Umbruch bei Basketball-Meister Bamberg:Freak City droht der Ausverkauf

Jenkins, Pleiß, Tucker, Slaughter: Das Double-Gewinnerteam der Brose Baskets zerfällt, weil zahlreiche Stützen der Mannschaft zu namhaften Klubs ins Ausland wechseln. Immerhin hat Trainer Chris Fleming ein Angebot aus Griechenland abgelehnt. Schuld an den radikalen Veränderungen im Kader ist auch eine Regeländerung.

Gerald Kleffmann

Wolfgang Heyder ist sicher kein Mensch, der zum Klagen neigt, auch jetzt ist es nicht so, dass er sich beschwert, er klingt ausgesprochen freundlich und zuversichtlich am Telefon. Aber am Ende des Gesprächs gibt er doch einen kleinen Einblick in sein Seelenleben und verrät, wie sehr ihn diese Tage fordern.

Brose Baskets Bamberg - Ratiopharm Ulm

Immerhin, er könnte bleiben: Aufbauspieler Brian Roberts, hier im BBL-Finale gegen Ulm.

(Foto: dpa)

"Es ist anstrengender als in den Jahren zuvor", sagt Heyder, und das liegt natürlich daran, dass er, der Manager, Macher und Kopf der Brose Baskets Bamberg, zurzeit einen besonders großen Umbau beim deutschen Double-Gewinner zu dirigieren hat. "Wir müssen geduldig sein", betont Heyder. Leicht wird das selbst für den erfahrenen Geschäftsführer nicht.

"Dieses Thema ist vom Tisch"

Die Baustellen werden nahezu täglich größer, noch ist nicht absehbar, wann dieser intensive Gestaltungsprozess beendet sein wird, Heyder rechnet damit, dass sich alle Bemühungen "bis in den August" hinziehen. Die Bamberger, so seltsam das klingt, müssen ja nach den erfolgreichsten drei Basketball-Jahren ihrer Klubgeschichte nicht weniger unternehmen, als sich selbst mal eben neu zu erfinden. Das Team zerfällt, teils ungewollt, teils gewollt, und auch der mit drei Double-Urkunden geschmückte Trainer Chris Fleming ist ins Visier der internationalen Konkurrenz geraten.

Eine Ente war das jedenfalls nicht, als jüngst aus Griechenland, wo der Pressemarkt schon mal zu überhitzten Falschmeldungen neigt, die Nachricht drang, er, Fleming, der ruhige Stratege mit der eckigen Brille, werde eventuell zu Olympiakos Piräus wechseln. In der Tat nämlich gab es Kontakt zwischen dem Sieger der Euroleague, vergleichbar mit der Champions League im Fußball, und dem Bamberger Coach, "es gab eine Anfrage von Piräus", bestätigt Heyder der SZ. Er versichert jedoch mit Nachdruck: "Dieses Thema ist vom Tisch."

Fleming, 42, aus Fork River in New Jersey und längst eine angesehene Institution im deutschen Basketball, könnte von diesem Geschacher um seine Person insofern profitieren, als dass er bald einen neuen Vertrag in Bamberg unterzeichnen dürfte. Zumindest hat Heyder vor, mit dem Trainer über einen Kontrakt zu reden, dessen Laufzeit über die noch ausstehenden zwei Jahre hinausgeht. Heyder muss derzeit wahrlich um jeden Mann kämpfen, den er für die neue, ungewisse Ära für gut genug erachtet, es hört sich fast kämpferisch an, wenn er sagt: "Wir werden uns zusammensetzen, wenn er wieder aus den USA zurück ist."

Fleming weilt in der Heimat, er macht Urlaub, besucht Familienmitglieder, und er sichtet Spieler, die sich in den Sommercamps in L.A. und Orlando für die Profiliga NBA anbieten, dort möglicherweise aber nicht zum Zuge kommen - und somit Kandidaten für den Basketballstandort Bamberg, Germany, wären.

Eines ist in jedem Fall klar: Bamberg muss sich namhaft verstärken, der Aderlass ist gewaltig, auch wenn die Verträge von Spielern wie Karsten Tadda verlängert oder Hoffnungsträger wie Center Maik Zirbes (von TBB Trier) geholt wurden. Der bullige Marcus Slaughter wechselte zu Real Madrid. P.J. Tucker, die Säule der Saison, konnte dem Angebot von Spartak St. Petersburg nicht widerstehen. Tibor Pleiß, das gereifte Talent, entschied sich für einen Vierjahresvertrag beim spanischen Erstligisten Saski Baskonia Caja Laboral, wobei er noch auf einen Transfer zum NBA-Finalisten Oklahoma City Thunder hofft, der Pleiß 2010 gedraftet hat.

Umbauten wegen neuer Regeln

Wie am Dienstag bekannt wurde, verlässt zudem Julius Jenkins die Baskets Richtung BBL-Rivale Oldenburg, wie bei Power Forward Pedrag Suput mag Bambergs Führungscrew nicht mehr auf die Dienste des Flügelspielers bauen. "Unsere Anforderungen an das Kaderprofil haben es nicht zugelassen, ihn zu halten", sagte Fleming. Heyder dazu: "Wir haben die Ausstiegsoption in unserem Vertrag mit Julius gezogen, um uns die Verpflichtung eines euroleaguetauglichen Aufbauspielers offen lassen zu können."

Julius Jenkins wird Oldenburger

Julius Jenkins wird Oldenburger. Wer ihn im Bamberg ersetzen soll, ist noch unklar.

(Foto: dapd)

In der neuen Saison kommt die 6+6-Regel, die besagt, dass sechs Spieler im Zwölferkader einen deutschen Pass besitzen müssen. Jenkins, aus Fort Lauderdale in Florida, würde also einen Platz im Team blockieren, und Heyder strebt ja noch die Verpflichtung von bis zu drei ausländischen Könnern an.

Das weitere Personalmonopoly freilich hängt entscheidend von dem Weg zweier Bamberger ab. Brian Roberts und Anton Gavel liebäugeln mit einer Veränderung. Point Guard Roberts, der Stilist aus Toledo, Ohio, zieht es nach wie vor in die NBA, er dürfte aber bleiben, weil Heyder einen Kompromiss eingeht. Der 26-jährige Roberts soll einen Einjahresvertrag unterzeichnen, versehen mit einer Ausstiegsoption, falls ein NBA-Klub ihn holen will.

Gavel, der Basketball-Arbeiter aus der Slowakei und Publikumsliebling, der in absehbarer Zeit einen deutschen Pass sein Eigen nennen darf, was ihn noch begehrenswerter für Bamberg macht, tut sich - wie Heyder schildert - "noch sehr schwer mit einer Entscheidung". In dieser Woche soll sie aber endlich fallen.

Bayern wollte doch Gavel

Zwei externe Angebote hat Gavel vorliegen, eines aus Russland, eines aus der Türkei. Dass er zum Ligarivalen Bayern München wechselt, ist kein Thema mehr. Auch wenn der dortige Sportchef Marko Pesic ein Baggern der Roten an Gavel belustigt dementiert hatte ("Klar, wir wollen auch noch den Türsteher und den Hallensprecher von denen haben"), so haben die Bayern wohl doch mit Gavel verhandelt.

Heyder berichtet von einem Angebot, das Gavel definitiv aus München erhalten und abgelehnt habe. Immerhin, diesen Zug Gavels dürfen die Bamberger in diesen kniffligen Zeiten als kleinen Punktsieg verbuchen.

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