"Uefa Youth League":Auf Sinnsuche in der Mini-Königsklasse

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Harter Kampf: Beim U19-Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und Sporting Lissabon geht es zu wie in der Champions League.

(Foto: imago sportfotodienst)

Großer Wettbewerb für die Kleinen: Die Uefa Youth League ist die Königsklasse der U19-Mannschaften. Bayern, Leverkusen und der BVB sind noch ohne Punkte - die Deutschen üben zunehmend Kritik.

Von Mathias von Lieben

Bayer Leverkusen verliert 1:4 gegen Zenit Sankt Petersburg, Galatasaray Istanbul besiegt Borussia Dortmund 3:2, der FC Bayern verschenkt sein Auswärtsspiel beim AS Rom mit 0:2 - auf der internationalen Bühne sind die deutschen Mannschaften derzeit chancenlos. Allein der FC Schalke 04 rettete zuletzt mit einem 3:0-Sieg gegen Sporting Lissabon das Renommee der deutschen Klubs. Wenn auch nicht in der Champions League, sondern in der "Uefa Youth League".

Dort tragen die U19-Nachwuchsmannschaften ihre eigene Mini-Königsklasse aus - mit identischem Teilnehmerfeld und deckungsgleichen Gruppen-Konstellationen wie bei den Senioren. Gespielt wird an den Spieltagen der Champions League, zu den Auswärtsspielen reisen Erwachsene und Junioren gemeinsam.

Doch während die deutschen Bundesligaklubs derzeit fast ausnahmslos starke Ergebnisse produzieren, fallen die Nachwuchsvertreter durch bescheidene Resultate auf. Von den vier deutschen Vertretern sind drei A-Junioren-Teams jeweils Gruppenletzter, ausgestattet mit je null Punkten nach drei Spieltagen. Bayer Leverkusen und Bayern München rangieren in ihren Gruppen sogar hinter den russischen Klubs aus Sankt Petersburg und Moskau. Nur der FC Schalke 04 hat mit sechs Punkten noch Chancen, in die nächste Runde vorzustoßen.

"Fußball oder nichts"

Jürgen Gelsdorf, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Bayer 04 Leverkusen, ist davon bedingt überrascht: "Die Nachwuchsarbeit der deutschen Vereine ist nicht so schlecht, wie es die Ergebnisse erahnen lassen", sagt er, "in den anderen Ländern wird nur einfach viel mehr Geld in die Jugend gepumpt." Gelsdorf vertritt seit zwei Jahren die Interessen der deutschen Vereine in einer Uefa-Arbeitsgruppe, die sich um die Organisation der Youth League kümmert. Gemeinsam mit DFB-Direktor Ulf Schott diskutiert er mit Offiziellen anderer Klubs, wie man das Format verbessern könnte. Wobei er mit seinen Vorschlägen derzeit auf wenig Gegenliebe stößt.

In Deutschland, sagt Gelsdorf, sei die schulische Ausbildung neben dem Fußball sehr wichtig. "Wenn ich das aber bei den Uefa-Treffen den Herren aus Italien, Spanien oder England erzähle, dann schauen die mich nur verstört an. 'Fußball oder nichts' - so lautet bei denen das Motto." Das erkenne man auch an den körperlichen Voraussetzungen der Spieler. "Die trainieren viel mehr, da sie eben nicht so oft in die Schule müssen." Länder wie Spanien entlassen ihre Schüler bereits vor dem 18. Lebensjahr aus der Sekundarstufe. Die physische Überlegenheit zeige sich dann auf dem Platz.

Ein anderer Grund: Derzeit laufen in der Youth League exakt die gleichen Mannschaften auf wie in der Champions League. Dabei ist überhaupt nicht garantiert, dass die A-Junioren eines Champions-League-Teilnehmers auf dem gleichen Niveau agieren wie die Profis. Bedingt durch die hohe Fluktuation im Nachwuchsbereich unterliegen die Jahrgänge oft Leistungsschwankungen. Viele Ergebnisse sind kaum aussagekräftig.

"Da werden Grenzen überschritten"

Im September hat die Uefa deshalb das Spielformat verändert, mitgeteilt in einer wenig prominent platzierten Meldung auf ihrer Homepage. Ab der nächsten Saison wird die Youth League auf 64 Mannschaften aufgestockt. Die Gruppenphase wird zwar weiterhin synchron zur offiziellen Champions League mit den gleichen Mannschaften und Gruppen-Konstellationen ausgetragen, teilnehmen dürfen nun aber auch die nationalen Meister der besten europäischen Nationen. Der ohnehin üppige Wettbewerb, der zunächst für zwei Jahre im Testbetrieb lief, wird noch weiter aufgebläht.

Bei den Verantwortlichen fällt die Vorfreude entsprechend gedrosselt aus. "Wir spielen dieses Jahr wieder in vier Wettbewerben mit. Da werden Grenzen überschritten", sagt Norbert Elgert, der Trainer der U19 von Schalke 04. Auch wenn die Grundidee einer Champions League im Jugendbereich reizvoll sei, die Trainerteams geraten in ein Steuerungschaos: "Wir können nicht regelmäßig trainieren. Da kommt es zwangsläufig zu Defiziten im athletischen und mentalen Bereich", sagt Elgert. Im vergangenen Jahr habe seine Mannschaft wegen der Überbelastung die deutsche Meisterschaft verspielt.

Profi-Pensum im Jugendalter

Viele Spieler müssen neben der Schule, den Einsätzen in vier Wettbewerben bei den A-Junioren oft auch bei den Profis aushelfen oder Lehrgänge der Auswahlmannschaften besuchen. Die Jugendlichen sind mit den Strapazen bisweilen überfordert. "Vielleicht sollte man die DFB-Maßnahmen in dem Alter reduzieren, damit die Youth League in den Kalender passt", schlägt Gelsdorf vor.

Eine andere Möglichkeit wäre es, die Mini-Königsklasse zu entzerren - oder abzuschaffen. Die extremen spielerischen Unterschiede, gepaart mit hoher Reise- und Wettkampfbelastung, werfen immer öfter die Frage auf, ob ein internationales Jugendturnier mit diesem Modus überhaupt Sinn ergibt. Uefa-Präsident Michel Platini will sich sein schönes Projekt natürlich nicht ausreden lassen, vor der Premierensaison der Youth League sagte er: "Wir wollen jungen Spielern eine Entwicklungsmöglichkeit auf internationaler Ebene bieten." Bleibt nur die Frage, wie die jungen Fußballer diese Entwicklung vollziehen sollen.

Wenn sie im Jugendbereich bereits ein Profi-Pensum abspulen müssen.

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