Ukraine bei der Fußball-EM:Salat oder Doping?

Der EM-Auftakt von Co-Gastgeber Ukraine gegen Schweden wird von unschönen Debatten überschattet. Ein sowjetischer Ex-Nationalspieler glaubt nicht, dass die ukrainische Elf eine Lebensmittelvergiftung hat - er suggeriert einen Dopingfall.

Johannes Aumüller

Oleg Blochin war die Nachfragen irgendwann leid. Als es bei einer Pressekonferenz Ende der vergangenen Woche wieder um die rätselhafte Lebensmittelvergiftung seiner Spieler vor dem Freundschaftsspiel gegen die Türkei ging, sagte der Trainer der ukrainischen Nationalmannschaft: "Ich schlage vor, dass wir diese Angelegenheit beenden." Und so sprach er zuletzt lieber über andere Themen. Über das erste Gruppenspiel gegen Schweden, das an diesem Montag in Kiew stattfindet (20.45 Uhr/ZDF), oder über den Besuch des Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch im Quartier des Teams.

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Doping-Verdächtigungen führen zu Misstönen vor dem ersten EM-Spiel der Ukraine: Stürmer Andrej Schwetschenko und Trainer Oleg Blochin.

(Foto: dapd)

Doch so einfach ließ sich das Thema dann doch nicht beenden. Vor allem nicht, nachdem sich Alexander Sawarow, früherer sowjetischer Nationalspieler und Teilnehmer am EM-Finale 1988, zu Wort gemeldet hatte. Denn der brachte das Unwohlsein der ukrainischen Spieler in Zusammenhang mit einem Dopingfall aus dem Jahr 2009, als er noch Trainer bei Arsenal Kiew war. "Die ganze Story kommt mir wie ein Déjà-vu vor. Unsere Spieler hatten damals auch Magenprobleme und fühlten sich nicht gut. Wir haben sie untersucht und nichts gefunden", sagte Sawarow in einem Interview. Kurz darauf sei im Urin eines Spielers ein Dopingmittel gefunden worden.

Die ukrainischen Verantwortlichen weisen sämtliche angedeuteten Vorwürfe zurück. Und in der Tat gilt Alexander Sawarow als jemand, der gerne mit markigen Worten in die Schlagzeilen strebt. Allerdings führt seine Aussage zu einem pikanten Detail: Denn der Mannschaftsarzt von Arsenal war zu dieser Zeit Leonid Mironow - genau jener Mediziner, der derzeit die ukrainische Auswahl betreut und der als Ursache für die gesundheitlichen Probleme einen verunreinigten Salat im Mannschaftshotel in Bad Gögging ausgemacht hatte, was wiederum das Hotel strikt zurückwies.

Nach der offiziellen Darstellung hatte Mironow, der seit 1974 als Arzt bei verschiedenen ukrainischen Fußball-Mannschaften, aber auch bei Handball- und Basketballteams arbeitet, dem damals verletzten Spieler Alexander Danilow ein Präparat verabreicht, in dem sich die verbotene Substanz Dexamethason befand. Der ukrainische Fußballverband (FFU) sperrte Mironow für neun Monate wegen einer "sträflichen Nachlässigkeit". Er hätte die Behandlung vorher melden müssen, hieß es.

Mittlerweile arbeitet Mironow nicht nur bei der Nationalelf, sondern auch für Dynamo Kiew, dessen Präsident Igor Surkis ist, der Bruder des nationalen Verbandsvorsitzenden Grigorij Surkis. Es stellt sich die Frage, warum der Verband ausgerechnet einen Arzt beschäftigt, den er erst vor kurzer Zeit selbst gesperrt hatte. Die FFU beantwortete diese Nachfrage nicht, der Pressesprecher war zuvor mit den generellen Worten zitiert worden: "Unser Arzt hat einen guten Ruf."

Negative Dopingproben

Der Europäische Fußballverband (Uefa) verwies auf die Dopingproben, die vor dem Turnier von zehn ukrainischen Spielern genommen worden seien. Diese fielen alle negativ aus, wie die Uefa am Sonntag bekanntgab. Bei der Ukraine waren die Kontrolleure Ende Mai, bevor der Testspiel-Reigen gegen Estland, Österreich und die Türkei begann.

Den ukrainischen Verantwortlichen ist das Thema noch aus einem weiteren Grund unangenehm. Denn es gab kürzlich einen Dopingfall, in den ein sicherer EM-Fahrer und möglicher Kandidat für die Startformation involviert war.

Der Torhüter Alexander Rybka von Schachtjor Donezk, der auch im vergangenen November beim 3:3 gegen Deutschland im Tor gestanden hatte, wurde kurze Zeit später nach einem Ligaspiel seines Klubs gegen Karpaty Lemberg positiv auf ein Diuretikum getestet. Ein solches Mittel kann dazu dienen, schneller abzunehmen; es erschwert zugleich aber auch den Nachweis anderer Substanzen.

Die Uefa sperrte Rybka jedenfalls für zwei Jahre. Der Torwart habe dieses Mittel genommen, die Einnahme aber nicht mit den Ärzten abgesprochen, sagte damals Schachtjors Generaldirektor Sergej Palkin. Zudem wurde im April der Nachwuchsspieler Igor Silantjew (Tschernomorez Odessa) wegen Dopings für vier Monate gesperrt.

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