TV GroßwallstadtDopingverdacht gegen den Handball-Influencer

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Führungsspieler, Abwehrchef und bester Torschütze: Nils Kretschmer (li.) bringt den TV Großwallstadt mit seiner Suspendierung wegen Dopingverdachts in arge Nöte.
Führungsspieler, Abwehrchef und bester Torschütze: Nils Kretschmer (li.) bringt den TV Großwallstadt mit seiner Suspendierung wegen Dopingverdachts in arge Nöte. (Foto: pmk/Imago)

Handball-Zweitligist TV Großwallstadt erlebt schwere Zeiten, jetzt fehlt dem Traditionsverein auch noch der Kapitän: Nils Kretschmer droht wegen Dopingverdachts eine lange Sperre.

Von Ralf Tögel

Es hätte ein Handballfest werden sollen für den Traditionsklub TV Großwallstadt. Für das Derby in der 2. Bundesliga gegen den TV Hüttenberg waren die Unterfranken extra in die Süwag Energie Arena in der etwa 50 Kilometer entfernten Main-Metropole Frankfurt umgezogen. 4045 Zuschauer bildeten einen würdigen Rahmen, die letztlich klare 27:32-Niederlage dagegen war ein weiterer Stimmungsdämpfer für den ehemaligen Europapokalsieger.

Der musste schon eine ganze Reihe an Tiefschlägen in diesem Jahr wegstecken: Eigentlich sollte diese Saison den Weg bereiten, endlich wieder seriös in Richtung erste Liga blicken zu können. Im kommenden Jahr feiert der Klub sein 100-jähriges Bestehen, idealerweise mit realistischen Aufstiegsambitionen. Doch die Saison lief von Beginn an nicht nach Wunsch. Erst wurde Trainer Michael Roth im Oktober durch André Lohrbach ersetzt, dann fehlten immer wieder wichtige Spieler verletzt, statt einer Saison mit Blick nach oben steckt der TVG nun mitten im Abstiegskampf.

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Den jüngsten Rückschlag gab es vor ein paar Tagen, als der Dopingverdacht gegen TVG-Rückraumspieler Nils Kretschmer öffentlich wurde. Der wurde nach dem Heimspiel gegen Ludwigshafen am 29. September durch ein „von der Norm abweichendes Analyseergebnis“ auffällig. Dabei soll es sich um das Sexualhormon Testosteron gehandelt haben, das die Regeneration sowie den Zuwachs an Muskelmasse und Muskelkraft fördert. Die Handball-Bundesliga (HBL) hat den Großwallstädter gemäß ihren Statuten nun suspendiert, der 31-Jährige darf bis auf Weiteres weder an Trainingsmaßnahmen noch an Spielen teilnehmen.

Der als Handball-Influencer bekannte Kretschmer hat mehr Follower als der DHB

Dabei sollte Kretschmer den TVG in bessere Zeiten führen. Der gebürtige Lübecker war Junioren-Nationalspieler und unter anderem für die Rhein-Neckar Löwen in der Bundesliga aktiv, mit denen er den EHF-Pokal gewann. In der Saison 2013/14 trug er bereits einmal das Trikot der Großwallstädter, zuletzt war er beim ambitionierten Zweitligisten HC Elbflorenz in Dresden angestellt, ehe er vor dieser Saison ein dreijähriges Arbeitspapier beim TVG unterschrieb. Der Zugang war nicht nur Kapitän, er war im linken Rückraum auch bester Torschütze und Abwehrchef der Unterfranken, Kretschmer sollte mit seiner Erfahrung vorangehen und den jungen Spielern Vorbild sein.

Das ist vorerst auf Eis gelegt, mit der Suspendierung hat Kretschmer seinen Verein in arge Nöte gestürzt. Großwallstadt fehlt schlagartig der wichtigste Akteur, Ersatz zu finden, was der TVG bereits nach Aussage von Geschäftsführer Stefan Wüst versucht, dürfte alles andere als einfach werden. Dem Team fehlt nun sein bester Akteur, dem Verein sein bekanntestes Gesicht: Der als Handball-Influencer bekannte Kretschmer hat viel Aufmerksamkeit generiert, mit etwa 420 000 Followern auf Instagram hat er mehr als der Deutsche Handballbund (350 000). Kretschmer weiß sich selbst und seinen stark tätowierten und muskelbepackten Körper in Szene zu setzen, er postet regelmäßig Videos, in denen er hinter die Kulissen blickt oder Mode präsentiert.

Es gilt die Unschuldsvermutung, wird ihm aber Doping nachgewiesen, droht Kretschmer eine Sperre von maximal vier Jahren. Neben dem sportlichen Verfahren nach der positiven A-Probe ermittelt auch die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Antidopinggesetz, seine Wohnung wurde bereits durchsucht. Kretschmer selbst möchte sich auf Anraten seines Anwalts nicht äußern, der aber mitteilt: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aus Respekt vor den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, mit der unser Mandant in vollem Umfange kooperiert, derzeit nicht zu Details äußern wollen.“

Es wäre nicht der erste Handball-Dopingfall in diesem Jahr. Magdeburgs Torhüter Nikola Portner war Anfang April positiv auf Crystal Meth getestet worden, wurde nach einer Suspendierung aber freigesprochen, weil die HBL von einer unverschuldeten Kontamination ausging.

Wenigstens eine gute Nachricht brachte der Sonntag dann doch: Großwallstadts Kreisläufer Lars Röller feierte nach seiner schweren Augenverletzung sein Comeback.

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