Süddeutsche Zeitung

Uli Hoeneß:"Von mir wird schon noch was zu hören sein"

  • Bayern-Präsident Uli Hoeneß gibt sich wegen seines Rückzugs so zufrieden, wie man nur sein kann.
  • Seine Nachfolge ist geregelt, dem Verein geht es blendend.
  • Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge versetzt ihm zum Abschluss einen Seitenhieb.

Von Martin Schneider

Uli Hoeneß ist ein schlechter Schauspieler, das hat er in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach bewiesen. Wenn ihn etwas umgetrieben hat, dann sah man das auch, er ist ein Gefühlsmensch und wenn das Gefühl Ärger war, dann sah man Hoeneß hochroten Kopf, dann polterte er, dann schimpfte er. Völlig egal, ob das nun klug war oder nicht. Aber wenn das Gefühl Zufriedenheit war, dann lehnte sich Hoeneß immer gern zurück und sprach ein wenig langsamer als nötig - um den Moment auszukosten.

An diesem Freitag redete Uli Hoeneß davon, wie gut er schlafe ("Sieben Stunden, bis ich dann auf die Toilette muss."), wie glücklich seine Frau sei ("Hat bis gestern nicht geglaubt, dass ich wirklich gehe."), wie froh er darüber sei, dass "mein Freund" Herbert Hainer nun seine Posten beim FC Bayern übernehme, wie "kräftig" der Klub sei und dass er durch das "große Tor" gehe. Hoeneß erzählte das übrigens in einem abbezahlten Stadion, während er auf Rekordumsatz und Rekordgewinne verweisen konnte. Vieles deutete tatsächlich darauf hin, dass Hoeneß mit seinem Abschied als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern so zufrieden war, wie man es nur sein konnte.

Hoeneß sagte, Hauptgrund für seinen Rückzug sei seine Familie gewesen. Auch die Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr, bei der es deutliche Kritik an ihm gab, sei ein Punkt gewesen, aber nicht der ausschlaggebende. Er wollte den Klub immer in einem guten Zustand hinterlassen - nun sei alles geregelt. "Dieser Verein ruht in sich selbst und ist in einem Topzustand", sagte Hoeneß.

Hoeneß schwärmt von Herbert Hainer

Ausdrücklich kein Grund seien die vom Bayern-Aufsichtsratsmitglied Edmund Stoiber benannten "Zwistigkeiten" mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gewesen. Die würde es seit Jahren geben, er halte unterschiedliche Meinungen auf dem Level auch für entscheidend. Hoeneß bestätigte aber erstmals offiziell, dass es in der Trainerfrage Streit zwischen ihm und Rummenigge gab. Hoeneß bevorzugte Kovac, Rummenigge soll für Thomas Tuchel votiert haben.

Hoeneß schwärmte von seinem designierten Nachfolger Herbert Hainer, "der für diese Position perfekt geschaffen ist. Er ist ein Mann des Sports und ein Mann der Wirtschaft. Wer Adidas führen kann, der kann auch den FC Bayern führen", sagte Hoeneß. "Ich habe das Gefühl, dass ich den FC Bayern in gute Hände übergebe." Hainer sei mit seinen 65 Jahren nach der "heutigen Genetik" auch noch relativ jung.

Die Karriere von Oliver Kahn habe er intensiv verfolgt, ihm habe gefallen, wie er sich beim ZDF präsentiert habe. Es sei außerdem wichtig, einen ehemaligen Fußballer im Büro zu haben. "Ich habe auch in jüngster Vergangenheit festgestellt, wie wichtig es ist, bei Diskussionen mit Spielern wie Ribéry, Kimmich, Sané, dass die einem abnehmen, dass man selbst einen Ball stoppen kann. Aber jemand ohne Hirn würde ja auch nichts bringen", meinte Hoeneß. Kahn wird ab 2020 Vorstand und soll zwei Jahre lang zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge den Verein führen. Ab 1. Januar 2022 soll er dann alleine die Geschäfte übernehmen.

Die einzige Frage, bei der Hoeneß wütend wurde, war die, ob Karl-Heinz Rummenigge in der Wahl des künftigen Vorstands involviert war. Hoeneß verwies resolut darauf, dass es die Aufgabe des Aufsichtsrates sei, den Vorstand zu bestimmen.

Offen ließ Hoeneß, wie es mit Hasan Salihamidzic weitergeht. Ob dieser auch zum Sportvorstand befördert werde, werde der Aufsichtsrat bis zur nächsten Mitgliederversammlung entscheiden. Aktuell ist Salihamidzic Sportdirektor, sein Vertrag läuft am 30. Juni 2020 aus und er hat in Interviews mehrfach gesagt, dass er nicht "unter" einem Sportvorstand arbeiten wolle. Hoeneß verteidigte sowohl Salihamidzic als auch Trainer Kovac gegen Kritik, verwies auf ihre Erfolge und lobte die aktuelle Transferperiode. Man habe 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, unterm Strich aber nur 90 Millionen ausgegeben.

Wie es mit ihm selbst weitergehe, das ließ Hoeneß offen. Zum ersten Mal in seinem Leben habe er keinen Plan. Er werde sich nicht aktiv beim FC Bayern einmischen, versprach er, aber wenn er gefragt würde, dann stehe er mit Rat bereit. "Ich werde kein Golf spielender älterer Rentner sein und über den Tegernsee schauen. Sie brauchen sich keine Sorge machen, von mir wird schon noch was zu hören sein." Konkret wurde er nicht.

Zum Abschluss der Pressekonferenz überreichte Rummenigge Hoeneß ein Bild mit einem seiner alten Trikots und Schwarz-Weiß-Bildern. "Ich wollte, lieber Uli, mich für diese 45 Jahre bedanken", sagte Rummenigge. Sicher habe man manchmal unterschiedliche Meinungen gehabt. "Aber wenn zwei Menschen immer dieselbe Meinung haben, ist einer überflüssig", zitierte Rummenigge Winston Churchill. Beide schafften sogar eine Umarmung. "Es ist nicht sein letzter Tag heute", sagt Rummenigge noch, "und es wird nie sein letzter sein." Das konnte man dann wiederum durchaus als Seitenhieb verstehen.

Dann ging Hoeneß und man kann davon ausgehen, dass er bei der Jahreshauptversammlung im kommenden Herbst, wenn sein Rücktritt dann auch formal vollzogen wird, noch mehr Gefühle zeigen wird.

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