Umbau beim TSV 1860:Mit Funkel, ohne Rettig

Friedhelm Funkel als Löwen-Trainer vorgestellt

Der neue Trainer Friedhelm Funkel (r.) und 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer.

(Foto: dpa)

1860-Präsident Gerhard Mayrhofer versucht zusammen mit Investor Hasan Ismaik die Zukunft des Fußball-Zweitligisten zu planen. Friedhelm Funkel ist neuer Trainer, doch wichtiger für Ismaik ist ein Personentausch in der Geschäftsführung. Der Klub bemühte sich nach SZ-Informationen bereits um DFL-Boss Andreas Rettig.

Von Andreas Burkert, Markus Schäflein, Philipp Schneider

Am Ende ist also doch Friedhelm Funkel Trainer des TSV 1860 München geworden. So naheliegend die Liaison zwischen dem 59-jährigen fünfmaligen Bundesliga-Aufsteiger und dem seit fast einem Jahrzehnt verhinderten Erstligisten auch ist - man durfte sie nach den Ereignissen der vergangenen Tage doch als Überraschung werten.

Das neue 1860-Präsidium um Gerhard Mayrhofer hatte ja betont, der jordanische Investor Hasan Ismaik müsse sein Okay zu der Personalie geben, die die Wunschlösung von Geschäftsführer Robert Schäfer und Sportchef Florian Hinterberger war. Und damit war nicht zu rechnen gewesen: Zu dem von Ismaiks Cousin und Münchner Statthalter Noor Basha geäußerten Wunsch, der neue Trainer möge die Autogrammjäger ans Trainingsgelände locken, passt Funkel ja nun nicht; zudem hatte der Coach vor einigen Wochen in einem Zeitungsbericht mit Blick auf 1860 angeregt, dass "dieser Scheich zur Abwechslung mal die Klappe halten" solle, was im fernen Abu Dhabi ebenfalls für Verstimmung sorgte. Doch Ismaik willigte tatsächlich ein. Am Freitag. Im ersten persönlichen telefonischen Gespräch, das der neue Klubvorstand Mayrhofer überhaupt mit dem Investor führte.

Es muss triftige Gründe gegeben haben, dass sich Ismaik von Funkel als Trainer überzeugen ließ. Die Grundlage dafür ist nach SZ-Informationen ein großes Versprechen: Das Management der Profifußball-KGaA soll "professionalisiert" werden - so, wie es der Jordanier immer wieder gefordert hatte. Womöglich soll auch ein neuer Geschäftsführer gefunden werden, am liebsten wäre Ismaik einer "mit fünf bis zehn Jahren Erfahrung bei einem erstklassigen Verein".

Mayrhofer war bei Funkels offizieller Vorstellung voll des Lobes für seinen Kontakt zum Investor: "Wir sprechen die gleiche Sprache und haben ein sehr gutes grundsätzliches Verständnis, was wir bei 1860 verändern müssen, um noch professioneller zu werden." Er werde mit Ismaik darüber in den nächsten Tagen "bei einem Treffen in Abu Dhabi reden".

Der Präsident soll im Telefonat mit dem Jordanier seine Bereitschaft bereits signalisiert haben, den gegenwärtigen Geschäftsführer Schäfer infrage zu stellen. Für das nächste Lizenzierungsverfahren ist finanzielle Hilfe aus Abu Dhabi dringend erwünscht. Und die sogenannte große Lösung - mit viel Geld von Ismaik und der Aussicht auf sportlichen Erfolg - ist für den Vorstand, der zu einem guten Teil aus echten Sechziger-Fans besteht, wohl doch reizvoll.

Im Gegenzug, und diese Details müssten schriftlich fixiert werden, würde die KGaA erstmals schriftliche Garantien für regelmäßige Zahlungen des Investors erhalten. Dieses Zugeständnis hatte keiner von Mayrhofers zwei Amtsvorgängern dem Jordanier abringen können.

Dass Funkel nur einen Einjahresvertrag erhielt, hält die Perspektive eines Umbaus unter der Führung eines neuen Geschäftsführers am Ende der Saison offen. Die Trainerpersonalie ist aus Sicht Ismaiks zunächst zu vernachlässigen, solange er mit dem wichtigsten Entscheidungsträger der Firma 1860 (Ismaik hält 60 Prozent der Anteile, aber nur 49 sind stimmberechtigt) nicht länger zusammenarbeiten muss.

Auffällig war, dass Robert Schäfer an der Präsentation Funkels am Sonntag nicht als Podiumsteilnehmer teilnahm, selbst in der Pressemitteilung des Vereins steuerte er kein einziges Zitat bei. Er saß allerdings im Publikum und sagte zur Zustimmung des Investors: "Ich freue mich sehr, dass das so passiert." Funkel sei "eine gute Lösung" gewesen, "die auch vermittelbar war". Nach einer Sitzung am vergangenen Donnerstag mit Präsidiumsmitgliedern und Basha hatte Schäfer noch anders gewirkt - da verließ er die Geschäftsstelle angesäuert und eiligen Schrittes.

Die Suche nach einem Nachfolger Schäfers läuft auf Investorenseite jedenfalls auf Hochtouren. Ein Wunschkandidat hat Ismaik allerdings bereits abgesagt. Nach SZ-Informationen haben sich Investorenvertreter um Basha in den vergangenen Wochen intensiv mit Andreas Rettig beschäftigt und traten auch an ihn heran, um ihn anstelle Schäfers als 1860-Geschäftsführer zu gewinnen. Doch der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), der erst seit Januar im Amt ist, ist bekannt dafür, dass er Verträge möglichst einhält. Er steht für den aus seiner Sicht durchaus reizvollen Job nicht zur Verfügung.

Die Liste an Verfehlungen, die Ismaik Schäfer vorhält, ist lang: Er sei nicht ehrlich und nicht loyal gewesen und er arbeite unprofessionell. Ein Gerichtsprozess Ismaiks gegen die von Schäfer vertretene KGaA in einer Arbeitsrechtssache läuft, einen zweiten wegen Untreue will der Jordanier anstrengen. Sollte es Mayrhofer gelingen, alle Konflikte zu moderieren, in die Schäfer involviert ist, wäre er der erste 1860-Präsident, dem es gelänge, eine Partnerschaft mit Ismaik wirklich zu leben.

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