Süddeutsche Zeitung

Fifa vs Uefa:Die Attacken der Raffzähne

Fifa-Boss Infantino und Reals Klubchef Perez versuchen, die Uefa in die Zange zu nehmen. Doch die Manöver sind zum Scheitern verurteilt - und könnten für einige Klubs gravierende Folgen haben.

Kommentar von Thomas Kistner

Großartige Ideen halten den Weltfußball in Atem! Oder nicht? Nun, die Realität zeigt jedenfalls: Florentino Pérez und Gianni Infantino, zwei verschworene Gierhälse, wie sie weiter daran arbeiten, sich die globalen Geldtöpfe unter den Nagel zu reißen.

Soeben versuchen sie die Uefa, die Zentralbastion des Widerstandes, in die Zange zu nehmen. Infantino, Boss des Weltverbands Fifa, setzt die europäische Fußball-Union mit Plänen für ein WM-Turnier alle zwei Jahre unter Druck, und das schon ab 2028. Die Aufforderung der Uefa, Sinn und Machbarkeit dieses Vorhabens darzulegen, ignoriert Infantino ebenso wie die Proteste aller relevanten Interessensgruppen: Gerade verurteilte auch die Vereinigung europäischer Fußballtrainer (Aefca) diese Schnapsidee "aufs Schärfste" - ebenso wie die Uefa selbst erstmals öffentlich.

Und Infantino? Der schart nächste Woche alle Verbände um sich. Alter Bauerntrick: Dutzende Kleinverbände von Guam bis Guinea, die ohne echten Spielbetrieb am Fördertropf der Fifa hängen, sollen ein Mehrheitsvotum für die Dauer-WM liefern. Wobei Infantino weiß, dass die Uefa da nicht mitmachen wird. Und ohne Europa gibt's keine WM. Aber vielleicht hilft es ja, die Uefa als ewige Bremse zu diskreditieren, die alle Bemühungen, die übrigen Weltregionen erblühen zu lassen, aus blinder Selbstsucht torpediert?

Ein bisschen anti-europäische Stimmung wäre jedenfalls hilfreich. Und da eilt ihm nun Sportsfreund Pérez zu Hilfe, Real Madrids allmächtiger Klub-Boss, einer der mächtigsten Unternehmer Spaniens. Zufällig hat er einen Richter der Madrider Handelskammer 17 zur Hand - einen Juristen, der seit Monaten Pérez' private Rechtsansichten so inniglich teilt, dass man fragen könnte, ob der Mann noch Richter oder Anwalt des Baulöwen ist.

Infantino war auch in die Putsch-Pläne der Superleague-Klubs eingeweiht

Zur Vorgeschichte: Pérez ist Anstifter der Super League, mit der zwölf der weltgrößten Klubs im April aus dem Hinterhalt vorstießen - und Tage später krachend scheiterten. Während neun der Aufrührer aus England, Spanien und Italien reuig in die Arme der Uefa und der Klubvereinigung ECA zurückkehrten und Millionenstrafen bezahlten, stellen sich die drei Rädelsführer unter Real-Boss Pérez weiter quer. Und Pérez' Handelsrichter? Er untersagte der Uefa aus Kartellgründen sogar vorläufig, das Trio zu sanktionieren.

Die Uefa hält sich brav an die Verfügung, sie hat diese juristische Bärenfalle erkannt. Deshalb spielen die drei Abtrünnigen, Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin, in der aktuellen Champions League mit, auch ihre Disziplinarverfahren sind ausgesetzt. Ansonsten würde die Uefa einen Nebenschauplatz eröffnen, der sie über Jahre mit juristischem Hickhack in Spanien beschäftigen und das Kernurteil hinauszögern würde - dabei legt die Kartellrechts-Causa ja schon beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dort geht sie nun voran, stark anzunehmen ist, dass der EuGH das Madrider Justizmanöver kippen dürfte. Denn zu Kartellfragen um eine Super League wird die EU-Kommission gehört, und dort gilt es als unwahrscheinlich, dass Gutachter aus England, Frankreich und Deutschland Pérez' Milliardenträumen eine Hintertür öffnen.

Die Europa-Union ist eher amüsiert über die Volten von Pérez

Die Abtrünnigen dürften recht verzweifelt sein, jenseits aller sportlichen Sorgen, die Juve, Barça und Real gerade umtreiben. Nach einem günstigen EuGH-Entscheid will die Uefa das Verfahren rasch fortführen - und das Trio international für Jahre sperren. Das erschwert, neben leeren Klubkassen, massiv die Verpflichtung neuer Superstars von Mbappé bis Haaland - die wollen ja nicht nur gegen Elche und Vigo kicken. Insofern passt es, dass nun plötzlich wieder Pérez' Richter auftritt. Nummer 17, melden spanische Medien und Justizquellen, drohe Uefa-Präsident Ceferin schwerste Strafen bis zur Haft an, sofern er nicht "glaubwürdig" auf jegliche Sanktion gegen Real und Co. verzichte. Und zwar binnen fünf Tagen nach Erhalt dieser Entscheidung.

Der Uefa lag dieser Beschluss bis Mittwoch gar nicht vor. Sie ist aber ohnehin eher amüsiert über die Volten von Pérez, mit dem Handelsrichter Nr. 17 auch die deftige Einschätzung teilt, die Uefa stünde "außerhalb der Rechtsstaatlichkeit". Was all der geballte Unfug zeigt? Dass die Europäer die Regie behalten, solange sie nur nicht den Provokationen der Fantastilliarden-Träumer Pérez und Infantino auf den Leim gehen. Letzterer war übrigens in die Putsch-Verschwörung der Super-Klubs um Pérez ebenfalls eingeweiht. Hat nicht geklappt: Jetzt rückt er seinen Melkschemel halt wieder unter Europas Verbände, die er alle zwei Jahre eine WM spielen lassen will.

Soll der Weltfußball offen für neue Ideen sein? Gewiss. Gerade deshalb muss er endlich die machthungrigen Visionäre des Feldes verweisen. Das wird mit jeder Attacke der Raffzähne Pérez und Infantino deutlicher.

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