Ukrainische Elf in der Einzelkritik:"Schewa, Schewa, Schewa"

Anatolij Timoschtschuk grätscht unnötig herum, Oleg Gussew agiert mit der Dynamik eines Ü40-Spielers, Taras Michalik wird abgeschüttelt wie unliebsame Schuppen. Doch das ist alles egal: Denn Andrej Schewtschenko wird gefeiert wie ein Held. Die ukrainische Elf beim 2:1-Sieg gegen Schweden in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

Ukrainische Elf in der Einzelkritik

Andrej Pjatow

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(Foto: dpa)

Anatolij Timoschtschuk grätscht unnötig herum, Oleg Gussew agiert mit der Dynamik eines Ü40-Spielers, Taras Michalik wird abgeschüttelt wie unliebsame Schuppen. Doch das ist alles egal: Denn Andrej Schewtschenko wird gefeiert wie ein Held. Die ukrainische Elf beim 2:1-Sieg gegen Schweden in der Einzelkritik. Aus dem Stadion von Thomas Hummel Andrej Pjatow: Die Ukraine beklagte vor dem Turnier den Ausfall von drei Torhütern, unter anderem von Pjatows Kollegen bei Schachtjor Donezk, Alexander Rybka, der beim 3:3 gegen Deutschland im Herbst hielt. Rybka wurde Doping nachgewiesen. Zunächst hätte auch der 153. Torwart des Landes gereicht, um die wenigen schwedischen Angriffsversuche zu entschärfen. Bei Ibrahimovic' Pfostenkopfball wäre auch die Nummer eins des Landes chancenlos gewesen. Und das 1:0 durch "Ibra" hätte kein ukrainischer Torwart gehalten. Löffelte dann einen Ibra-Gewaltschuss vom Tor weg.

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Oleg Gussew

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(Foto: dpa)

Oleg Gussew: Erhielt die Anweisung, einen extrem offensiven Rechtsverteidiger zu spielen. Eine Art ukrainischer Lukasz Piszczek. Im Vergleich zu dem Dortmunder Polen aber ausgestattet mit der Dynamik eines Ü40-Spielers - dabei ist er erst 29. Kam dennoch bisweilen durch und hebelte die ohnehin fahrige schwedische Defensive vollends aus. Hatte am Ende erhebliche Probleme mit dem eingewchselten Wilhelmsson. Und das nächste Mal kommt Franck Ribéry.

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Taras Michalik

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Taras Michalik: 26. Länderspiel für den Innenverteidiger von Dynamo Kiew, aber eines gegen einen wie Zlatan Ibrahimovic hat der 28-Jährige wohl auch noch nicht erlebt. Holte sich im ersten Zweikampf gegen den Mailänder Bullen gleich ein paar blaue Flecken und wurde von diesem abgeschüttelt wie unliebsame Schuppen. Ließ ihn nach 39 Minuten fahrlässig laufen, bevor "Ibra" an den Pfosten köpfelte. Kam auch beim 0:1 zu spät.

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Jewgeni Chatscheridi

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(Foto: dapd)

Jewgeni Chatscheridi: Mit 1,97 Meter sollte er so etwas wie "der Turm in der Schlacht" werden. Zumindest wenn es für den Gastgeber zu der ein oder anderen Abwehrschlacht kommen sollte. Passt auch sehr gut zum 1,95 Meter großen Zlatan Ibrahimovic. Hatte aber im Luftkampf überhaupt keine Chance. Wurde von "Ibra" regelmäßig abgeschüttelt wie unliebsame Schuppen. Wirkte fast übermütig und beschwerte sich nach fast jedem Zweikampf beim Schiedsrichter. Ist ein anarchischer Abwehrchef, der das nächste Mal Real-Stürmer Karim Benzema bewachen soll.

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Jewgeni Selin

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(Foto: dpa)

Jewgeni Selin: Einziger Spieler von Worskla Poltawa im Kader, dem Tabellenneunten der Premjer Liha. Der 1,90-Mann bildet mit dem 1,97-Mann Chatscheridi die definitiv größte linke Abwehrseite des Turniers. Werkelte recht anständig links hinten, blieb aber in einem ungünstigen Moment (angeblich?) verletzt liegen und ermöglichte damit den Schweden die Vorbereitung des 1:0. Werkelte danach grundsolide zu Ende.

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Anatoli Timoschtschuk

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(Foto: dpa)

Anatoli Timoschtschuk: Durfte für den FC Bayern nur das Champions-League-Finale spielen, weil drei andere gesperrt waren. Für die Ukraine spielt der 33-Jährige hingegen immer. Ist nach Schewtschenko die zweite Institution im Fußballland. Zeigte, warum sie in München nicht genau wissen, ob sie froh oder unglücklich sein sollen, diesen Mann angestellt zu haben. Bei wohlwollender Bewertung spielte er rechtschaffen, korrekt und verlässlich. Meint man es nicht so gut mit ihm, spielte er quer und quer und zurück, grätschte unnötig herum und spielte keinen einzigen vernünftigen Pass nach vorne. Für die Ukrainer ist es aber sehr gut, dass Timoschtschuk so spielt wie er spielt.

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Jewgenij Konopljanka

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(Foto: dpa)

Jewgenij Konopljanka: 22-Jähriger Hoffnungsträger aus Dnjepropetrowsk, der als Rechtsfuß links vorne mit Verve nach innen ziehen soll. Der umgekehrte Robben quasi. Bestätigte in der ersten Halbzeit die Hoffnungen des Vaterlands, war der quirligste Angreifer und schoss immer wieder gefährlich aufs Tor. Knallte in der zweiten Hälfte mehr wild als gezielt.

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Andrej Jarmolenko

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(Foto: REUTERS)

Andrej Jarmolenko: Kommt aus dem Ort Tschernigow und trägt deshalb in Kiew den Beinamen "Der junge aus 130 Kilometern." Spielt als Linksfuß rechts vorne, also auf einer Robben-Position. Wanderte teilweise mit schlenkernden Armen und hängendem Kopf über den Rasen, als wäre er auf dem Weg in die Sonntagsmesse. Bewies aber hier und da seine außergewöhnlichen Anlagen, leitete die erste Chance von Schewtschenko mit einem herrlichen Pass ein. Blühte vor allem dann auf, wenn er den Ball hatte - das muss bei Robben-Imitaten aber auch so sein. Wackelte vor dem 1:1 seinen Gegenspieler gewandt aus.

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Sergej Nasarenko

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(Foto: dapd)

Sergej Nasarenko: Einziger Spieler von Tawrija Simferopol, Tabellensechster der abschließenden Premjer Liha. Ist im Land bekannt für seinen gewaltigen Schuss. Agierte auf der Löwschen Zwischenspieler-Position und versuchte, das Spiel in die richtigen Bahnen zu leiten. Blieb allerdings zunächst komplett unauffällig, sogar blass.

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Andrej Woronin

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(Foto: dpa)

Andrej Woronin: Spielte schon einmal für Gladbach, Mainz, Köln, Leverkusen, Liverpool und Hertha BSC. Zu besten Zeiten gehörte Woronin zu den besten Stürmern der Bundesliga. Jetzt ist er 32 Jahre alt, stürmt für Dynamo Moskau zusammen mit Kevin Kuranyi und ist ein Teil des Ü30-Angriff der Ukrainer. Verschärfte durch seine Dynamik und Laufbereitschaft immer wieder das Tempo im sonst trägen ukrainischen Spiel. Agierte zurückgezogen auf der Özil-Position, suchte die Lücke für den steilen Pass oder sprintete selbst in den Strafraum. Zeigte, warum er einmal einer der besten Angreifer der Bundesliga war.

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Andrej Schewtschenko

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(Foto: dpa)

Andrej Schewtschenko: "Schewa, Schewa"-Rufe hallten schon vor der Pause durchs Rund, als noch nicht so viel lief. Seit 18 Jahren Symbol des ukrainischen Fußballs. Zuletzt aber ein wenig träge, neigte eher zum Golf- als zum Fußballplatz. Kaum einer rechnete mit dem 35-Jährigen in der Startelf, dann aber sogar Kapitän. Gab vorne den Stoßstürmer und Mehmet Scholl hätte wohl zwischenzeitlich Angst gehabt, dass er sich wundgelegen habe. Aber stets das Ziel der ukrainischen Angriffe. Brachte nach 23 Minuten die Landsleute inklusive Trainer Oleg Blochin zum Haareraufen, als er alleine vor dem Tor verzog. Sorgte aber dann für ein Fußballbeben in seinem Land mit zwei Treffern per Kopf. Wurde bei seiner Auswechslung wie ein Erlöser verabschiedet.

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Artem Milewski und Ruslan Rotan

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(Foto: AFP)

Artem Milewski: Kam für den Erlöser Schewtschenko. Gab einen willigen Stellvertreter. Ruslan Rotan: Mann aus Dnjepopetrowsk (im Bild) mit einem schönen Namen. Andere Auffälligkeiten blieben aus.

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