittener Radsportweltverbands-Chef:Der fragwürdige Kampf des Pat McQuaid

Pat McQuaid

Der Ire Pat McQuaid ist seit 2005 Chef der UCI. Jetzt strebt er eine dritte Amtszeit an.

(Foto: dpa)

Die Causa Armstrong hat Pat McQuaid arg in Bedrängnis gebracht. Dennoch will der Chef des Radsportweltverbands unbedingt wiedergewählt werden. Sein Wahlkampf ist ein Musterbeispiel dafür, zu welchen trickreichen Spielchen Sportfunktionäre greifen, wenn es um ein gutes Pöstchen geht.

Von Johannes Aumüller

Malaysia hat sich bisher nicht gerade als Radsport-Großmacht hervorgetan, ebenso wenig wie Marokko und Thailand. Dennoch sind diese drei Länder wichtig für den Plan, mit dem sich der umstrittene Amtsinhaber Pat McQuaid beim Kongress am 27. September in Florenz eine weitere Periode an der Spitze des Rad-Weltverbandes (UCI) sichern will. Denn nachdem der Ire zunehmend um seine Wiederwahl fürchten musste, ist nun, simsalabim, ein Vorschlag für eine merkwürdige Statutenreform aufgetaucht, die ihm zupass kommt.

Er passt bestens zum gesamten Wahlkampf, der ein Musterbeispiel dafür ist, zu welchen trickreichen Spielchen Sportfunktionäre greifen, wenn es um ein gutes Pöstchen geht.

McQuaid, 63, war 2005 an die UCI-Spitze gerückt; protegiert von seinem schlecht beleumundeten Vorgänger Hein Verbruggen. Rasch wuchs die Kritik, vor allem wegen des Verhaltens in der Causa Armstrong. Die UCI musste einräumen, dass sie von dem Amerikaner Geldspenden in Höhe von 125.000 Dollar erhalten hatte. Zugleich fiel auf, dass sie den zahlreichen Indizien und Zeugenaussagen zu dessen Dopingkonsum nicht nachging.

Im Raum steht der Vorwurf, dass sogar eine Positivprobe vertuscht wurde. Später sagte Verbruggen, dass Armstrong bei verdächtigen Blutwerten ein Signal aus der UCI erhalten habe. Dass bei vielen nun das Bild vorherrscht, der Verband sei ein Inbegriff von Korruption und Mauschelei, geht zu einem wesentlichen Teil auf das Duo Verbruggen/McQuaid zurück.

Bei solch einem Verhalten wächst die Zahl der Gegner automatisch, und im Frühjahr kristallisierte sich auch öffentlich ein Gegenkandidat heraus: der Brite Brian Cookson, der eine bunte Unterstützerschar hinter sich weiß, von wichtigen Verbänden Europas und Nordamerikas über den russischen Oligarchen Igor Makarow bis hin zu Jamie Fuller, der die Alternativ-Bewegung "Change Cycling Now" gründete.

Steht er bald ohne Nominierung da?

Besonders brenzlig wurde die Situation für McQuaid Mitte Juni. Da entschieden die Mitglieder seines irischen Heimatverbandes, ihn gar nicht als Kandidaten für den Chefposten im Weltverband zu nominieren. Doch McQuaid glaubte, vorgesorgt zu haben.

Denn er ist ja nicht nur Mitglied des irischen, sondern seit Mai auch des Schweizer Verbandes und ließ sich von dessen Vorstand ausrufen. Aber so einfach geht das in der Schweiz nicht: Drei Mitglieder des Verbandes zweifelten die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses an, und während der Fall vorm Schweizer Schiedsgericht landete, endete die offizielle Bewerbungsphase. Für den 22. August wird das Urteil erwartet, McQuaids Angst: Sollte das Schiedsgericht feststellen, dass das Vorgehen nicht korrekt war, stünde er ohne Nominierung da und könnte gar nicht gewählt werden. Und an dieser Stelle kamen Malaysia, Marokko und Thailand ins Spiel.

Zu Wochenbeginn verschickte die UCI plötzlich eine Mitteilung. Das zentrale Thema: ein Vorschlag des malaysischen Verbandes, dass von nun an, also schon für die Wahl am 27. September, die Zustimmung zweier Verbände für eine Nominierung ausreichend sei. Deswegen sei es allen Verbänden bis zum 30. August möglich, Kandidaten zu benennen; McQuaid übrigens habe schon drei Nominierungen erhalten, aus der Schweiz, aus Marokko und aus Thailand, wo er überall Verbandsmitglied sei.

Auf die Nachfrage, wann und durch wen dieses Datum festgelegt wurde, antwortet die UCI nicht, aber für McQuaid sieht alles wieder deutlich besser aus. Erklärt das Schweizer Schiedsgericht die Nominierung für rechtens, ist er Kandidat. Stimmen die Delegierten in Florenz für die Reform, ist er Kandidat. Stimmen sie nicht dafür, kann er dank der verlängerten Frist nun plötzlich auf die Nominierungen durch Marokko und Thailand verweisen.

Dies sei eine "Peinlichkeit für den Radsport", sagte Gegenkandidat Brian Cookson. Und der deutsche Verband, der sonst nicht gerade als großer Kritiker der internationalen Gremien auffällt, sagt auf Anfrage: "Wir finden das sehr fragwürdig, in einem laufenden Prozess Änderungen einzuführen, wir glauben nicht, dass das juristisch haltbar ist."

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