Junioren-Nationalspieler in Belgien:Unterm Radar in Westflandern

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Nick Bätzner spielt im Klub in Ostende - und im Nationalteam der deutschen U21. (Foto: Szilvia Micheller/Imago)

U21-Profi Nick Bätzner wechselte 2020 für mehr Spielzeit in die Fußballprovinz zum KV Ostende nach Belgien - und wurde dort genau wie sein Teamkollege Frederik Jäkel Nachwuchsspieler beim DFB.

Von Ulrich Hartmann

Der Zufall mit Paderborn hatte ja schon Antonio Di Salvo sehr gut gefallen. Sein Debüt als U21-Cheftrainer feierte er jüngst im Oktober ausgerechnet in seiner Heimatstadt. Auch für den Fußballer Nick Bätzner gibt es an diesem Freitag in Aspach, auf halbem Weg zwischen Stuttgart und Heilbronn, solch ein Heimatspiel. Vielleicht darf der 21-Jährige sogar erstmals von Beginn an auflaufen und die Nationalhymne live vor der Fernsehkamera auf dem Platz mitsingen. Bätzners Eltern fahren aus dem benachbarten Städtchen Steinheim bloß eine Viertelstunde, um ihren Sohn im Nationaltrikot zu sehen. Normalerweise sind sie nach Ostende an der belgischen Nordseeküste stundenlang zu ihm unterwegs.

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Es ist eine schöne Ironie, dass der Schwabe Bätzner im Sommer 2020 den VfB Stuttgart verlassen hat, weil er sich beim KV Ostende mehr Einsätze versprach - und dass er nun genau deshalb als Junioren-Nationalspieler zum EM-Qualifikationsspiel gegen Polen (Freitag, 18.15 Uhr, Pro7maxx) in seine Heimat zurückkehrt. "Ich habe mich letztes Jahr bewusst für Ostende entschieden, weil ich dort die bessere Perspektive für meine Entwicklung gesehen habe", sagt er, "und im Rückblick würde ich sagen: Es war die richtige Entscheidung."

In Ostende ist er Teil eines deutschen Quartetts, das maßgeblich mitverantwortlich ist für den sportlichen Aufschwung des örtlichen Erstligisten: der Trainer Alexander Blessin, der Torwart-Trainer Eberhard Trautner, der Innenverteidiger Frederik Jäkel und Bätzner als offensiver Mittelfeldmann. Den Ursprung dieser deutschen Grüppchenbildung in Westflandern darf man getrost auf den 24. Mai 2019 im Karl-Liebknecht-Stadion von Potsdam datieren. Als dort an jenem Tag die A-Jugend-Mannschaften vom VfB Stuttgart und von RB Leipzig den U19-DFB-Pokalsieger ausspielten, stand Bätzner im VfB-Trikot dem Leipziger Jäkel und dem RB-Trainer Blessin gegenüber. Bätzner und Stuttgart gewannen 2:1. Dem gegnerischen Trainer blieb er im Gedächtnis.

Bätzner im Trikot von KV Oostende mit Alexander Blessin, seinem Klubtrainer. (Foto: Jan De Meuleneir/Imago)

Blessin wurde ein Jahr später Trainer beim KV Ostende. Er verpflichtete Bätzner vom VfB und lieh seinen ehemaligen A-Jugend-Spieler Jäkel für zwei Jahre aus. Mit aggressivem Pressing-Fußball aus der RB-Schule (Blessin war acht Jahre Trainer im Leipziger Nachwuchsbereich) führte er die graue belgische Maus Ostende gleich in der ersten Saison auf den fünften Platz der Jupiler-Pro-League und um ein Haar in den Europapokal. Dafür wurde er in Belgien als "Trainer des Jahres" ausgezeichnet.

Die positive Resonanz auch für seine Spieler Bätzner und Jäkel ließ nicht lange auf sich warten. Im Oktober nominierte der neue U21-Cheftrainer Di Salvo beide für zwei EM-Qualifikationsspiele, im zweiten in Szeged wurde Bätzner eingewechselt. "Schon die Nominierung kam für mich überraschend", sagt er, "denn ich hatte mich in Belgien so ein bisschen unter dem Radar gefühlt; mir war überhaupt nicht bewusst, dass ich dort beobachtet werde."

Mannschaftskollege Frederik Jäkel ist diesmal für die U20 nominiert

Die Nachwuchstrainer vom Deutschen Fußball-Bund aber haben ihre Augen natürlich überall, erst recht dort, wo zwei deutsche Trainer und zwei junge deutsche Spieler für Furore sorgen. Bätzner ist für die Spiele gegen Polen und am Dienstag in Ingolstadt gegen San Marino wieder zur U21 eingeladen worden. Jäkel, 20, spielt diesmal mit der U20 vom Trainer Christian Wörns an diesem Donnerstag in Frankreich und am Montag in Portugal.

Manchmal muss man also von daheim fortgehen, um voranzukommen. Bätzner hat's nicht bereut, zumal man in Ostende ganz gut leben kann. Das Stadion ist nah am Strand. "Wenn wir frei haben, trinken wir gerne mal Kaffee an der Promenade und schauen den Windsurfern zu oder wir fahren nach Brügge", erzählt Bätzner. Er reife in der Fremde auch persönlich, sagt er, "dadurch, dass ich allein wohne und wir im Team nur Englisch sprechen". Die Erweiterung des Horizonts hilft tatsächlich auch beim Sport.

Im Moment kämpft Ostende so ein bisschen um den Anschluss an die obere Tabellenhälfte. Am vergangenen Freitag unterlag man in Leuven 0:1. Bätzner und Jäkel standen beide in der Startelf, sie bekommen viel Spielzeit und haben sich zu Stammkräften gemausert. Auf eine Rückkehr nach Deutschland schielt Bätzner aber offenbar noch nicht. Sein Vertrag in Ostende gilt bis 2023. "Für mich ist im Moment am wichtigsten, dass ich regelmäßig auf dem Platz stehe", sagt er. Und das sei in Ostende eben der Fall. Für eine mögliche Rückkehr zu einem deutschen Klub könnten sich seine Einsätze in der U21 lohnen. Als Junioren-Nationalspieler ist man auf dem Radar so ziemlich jedes Scouts.

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