Uli Hoeneß und die Steueraffäre:Finale eines Spielers

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Uli Hoeneß in besseren Zeiten: Der Bayern-Präsident 2010 im Dortmunder Stadion. 

(Foto: dpa)

Er versuchte es mit einer Selbstanzeige und setzte auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen. Mit riskanten Manövern hat Uli Hoeneß versucht, seinen Kopf in der Steueraffäre aus der Schlinge zu ziehen. Es ist ihm nicht geglückt.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott

Anfang Januar war Uli Hoeneß, 61, noch da, wo er am liebsten ist: auf der Überholspur. Bayern München dominierte die Liga - und dem Patron des Vereins war ein außerordentlicher Scoop gelungen. Bald schon sollte die Verpflichtung des Trainers Josep "Pep" Guardiola verkündet werden. Die Nummer eins der Trainerwelt und die Nummer eins unter den deutschen Fußballmanagern würden von der neuen Saison an ein Team sein. Unschlagbar.

Jeder, der Hoeneß kennt, weiß, was Erfolge für ihn bedeuten. Und das war der absolute Erfolg.

In diesen Januartagen galt es aber auch, ein Problem zu lösen. Seit gut einem Jahrzehnt hatte Hoeneß bei der Vontobel-Bank in der Schweiz ein geheimes Millionen-Konto, das dem deutschen Fiskus nicht bekannt war. Hoeneß hatte auf das Deutsch-Schweizerische Steuerabkommen gesetzt, das ihm eine geräuschlose und unauffällige Bereinigung der Steuerhinterziehung möglich gemacht hätte. Aber das Abkommen war gescheitert. Nun galt es, die Sache durch eine Selbstanzeige aus der Welt zu schaffen.

Das hat nicht funktioniert. Am Dienstag erfuhr die Süddeutsche Zeitung, dass die Justiz bereits am 20. März einen Haftbefehl gegen Hoeneß erlassen hat.

Das Drama begann im Januar

Angefangen hatte das Drama im Januar. Der Devisenhändler von der Vontobel Bank, der sich in der Causa Hoeneß auskannte, war in Urlaub. Hoeneß kam unter Druck. Gerüchte über ihn vagabundierten. Hoeneß engagierte seinen Steuerberater, der zweifelsohne sehr tüchtig ist, und der brachte einen nicht minder tüchtigen Kollegen aus der Kanzlei mit. Auch ist es Hoeneß gewohnt, Probleme selbst zu lösen, was die Sache nicht immer einfacher macht.

Die Selbstanzeige, die dann Mitte Januar beim für Hoeneß zuständigen Finanzamt Miesbach eingereicht wurde (fast zeitgleich mit der Guardiola-Verpflichtung), hätte ein Kunstwerk sein müssen, um auf den ersten oder auch zweiten Blick strafbefreiend zu wirken. Ein solches Kunstwerk aber war die Selbstanzeige wohl nicht.

Durch ständig neue Vorgaben der Justiz und der Politik sind Selbstanzeigen sehr kompliziert geworden. Alle Transfers müssen umfassend und vollständig erklärt werden. Die Selbstanzeige muss so detailliert sein, dass keine Ermittlungstätigkeit des Fiskus mehr notwendig ist, sonst liegt ein Formmangel vor. Ein solcher Mangel muss nicht bedeuten, dass sie unwirksam ist. Unter Umständen kann am Ende ein solcher Mangel auch geheilt werden.

Ganz außerordentlich kompliziert

Ein klassischer Fehler ist es, Verjährungsfristen falsch zu berechnen. Die Herkunft der Mittel muss plausibel erläutert werden. Auch sind Darlehen oder Bürgschaften umfassend darzulegen. Zusammengefasst ist eine Selbstanzeige nur dann wirksam und strafbefreiend, wenn alle Regeln eingehalten werden.

Im Fall Hoeneß sind die Regeln ganz außerordentlich kompliziert. Im Jahr 2000 hatte der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus Hoeneß fünf Millionen Mark direkt zukommen lassen und darüber hinaus für einen Kredit der Vontobel Bank an Hoeneß in Höhe von 15 Millionen Mark eine Bürgschaftserklärung abgegeben. Mit diesen 20 Millionen Mark waren auf dem Konto über viele Jahre vor allem Devisengeschäfte in großer Zahl abgewickelt worden. In der Selbstanzeige sollen, so heißt es in informierten Kreisen, nicht alle Geschäfte lückenlos aufgeführt gewesen sein. Was hingegen jeweils Anfang des Jahres und Ende des Jahres auf dem Konto war, sei penibel dokumentiert. Der Nachweis der Käufe und Verkäufe in den Monaten dazwischen ist allerdings wohl ein wenig löchrig. Jedenfalls nicht über alle Zweifel erhaben.

Für die Zeit von 2006 an soll es vorwiegend rote Zahlen auf dem Konto geben. Hoeneß hatte, wie es heißt, größere Verluste gemacht. Aber gab es in den Monaten dazwischen nicht auch mal Gewinne? Alles nicht leicht festzustellen, da sich auch die Gesetze ständig geändert haben. Insgesamt sollen 3,2 Millionen Euro Steuern im Feuer stehen. Um auf der sicheren Seite zu sein, soll Hoeneß eine höhere Summe an das Finanzamt gezahlt haben. Es ist üblich, bis zur endgültigen Abrechnung Erlöse vorsichtshalber zu hoch anzugeben, damit es nachher keinen Ärger gibt.

Die Ermittler gingen von einer Fluchtgefahr aus

Aus Sicht der Finanzverwaltung gab es von Anfang an Zweifel, dass diese Selbstanzeige wirksam ist. Automatisch wird bei Selbstanzeigen in Bayern, vor allem in dieser Größenordnung, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das wird dann wieder eingestellt, wenn die Selbstanzeige allen Anforderungen entspricht.

Etwa vier Wochen nach der Selbstanzeige soll Hoeneß eine Ergänzung nachgeschoben haben. Das deutet auf Probleme hin. Bei prominenten Leuten verengten sich heutzutage die Spielräume, sagt ein Kenner bayerischer Verhältnisse. Keiner der an einer Prüfung beteiligten Beamten wolle sich nachsagen lassen, einen Prominenten zu gut behandelt zu haben.

Während Bayern München in der Bundesliga Punkte sammelte, wurde der Druck auf Hoeneß größer. Am 20. März suchten ihn Ermittler in seinem Haus am Tegernsee auf. Sie präsentierten einen Haftbefehl und durchsuchten die Räume. Das war schon ein sehr deutliches Signal, dass am Ende die Selbstanzeige nicht wirksam sein könnte.

Für eine Anklage braucht es einen hinreichenden Tatverdacht. Für einen Haftbefehl braucht der Amtsrichter einen dringenden Tatverdacht, der sich mit dem Ermittlungsstand auch wieder abschwächen kann. Da Hoeneß viele internationale Kontakte hat und auch ein vermögender Mann ist, gingen die Ermittler von einer Fluchtgefahr aus. Daher die Kaution von fünf Millionen Euro, die Hoeneß zahlte. Zum Vergleich: Ex-Postchef Klaus Zumwinkel hat knapp eine Million an Steuern hinterzogen. Er musste eine Kaution von vier Millionen zahlen, um wieder auf freien Fuß zu kommen.

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