TV-Rechte:Rummenigge auf geheimer Mission

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Die Solidarität in der Liga sei wichtig, aber der Grad der Solidarität gehe ihm zu weit - daraus machte Bayerns Klubboss Karl-Heinz Rummenigge zuletzt keinen Hehl.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Bayerns Klubboss Karl-Heinz Rummenigge spricht im Kampf um die Bundesliga-Fernsehrechte beim Bundeskartellamt vor.
  • Er will eine eigenständigere Vermarktung durch die Klubs.
  • Im Moment profitieren kleinere Vereine von der Vermarktung in Deutschland.

Von Caspar Busse

Eine stille Seitenstraße, zum Rhein sind es nur ein paar Schritte: Das Bundeskartellamt hat in Bonn eine ausgesprochen idyllische Lage - hier wurde früher große Politik gemacht. Bis zum Regierungsumzug nach Berlin residierte in den Gebäuden das Bundespräsidialamt - Staatsgäste gingen ein und aus.

Vor gut drei Wochen kam mal wieder hoher Besuch: Karl-Heinz Rummenigge, 60, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG, sprach zusammen mit einem Anwalt bei der Kartellbehörde vor. Die Wettbewerbshüter befassen sich derzeit mit dem Vergabeverfahren der Fernsehrechte für die Fußballbundesliga. Es ist ein Fall für die Behörde, denn die Vereine vergeben über die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Rechte gemeinsam, unter Umgehung des Wettbewerbs. Eine Prüfung ist notwendig.

Rummenigges Visite ist durchaus brisant. Nach SZ-Informationen hat er bei den Wettbewerbshütern erneut für sein Anliegen geworben - eine eigenständigere Vermarktung der Rechte durch die Vereine. "Es wurde diskutiert, was für den FC Bayern möglich ist", heißt es.

Mehr Wettbewerb - und mehr Geld für den FC Bayern

Der Bayern-Chef habe nicht die Abschaffung der bestehenden Zentralvermarktung gefordert, es sei aber über die Rechtslage gesprochen worden. Denkbar seien etwa mehr Freiheiten bei der Vermarktung außerhalb Deutschlands oder im Internet. Das Kartellamt teilt dazu lediglich mit: "Im Laufe der Prüfung werden auch Gespräche mit einzelnen Marktteilnehmern geführt."

Die Solidarität in der Liga sei wichtig, aber der Grad der Solidarität gehe ihm zu weit, daraus machte Rummenigge zuletzt keinen Hehl. Die Bayern erhalten derzeit jährlich gut 50 Millionen Euro aus dem Verkauf der Fernsehrechte und damit deutlich weniger als etwa die britischen oder spanischen Spitzenvereine. Der Grund ist die Zentralvermarktung in Deutschland, ein Art Solidarmodell. Danach vergibt die DFL die Rechte, die TV-Einnahmen fließen alle in einen großen Topf und werden dann nach einem bestimmte Schlüssel wieder an die Vereine ausgeschüttet.

Die Folge: Die großen, erfolgreichen Klubs erhalten weniger, die kleinen mehr. Schon im Sommer hatte Rummenigge sein Missfallen an dieser Praktik deutlich gemacht. "Würden wir unsere TV-Rechte selbst vermarkten, könnten wir mit 200 Millionen Euro glatt das Vierfache unserer heutigen Erlöse erzielen", sagte er damals dem Manager Magazin.

Der Bayern-Chef schlug eine eigenständige Vermarktung durch jeden Klub in Verbindung mit einem Solidarfonds für kleinere Vereine vor. Dort sollen große Klubs 50 Prozent ihrer Fernseherlöse einzahlen: "Mit diesem Modell könnte sich die Bundesliga besserstellen - inklusive der kleineren Vereine." Mehr Wettbewerb und letztlich mehr Geld für den FC Bayern, das ist sein Ziel. Vielleicht hofft er darauf, dass sein Modell mit Hilfe der Kartellwächter eine Chance hat.

Kleinere Vereine wollen eine zentrale Vermarktung

Gerade die kleineren und ärmeren Vereine, besonders aus der zweiten Liga, aber auch DFL-Chef Christian Seifert wollen an der Zentralvermarktung eisern festhalten. Denn diese garantiere Solidarität und damit auch eine spannende Liga, heißt es. Auf der anderen Seite ziehen die Klubs von der Insel oder aus Spanien weiter davon. In Großbritannien wurde zuletzt ein neuer Fernsehvertrag geschlossen, der den Vereinen mehr als 2,3 Milliarden Euro im Jahr einbringt.

Schon jetzt bieten britische Klubs sehr hohe Summen für Bundesliga-Spieler. "Man hat schon im letzten Sommer gesehen, was da aus England an Summen geboten wird. Das wird natürlich noch mal geballt im nächsten Sommer auf die Bundesliga zukommen, weil es dann noch mal mehr wird", sagte Rummenigge vor einigen Wochen.

In Deutschland liegen die gesamten TV-Einnahmen derzeit bei etwa 500 Millionen Euro. Es wäre schon ein Erfolg, wenn der nächste Vertrag der DFL bei über einer Milliarde Euro im Jahr liegen würde. Derzeit kommt der größte Anteil vom Bezahlsender Sky, der alle Spiele live zeigen kann, außerdem von den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD ("Sportschau") und ZDF ("Das aktuelle Sportstudio") sowie weiteren Rechteinhabern.

Fernsehrechte, Sponsoring und Merchandising - das sind die großen Einnahmequellen

Die FC Bayern München AG ist schon jetzt der auch wirtschaftlich erfolgreichste Verein in Deutschland. An diesem Freitag findet in München die Hauptversammlung statt. Die Zahlen dürften - wieder einmal - gut ausfallen. Der Umsatz wird wohl wieder bei etwa einer halben Milliarde Euro liegen, bei anhaltend hohem Gewinn. Adidas, Audi und Allianz halten derzeit je 8,3 Prozent an der AG, Wirtschaftsvertreter sitzen im Aufsichtsrat, wie Tim Höttges (Deutsche Telekom), Rupert Stadler (Audi) oder Werner Zedelius (Allianz).

Die Fußballvereine haben derzeit generell drei große Einnahmequellen für die Klubs: Fernsehrechte, Sponsoring und Merchandising. Bei den letzteren beiden ist Bayern nicht weit von Vereinen wie FC Barcelona, Real Madrid, Manchester United oder FC Chelsea entfernt. Den großen Unterschied machen aber die Fernseheinnahmen. "Von den sogenannten Big Five sind wir mit Abstand Letzter bei den TV-Einnahmen", so Rummenigge zuletzt.

Die Unruhe unter den Vereinen ist ohnehin groß: Gerade erst hat Andreas Rettig, Geschäftsführer beim Hamburger Traditionsverein FC St. Pauli, vorgeschlagen, einige von der Verteilung der Fernsehgelder auszuschließen, und zwar diejenigen, die nicht mehrheitlich in Besitz von Vereinen sind, also der VfL Wolfsburg, der zu 100 Prozent zu VW gehört, 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen und möglicherweise Hannover 96. Ein Aufschrei war die Folge.

Rummenigge jedoch begrüßte Anfang dieser Woche den Rettig-Vorschlag. Er seit froh, dass eine Diskussion angestoßen wurde. Die Bundesliga müsse "speziell in der Spitze international wettbewerbsfähig" bleiben. Der Bayern-Chef erwartet nun eine "spannende" Diskussion bei der DFL-Mitgliederversammlung am 2. Dezember in Frankfurt. Dann treffen sich Vertreter der 36 Vereine der ersten und zweiten Liga. Sein Besuch in Bonn könnte jedenfalls für zusätzlichen Gesprächsstoff sorgen.

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