Uli Hoeneß beim FC Bayern:"Man muss schon ziemliche Granaten kaufen"

  • Der FC Bayern genießt seine erneute Meisterschaft, doch es laufen bereits Planungen fürs kommende Jahr.
  • Präsident Uli Hoeneß kann sich vorstellen, das Team mit viel Geld zu verstärken.
  • Abwehrmann Boateng hat sich erneut schwerer verletzt.

Der FC Bayern ist Meister, er hat den Titel gebührend gefeiert, aber einer wollte im Trouble schon wieder nach vorne schauen. Mitten in den Abschied von Philipp Lahm und all die gute Laune platzte am Samstagabend Uli Hoeneß mit Plänen zur Strategie seines Klubs. "Wir haben einen Kader, wenn man den verstärken will, muss man schon ziemliche Granaten kaufen. Es wird sicherlich einen Mix geben aus erfahrenen Spielern und Spielern mit Zukunft. Und das herauszufinden, wird die Kunst sein", kündigte der Präsident eine Richtungsentscheidung für die Transferperiode im Sommer an. "Das Problem ist, dass man sich in einem Markt bewegt, der über Summen diskutiert, und in dem auch Summen bezahlt werden, die wir bisher nicht für möglich gehalten haben", sinnierte Hoeneß.

Der Aufsichtsratsboss, der bei der nächtlichen Party im Münchner Postpalast genüsslich eine Meisterzigarre paffte, schloss über 100 Millionen Euro an Transferausgaben für eine Saison nicht aus. "Für einen Spieler nicht, aber das Gesamtkonzept kann natürlich mal viel sein", sagte der 65-Jährige im Bayerischen Fernsehen. "Aber dann muss man natürlich auch Spieler abgeben. Über diesen Mix müssen wir uns in den nächsten Wochen einigen." Wenn der FC Bayern einen Spieler unbedingt haben wolle, könne man auch mal "etwas machen, was wir bisher nicht gemacht haben", kündigte Hoeneß wie gewohnt im Attackemodus an.

Spannende Wochen stehen nach einer Zäsur durch die Abgänge der Ikonen Lahm und Xabi Alonso bei der am Wochenende sehr emotionalen Bayern-Familie an. Tief ergriffen dankte Lahm als Anführer der Wembley-Helden von 2013 nach zwei Jahrzehnten bei seinem Herzensclub allen und jedem. "Die eine oder andere Träne ist bei mir geflossen, ganz klar", gestand der 33-Jährige, der seine Meisteraugenblicke für die Ewigkeit meist lächelnd genoss. "Der WM-Sieg oder das Triple, das sind so Momente, die man sein Leben nicht vergisst. Und der heutige Tag gehört mit Sicherheit dazu", sagte Lahm mitten im Abschiedsmarathon. Das Erinnerungsfoto mit der schwangeren Ehefrau Claudia und Sohnemann Julian nebst Meisterschale auf dem Arena-Rasen wird einen Ehrenplatz bekommen.

"Die Tür wird für ihn beim FC Bayern immer offen sein", versprach Hoeneß. "Er ist eine Legende", rühmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eine der ganz großen Persönlichkeiten im deutschen Fußball. Rummenigge betonte im Jubeltrubel für den fünften Titel in Serie auf dem Rathausbalkon, dass die insgesamt 27. deutsche Meisterschaft kein "Trostpreis", sondern ein "Supertitel" sei. Hoeneß wandte sich dagegen Richtung Zukunft. "Ich bin überzeugt, dass das vielleicht nur eine Ausnahme ist, dass wir nur einen Titel in diesem Jahr haben. Denn mit dieser Mannschaft, mit diesem Geist wird es möglich sein, wieder mehr zu erreichen", rief er tausenden Fans auf dem Marienplatz zu.

Euphorisiert kündigte auch Trainer Carlo Ancelotti Stunden nach seiner Premieren-Weißbierdusche mehr Partys an. "Wir wollen zusammen noch viele Titel gewinnen. Mia san mia", sagte der Italiener, der als Sänger und Tänzer auftrat. Künftig müssen die Positionen von Lahm und dem 35 Jahre alten Taktgeber Alonso neu besetzt werden. "Der FC Bayern wird immer in meinem Herzen bleiben. Ich liebe Euch, vielen Dank", sagte der zweimalige Champions-League-Gewinner Alonso zu den Bayern-Fans. Außer den beiden Fußballgrößen hört auch Ersatztorwart Tom Starke auf. Bislang stehen die Zugänge der Hoffenheimer Nationalspieler Sebastian Rudy und Niklas Süle fest.

Kommt Goretzka? Wie fit ist Boateng?

Über die Verpflichtung von Mittelfeldakteur Leon Goretzka wird munter spekuliert. "Er ist ein Spieler von Schalke 04 und bis 2018 unter Vertrag. Das werden wir immer respektieren", sagte Rummenigge - und hielt sich in Transferfragen zurück: "Wir wollen unsere Pläne sicherlich nicht bekanntgeben." Rummenigge & Co. müssen intern festlegen, in welcher Form sie das Millionenspiel auf dem Transfermarkt mitmachen wollen. Zwei Jahre nach dem Abgang von Bastian Schweinsteiger und nun nach dem Karrierende von Lahm wird die Rolle von Thomas Müller als Identifikationsfigur noch einmal wichtiger. Er muss dafür unter Ancelotti wieder mehr als eine Nebenrolle einnehmen.

Dazu muss der italienische Trainer bei seiner Agenda 2018 mehr auf junge Kräfte wie etwa Joshua Kimmich (22) vertrauen. Erst einmal dürfen die Bayern in einer Saison ohne Endspiele ungewöhnlich lange Urlaub machen. "Das ist auf jeden Fall nötig", sagte der geschundene Mats Hummels. Etwas länger dürfte die Pause indes für Jérôme Boateng aufallen. Der Abwehrmann verletzte sich zum Saisonabschluss erneut und blickt damit auf eine echte Seuchensaison zurück. Beim 4:1 gegen Freiburg musste er bereits in der 11. Minute ausgewechselt werden. Wie der Rekordmeister am Sonntag mitteilte, handelt es sich um eine Muskelverletzung im rechten hinteren Oberschenkel.

Rummenigge sagte bereits am Samstag, Boateng werde "mehrere Wochen ausfallen". Der Klub ergänzte in einer Stellungnahme allerdings, dass Boateng zum Start der Vorbereitung auf die kommende Saison "auf jeden Fall" fit sein werde. Der Verletzung vorausgegangen war ein Zweikampf mit Florian Niederlechner, bei dem sich Boateng ohne Verschulden des Freiburgers wehtat. Er unterzog sich nach dem Verlassen des Platzes umgehend einer Kernspinuntersuchung und kam mit Verspätung zur internen Meisterfeier im Münchner Postpalast. Boateng war bereits mit einem Muskelbündelriss, den er sich bei der EM 2016 zugezogen hatte, in diese Saison gegangen. Deshalb, wegen muskulärer oder Adduktorenproblemen sowie einer Schulterverletzung bestritt er lediglich 13 der 34 Bundesliga-Spiele, nur sechs über 90 Minuten.

Hinten haben die Bayern Boateng, Hummels, Martinez und bald auch Süle. Aber wer kommt fürs operative Geschäft? Die Bayern-Bosse beraten sich nicht nur über Transfers, sondern auch über die Besetzung eines Leiterpostens. "Was den Sportdirektor anbelangt, werden wir versuchen, in den nächsten Monaten jemanden zu finden, der ein Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer und Vorstand bildet", versicherte Hoeneß. "Denn da haben wir schon eindeutig ein Defizit."

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