Auf dem imaginären Bingokärtchen des U21-Nationaltrainers Antonio Di Salvo bleiben in dieser Woche etliche Felder unmarkiert. Der Coach des ältesten deutschen Nachwuchsfußballteams muss vor jedem neuen Lehrgang erst mal schauen, wer zur Verfügung steht und bei wem er ein Kreuzchen machen kann. „Bingo!“, kann Di Salvo diese Woche nicht rufen, denn dazu fehlen zu viele.
Der Neu-Dortmunder Maximilian Beier bleibt von Bundestrainer Julian Nagelsmann in die A-Nationalmannschaft befördert, Youssoufa Moukoko und Paul Wanner wollen sich zunächst bei ihren neuen Klubs OGC Nizza und 1. FC Heidenheim integrieren. Verletzt fehlen der Freiburger Torwart Noah Atubolu, der Kieler Innenverteidiger Colin Kleine-Bekel, der hoch veranlagte und von Mainz nach Brighton gewechselte Flügelstürmer Brajan Gruda sowie der Salzburger Rechtsverteidiger Leandro Morgalla.
Bundestrainer Nagelsmann:Für die Nationalelf beginnt ein neuer Lebensabschnitt
Julian Nagelsmann überbringt bei seinem ersten Auftritt nach der EM brandneue Nachrichten: Kimmich wird Kapitän, Rüdiger und Havertz sind Stellvertreter – und ter Stegen ist als Nummer eins gesetzt. Das Mittelfeld wird in der Nations League zum Ort für Experimente.
Auf die Siegchancen im siebten von zehn EM-Qualifikationsspielen (Mittwoch, 18 Uhr, Pro7maxx) gegen Israel – das in einem Stadion ohne Zuschauer im ungarischen Györ nominell Gastgeber ist – haben die Ausfälle aber keine Auswirkungen. Als Tabellenführer seiner Sechsergruppe ist das deutsche Team (16 Punkte) gegen Schlusslicht Israel (null Punkte) trotzdem zum Gewinnen verpflichtet.
Im Juni 2023 hat die U21 eine schlechte EM gespielt und wurde in der Vorrunde mit nur einem Pünktchen Gruppenletzter. Hinterher erklärte Di Salvo, die Mannschaft habe wegen der hohen Fluktuation in der Qualifikationsphase nicht gut genug zusammenwachsen können. Mit dieser Erkenntnis formulierte er als Vorhaben für den neuen EM-Zyklus: „Wünschenswert wäre eine feste Achse aus Spielern, die immer dabei sind und die Mannschaft führen.“
Paul Wanner könnte auch für das österreichische Nationalteam spielen – Ralf Rangnick hätte nichts dagegen
Sein Vorhaben konnte Di Salvo in den ersten sechs Qualifikationsspielen (fünf Siege, ein Unentschieden) noch ganz gut umsetzen. Als häufigste Startspieler traten die Angreifer Moukoko (6 Einsätze in der Anfangself), Ansgar Knauff (5) und Gruda (4) an; im Mittelfeld Eric Martel (5), Maxi Beier (4), Merlin Röhl (4) und Rocco Reitz (3); in der Abwehr Kleine-Bekel (4), Morgalla (3), Nathaniel Brown (3) und Luca Netz (3) sowie im Tor Atubolu (4). Von diesen Zwölf, die ein Gerüst bilden, fehlen gegen Israel und am Dienstag in Tallinn gegen Estland sechs Spieler: Moukoko, Gruda, Beier, Kleine-Bekel, Morgalla und Atubolu. Di Salvo wird also erneut zur Fluktuation gezwungen. Die EM steht im Juni 2025 in der Slowakei an.
Paul Wanner wäre eine Alternative gewesen. Doch der 18 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler, vom FC Bayern nach Heidenheim ausgeliehen und prächtig in die neue Saison gestartet, will lieber daheim trainieren, um dort voranzukommen. Zunächst in Nizza gut ankommen will Moukoko, der in den sechs EM-Qualifikationsspielen für die U21 sechs Tore geschossen hat. Auf beide verzichtet Di Salvo nach persönlichen Gesprächen, weil gute Leistungen und viel Einsatzzeit im Verein die unabdingbare Grundlage für weitere Einsätze in der U21 sind.
Bei Wanner köchelt auch noch eine Debatte darüber, für welches Land er künftig spielen wird. Denn der Sohn eines deutschen Vaters und einer österreichischen Mutter wird auch vom Nachbarverband ÖFB und dessen deutschem Nationaltrainer Ralf Rangnick umworben. Bislang hat Wanner 18 Länderspiele für verschiedene deutsche Nachwuchsteams bestritten. „Zurzeit spielt er für Deutschland“, sagt Di Salvo, „alles andere zählt für mich erst mal nicht.“
Umso erleichterter ist Di Salvo über die Rückkehr des Dortmunders Karim Adeyemi, der zuletzt lieber beim BVB trainiert hatte, als für die U21 zu spielen. Di Salvo hatte das in diesem Fall dem Vernehmen nach nicht gerade goutiert. Ressentiments gibt es aber offenbar keine. „Karim freut sich, dass er wieder dabei ist“, sagt Di Salvo – „und nein, ich musste ihn nicht überreden.“