U19 des DFB im EM-Finale:Deutschlands prall gefüllter Talentschuppen

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U19 des DFB im EM-Finale: Davie Selke und Marc Stendera: Beide glänzten beim 4:0 gegen Österreich.

Davie Selke und Marc Stendera: Beide glänzten beim 4:0 gegen Österreich.

(Foto: AFP)

Reife Taktik, bemerkenswerter Erfolg: Die deutschen U19-Fußballer glänzen bei der EM in Ungarn mit einer Spielidee, die arg an Löws Weltmeister erinnert. Unter den vielen Talenten tummeln sich Kandidaten für höhere Aufgaben.

Von Jonas Beckenkamp

Sollte die Nachwelt in einigen Jahren zurückblicken und sich wundern, wer damals eigentlich dabei war - es kämen nur wenige Zeugen in Betracht, die man befragen könnte. Gerade einmal 1150 Menschen hatten sich in Budapest ins Ferenc-Szusza-Stadion verirrt, um das Halbfinale der U19-EM zwischen Deutschland und Österreich anzuschauen. Dabei gab es durchaus einiges zu sehen. Internationale Nachwuchsturniere sind bekanntlich etwas für Liebhaber gewagter Prognosen, für Entdecker und Experten.

Wer an diesem Abend also genau hinschaute, erlebte vermutlich ein paar gestandene Nationalspieler von morgen. Die deutschen Junioren vollbrachten mit ihrem 4:0 (2:0) gegen Österreich das, was Joachim Löws große Jungs vor drei Wochen an anderer Stelle erreicht hatten: Sie kombinierten sich locker in ein Finale. Nach dem dritten Finaleinzug bei einer U19-Europameisterschaft lagen sich die deutschen Junioren in den Armen, sie können für den DFB nun den zweiten EM-Titel nach 2008 in dieser Altersklasse erlangen.

Die seit 16 Spielen unbesiegte Mannschaft von Trainer Marcus Sorg fordert im Endspiel am Donnerstag (19 Uhr, SZ-Liveticker) den Nachwuchs aus Portugal heraus. "Das hat die Mannschaft großartig gemacht. Den Einzug ins Finale hat sie sich verdient", sagte Sorg, der noch am Spielfeldrand telefonisch Gratulationen von Präsident Wolfgang Niersbach entgegennahm. Der DFB-Chef hat sich für das Finale angekündigt, was allein deswegen begrüßenswert ist, weil dann schon ein Zuschauer mehr dabei ist.

So flott, zielstrebig und taktisch reif hatte man DFB-Fußballer zuletzt beim 7:1 gegen Brasilien agieren sehen. Dort ragten Kroos, Khedira oder Schürrle heraus. In Budapest trugen die Besten Namen wie Davie Selke (er traf zur Führung und bereitete das 2:0 vor), Marc Stendera (ein Tor, zwei Vorlagen), Levin Öztunali (dem Enkel von Uwe Seeler gelang das 3:0) oder Hany Mukhtar (schoss das 4:0).

Kreuzung aus Müller und Klose

Da ist zum Beispiel der Bremer Selke. Der 19-Jährige Schlaks hat bereits sechs Tore im Turnier geschossen. Er wirkt ballsicher und manchmal sogar elegant, als hätten sich in ihm die Talente von Thomas Müller und Marco Reus vereint. Ein sogenannter echter Neuner ist er obendrauf. Um diese mittlerweile seltene Fußballer-Spezies ist das Gerangel in Deutschland so groß, dass sie bei Werder dem Vernehmen nach bald eine zünftige Aufbesserung seines Vertrages bis 2015 in die Wege leiten werden.

Da ist Stendera, ein kleiner Offensivwirbler, dessen Bewegungsgabe und Schusstechnik einen Hauch von Götze versprühen. Seinen Treffer zum 2:0 werden sie bei seinem Heimatverein Eintracht Frankfurt beglückt verfolgt haben: geschickte Ballannahme, zwei Haken, wuchtiger Rechtsschuss ins Eck.

Die Bundesliga hat diesen jungen Mann bereits kennengelernt: Vor etwas mehr als einem Jahr debütierte er mit 17 Jahren gegen die Bayern, ehe er sich im folgenden Sommer einen Kreuzbandriss zuzog. Von Nachwirkungen dieser Verletzung ist nicht mehr viel zu sehen. Stendera piesackte die Österreicher mit feinen Pässen, Übersicht und enger Ballführung.

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