EM:Die U21 soll erfolgreichen Vorbildern nacheifern

U21-EM - Training Deutschland

Laufen sich warm vor der Europameisterschaft: Die Spieler der deutschen U21.

(Foto: Cézaro De Luca/dpa)
  • Die deutsche Mannschaft bestreitet an diesem Montag ihr erstes Spiel bei der U-21-EM gegen Dänemark.
  • Die Mannschaft um Kapitän Jonathan Tah soll mindestens das Halbfinale erreichen, um sich für die Olympischen Spiele 2020 zu qualifizieren.
  • Das Turnier in Italien und San Marino fällt in den Sommer, in dem der DFB sein Nachwuchskonzept überarbeitet und den Generationenwechsel vollzieht.

Von Sebastian Fischer

Horst Hrubesch hat es schon im vergangenen Herbst geahnt, und er hat gesagt, dass es nicht so schlimm sein wird. Es waren seine letzten Wochen als interimsmäßiger Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund, die letzten Wochen vor dem Ruhestand. Er sprach über die Generation, die ihn als Trainer berühmt gemacht hat: die U21-Europameister von 2009, die 2014 Weltmeister wurden. Hrubesch redete also über Mesut Özil und Sami Khedira, die nach der WM nicht mehr zur Nationalelf gehörten, er erwähnte das fortgeschrittene Alter von Jérôme Boateng und Mats Hummels, von denen man noch nicht wusste, dass Bundestrainer Joachim Löw ihnen bald berichten würde, sie nicht mehr zu brauchen. Und Hrubesch sagte: "Der Generationenwechsel funktioniert."

An diesem Sonntag beginnt in Italien und San Marino wieder eine U21-EM, für die deutsche Auswahl beginnt sie am Montagabend mit dem Spiel gegen Dänemark in Udine. Sie fällt in einen Sommer, in dem Torwart Manuel Neuer, 33, der letzte übrig gebliebene Nationalspieler ist, der vor zehn Jahren beim berühmten 4:0 im Finale gegen England in Malmö mitspielte. Der Generationenwechsel ist vollzogen.

Die EM fällt allerdings auch in einen Sommer, in dem der DFB im Nachwuchs Probleme erkannt hat und so viel verändert wie lange nicht mehr, Konzepte überarbeitet und Reformen einleitet, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Die U21, mit der Trainer Stefan Kuntz vor zwei Jahren in Polen bereits Europameister wurde, soll mit gutem Beispiel vorangehen. Sie soll mindestens das Halbfinale erreichen, um sich wie 2016 für die Olympischen Spiele 2020 zu qualifizieren. Und wenn es nach Hrubeschs Nachfolger Meikel Schönweitz geht, dann war die Entwicklung von 2009 bis 2014, vom U21-EM-Titel bis zum WM-Erfolg, kein Einzelfall; dann soll sich die Geschichte wiederholen. "Ich hoffe, dass das weiter möglich ist", sagt er.

Die U19 verpasste die EM, die U17 schied in der EM-Vorrunde aus

Wenn Schönweitz, 39, die Veränderungen im Verband erklären soll, dann muss er bei seinem Arbeitsplatz anfangen. Seit Jahresbeginn ist er als Cheftrainer U-Nationalmannschaften für den Nachwuchs verantwortlich. Er sagt: "Wir wollten den Begriff Sportdirektor nicht mehr verwenden. Wir wollten andere Inhalte prägen."

Dazu gehört eine Reform im Kinderfußball, die Einführung der neuen Wettkampfform Funiño, Fußball in kleinen Teams mit vier Toren und ohne Torwart. Das soll die Spielfreude erhöhen, damit weniger Kinder aufhören und in der Spitze mehr Dribbler und Instinktfußballer ankommen, die Deutschland spätestens seit der WM 2018 vermisst. Dazu gehört auch eine veränderte Präferenz in der Fußballlehrerausbildung: "Raus aus dem Hörsaal, rein in die Arbeit in den Vereinen." Dazu gehören ein paar neue Trainer in den DFB-Juniorenteams. Es sollen überall jeweils drei sein, ein "Typ Ex-Profi", ein "Typ Innovation" und ein "Altersspezialist". Die U21, mit Kuntz, Daniel Niedzkowski und Antonio di Salvo, soll beispielhaft sein.

Dem deutschen Nachwuchs fehlt zurzeit der Erfolg. Die U19 verpasste die EM, die U17 schied in der EM-Vorrunde aus. Schönweitz spricht von "den letzten fünf Prozent, die uns fehlen", Mentalität, Widerstandsfähigkeit. Zur U21 sagt er ohne Fünf-Prozent-Einschränkung: "Wir sind mit der Kadersituation sehr zufrieden."

Betrachtet man alle Spieler, die bei der EM dabei sein könnten, also nach dem 1. Januar 1996 geboren sind, ergibt das eine beeindruckende Auswahl. Julian Brandt, Leroy Sané, Kai Havertz, Timo Werner und Thilo Kehrer wären alle noch jung genug, sind aber längst A-Nationalspieler. Jonathan Tah und Lukas Klostermann, die am vergangenen Wochenende in der EM-Qualifikation gegen Weißrussland in der Startelf standen, spielen als Kapitän und Vize-Kapitän für die U21. Im Team, das sich souverän für die Endrunde qualifizierte, stehen zahlreiche Bundesligastammspieler der vergangenen Saison, Schalkes Torwart Alexander Nübel, für den sich der FC Bayern interessiert, Bremens Mittelfeldspieler Maximilian Eggestein, der sich eine Nominierung für die A-Nationalelf verdiente. Manche, wie Verteidiger Benjamin Henrichs von AS Monaco oder Freiburgs Stürmer Luca Waldschmidt, haben fast alle Juniorennationalteams durchlaufen. Andere, wie Florian Neuhaus aus Mönchengladbach oder Eduard Löwen, der von Absteiger Nürnberg zu Hertha BSC wechselt, sind eher Spätstarter, für die das Turnier besonders wichtig sein kann.

Eine U21-EM ist eine Bühne, auf der Talente auf sich aufmerksam machen, ihren Marktwert erhöhen können. Vielleicht wäre Luka Jovic, der gerade für rund 60 Millionen Euro von Eintracht Frankfurt zu Real Madrid gewechselt ist und bei der EM für Deutschlands Gruppengegner Serbien aufläuft, bald noch teurer. Doch es geht auch um Erfahrungswerte für Spieler, die immer jünger auf hohem Niveau überzeugen müssen. Als die Nationalelf im Frühjahr 3:2 gegen die Niederlande gewann, hat Schönweitz nachgezählt: Zusammen hatten die Spieler in der Startelf 425 Juniorenländerspiele bestritten und waren bei 19 Juniorenturnieren dabei gewesen. Von den U21-Europameistern 2017 haben sich Kehrer und Serge Gnabry vom FC Bayern in der A-Elf etabliert, Hertha-Verteidiger Niklas Stark könnte der Nächste sein.

"Mit so einem Turnier macht man wichtige Erfahrungen für das, was später kommt"

Was so ein Turnier in einer Karriere für eine Bedeutung haben kann, das können wohl besonders gut die Europameister von 2009 berichten, deren Karrieren nun langsam zu Ende gehen. Andreas Beck, 32, dessen Vertrag beim Absteiger Stuttgart nicht verlängert wird, kann sein Tor im Halbfinale gegen Italien nacherzählen, ohne eine Sekunde nachzudenken: "Der Ball kam aus dem Zentrum auf den Flügel, Seitenverlagerung. Ich hatte mega viel Platz, bin einfach draufgedribbelt an den Sechzehner. 20, 25 Meter vorm Tor habe ich abgezogen, ins lange Eck. Er geht flach rein." Deutschland gewann 1:0 und stand im Finale. Er sagt: "Das ist etwas, das bleibt."

Beck, neun A-Länderspiele, nennt die EM 2009 "sehr prägend, mit allem was dazugehört": viel Talent und Teamgeist, Steigerung nach einer schwachen Vorrunde bis zum herausragenden Finale. "Mit so einem Turnier macht man wichtige Erfahrungen für das, was später kommt. Dem Druck standzuhalten, K.-o.-Spiele zu haben. Das ist nicht nur in der A-Nationalmannschaft hilfreich", sagt er.

Der Teamgeist ist bei der U21 von 2019 offenbar bereits sehr ausgeprägt, die Spieler sprechen in jedem Interview davon, dass sie "gemeinsam den nächsten Schritt gehen" wollen, das ist der Slogan zum Turnier, zur Not schreibt der Verband ihn nachträglich in die Gespräche hinein. Dem Team fehlt, ähnlich wie in der A-Nationalelf, zurzeit ein klassischer Mittelstürmer, doch Flanken sollen ohnehin nicht das erste Mittel zum Erfolg sein. Trainer Kuntz nennt Serbien den Gruppenfavoriten, Österreich ist der Außenseiter. Die Gruppenersten und der Beste von drei Gruppenzweiten kommen ins Halbfinale. Als Turnierfavorit gilt Gastgeber Italien.

"Natürlich wollen wir den Titel gewinnen, klar", sagt Marco Richter, Angreifer beim FC Augsburg. Er lacht, wenn man ihn auf die Europameister von 2009 und ihre Karrieren anspricht, er kann dazu natürlich nicht allzu viel sagen. Er war damals elf Jahre alt.

Zur SZ-Startseite
Mats Hummels

Mats Hummels
:Gibt es die Rückkehr zum BVB?

Angeblich soll es konkrete Gespräche zwischen dem FC Bayern und Dortmund gegeben haben. Der BVB würde mit Hummels einen erfahrenen Abwehrchef zurückbekommen - aber auch ein paar seiner Schwächen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: