Süddeutsche Zeitung

Umbruch beim FC Schalke 04:Wie es auf Schalke weitergeht

  • Horst Heldt muss nach dem Aus von Di Matteo einen Umbruch auf Schalke einleiten.
  • Nach dem Sieg der A-Jugend im Finale um die deutsche Meisterschaft kündigt der Sportvorstand an, auf "eine Vielzahl junger Spieler" setzen zu wollen.
  • Aber wer wird neuer Coach der Profis? Nachwuchstrainer Norbert Elgert steht schon mal nicht zur Verfügung.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Horst Heldt war am Montagabend nicht in Wattenscheid. Hätte der Sportvorstand des FC Schalke 04 dort seine A-Jugend das Endspiel um die deutsche Meisterschaft mit 3:1 gegen Hoffenheim gewinnen sehen, wäre ihm warm ums Herz geworden. Aber schon im nächsten Moment hätte ihm wohl ein eisiger Wind ins Gesicht geblasen. Die 10 000 Schalker Fans hätten Heldt gewiss akustisch mitgeteilt, was sie von der momentanen Bilanz seiner knapp fünfjährigen Tätigkeit in Gelsenkirchen halten. Nachdem sie den Sieg der tollen A-Jugend demonstrativ bejubelt hatten, sangen sie lakonisch: "Seht Ihr, Profis, so wird das gemacht."

Einigung mit Di Matteo

Heldt hatte am Montag keine Zeit, ins Lohrheidestadion im Bochumer Stadtteil Wattenscheid zu kommen. Er musste in Düsseldorf mit den Beratern seines Cheftrainers Roberto Di Matteo über die Modalitäten einer Vertragsauflösung verhandeln. Es ging angesichts eines bis 2017 gültigen Vertrags schließlich um fast sechs Millionen Euro. Nachdem man sich diesbezüglich geeinigt hatte, gab der FC Schalke 04 am Dienstag eine Mitteilung heraus, in welcher der Schweizer, der am Freitag 45 Jahre alt wird, sein Amt offiziell "niederlegte".

Bereits am Sonntag hatten Medien berichtet, Schalke habe sich vom Trainer getrennt, aber erst in den Verhandlungen am Montag hat man sich dann geeinigt und zugleich auf jene Formulierung verständigt, die Matteo am Dienstag zur Ehrenrettung verhelfen sollte: "Ein Neuanfang erscheint mir das Beste für alle Beteiligten zu sein", wird er in der Mitteilung zitiert: "Daher bin ich zu dem Entschluss gekommen, mein Amt als Cheftrainer niederzulegen."

Heldt: "Habe einen Vertrag bis 2016"

Di Matteo hatte dieses Amt am 7. Oktober 2014 von Jens Keller übernommen. Damals stand Schalke mit acht Punkten aus sieben Spielen auf Rang elf. Am vergangenen Samstag hat Schalke die Saison mit 48 Punkten auf Platz sechs beendet und sich gerade noch für die Europa League qualifiziert. Nur zwei Siege aus den letzten zehn Spielen hatten Zweifel am Sinn einer weiteren Zusammenarbeit genährt.

Am Dienstag trat Heldt vor die Presse und übernahm "die Verantwortung für dieses Missverständnis", wie er die Verpflichtung Di Matteos bezeichnete. "Er ist und bleibt ein guter Trainer, aber hier hat es nicht funktioniert." Ob seine eigene Position im Verein darob geschwächt ist, wollte Heldt nicht bewerten. "Ich habe einen Vertrag bis 2016 und werde jetzt Entscheidungen treffen." Maßgeblich bei der Suche nach einem neuen Trainer sei für ihn die Prämisse: "Wie und mit welchen Leute wollen wir künftig Fußball spielen?"

Dass Sami Khedira von Real Madrid einer dieser Fußballer sein wird, ist am Dienstag eher unwahrscheinlich geworden. Erstens wurde bekannt, dass der defensive Mittelfeldspieler auch von Juventus Turin umworben wird, und zweitens sagte Heldt, er werde über diese zentrale Personalie nicht ohne den künftigen Trainer entscheiden. Er könne auch noch nicht sagen, ob es überhaupt einen großen personellen Umbruch bei Schalke gebe. "Das kann passieren - muss aber nicht." Auch viele junge Spieler drängten in den Kader, sagte Heldt, und lobte die Leistung der A-Jugend, deren zweite Hälfte er noch im Fernsehen habe anschauen können.

Schalker A-Jugend dreht einen 0:1-Rückstand

Wer die Schalker A-Jugendlichen im zweiten Durchgang einen 0:1-Rückstand in einen 3:1-Sieg hat umdrehen sehen, wer beobachtete, wie Leroy Sané im früheren Heimstadion seines Vaters Souleyman Sané durch die Hoffenheimer Abwehrreihen wedelte und wie die Stürmer Felix Platte und Felix Schröter das Tor unter Beschuss nahmen, der mochte akute Schalker Zukunftssorgen verdrängen. Zum vierten Mal nach 1976, 2006 und 2012 wurde die A-Jugend Meister. In Sané und Platte haben zwei dieser A-Jugendlichen bereits für Schalke in der Champions League gespielt.

Und Felix Schröter steht kurz vor dem Durchbruch, jener Jüngling, der am Montag zwei der drei Schalker Tore erzielte und vor einem Jahr aus Hoffenheim nach Gelsenkirchen gewechselt war, weil er bei Schalke bessere Chancen auf den Beginn einer Profikarriere sieht. "Die Perspektive, in den Profikader zu gelangen, ist hier sehr gut", bestätigt Schröter. Und Heldt verspricht: "Wir werden nächste Saison eine Vielzahl junger Spieler haben."

Findet Heldt einen passenden Trainer?

Der Zeitpunkt für Schröter könnte also kaum besser sein, denn auf Schalke wird nun alles analysiert. Eine Konsequenz der jüngsten Erkenntnisse über eine leidlich motivierte A-Elf könnte sein, über Jungprofis wie Leon Goretzka, Julian Draxler, Max Meyer oder Sead Kolasinac hinaus weiter hartnäckig auf Talente aus der eigenen Jugend zu setzen. Den langjährigen A-Jugend-Trainer Norbert Elgert zum Cheftrainer zu machen und damit eine auch den skeptischsten Fans genehme Lösung zu finden, scheitert aber scheinbar an Vorbehalten des 57-Jährigen selbst. Das sei für ihn "vielleicht in ein, zwei Jahren denkbar", sagte Elgert am Rande des A-Jugend-Finals. Er müsse sich jetzt erst mal ausruhen.

Mancher macht sich auf Schalke Sorgen um die Attraktivität des Erstliga-Teams und darum, ob man überhaupt einen passenden Trainer findet. Diese Sorgen macht sich Horst Heldt nicht: "Sie glauben gar nicht, wie viele Interessenten sich seit Sonntag schon bei mir gemeldet haben." Eigentlich kein Wunder, bei so viel Talent und Perspektive.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2015
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