Turnen:Rücktritte im US-Verband

Nach dem Urteil im Missbrauchsskandal gegen den früheren US-Teamarzt der Frauen, Larry Nassar, hält die Rücktrittswelle im amerikanischen Turnverband an. Unabhängige Juristen sollen den Missbrauchsskandal untersuchen.

Nach dem Urteil im Missbrauchsskandal gegen den früheren US-Teamarzt der Frauen, Larry Nassar, hält die Rücktrittswelle im amerikanischen Turnverband an. Am Wochenende ist der Cheftrainer des US-Frauenteams, Valeri Liukin, von seinem Amt zurückgetreten.

Liukin hatte den Posten erst vor 18 Monaten von seiner Vorgängerin Martha Karolyi übernommen. Er wolle behilflich sein, eine Wende im Verband herbeizuführen, sagt der 51-Jährige, aber "das gegenwärtige Klima" verursache ihm und seiner Familie "zu viel Stress, Schwierigkeiten und Unsicherheit". Liukin war 1988 Doppelolympiasieger für die Sowjetunion.

Nur wenige Tage vor Liukins Rückzug war der komplette Vorstand des Verbandes USA Gymnastics auf Druck des Nationalen Olympischen Komitees zurückgetreten. Der Sport-Dachverband kündigte am Freitag an, dass er unabhängige Juristen einsetzen will, die untersuchen sollen, wie es möglich war, dass der Mannschaftsarzt Nasser jahrzehntelang junge Turnerinnen missbrauchte. Nasser ist kürzlich zu 175 Jahren Haftstrafe verurteilt worden, nachdem 156 Turnerinnen gegen ihn ausgesagt und vor Gericht, zum Teil unter Tränen, die Vertuschungen durch den Verband USAG aufgedeckt hatten. Zu jenen, die den Mut fanden, sich öffentlich zu äußern, gehörten auch die Olympiasiegerinnen Alexandra Raisman, McKayla Maroney und Simone Biles.

Auch für die Michigan State University, an der Nassar jahrzehntelang tätig war, blieb der Skandal nicht folgenlos. Die Präsidentin und der Sportdirektor räumten ihre Posten. Wegen der erschütternden Erkenntnisse im Verfahren waren auch der Hauptsponsor und weitere Geldgeber von ihren Engagements zurückgetreten.

Wie am Wochenende durch einen Bericht der New York Times bekannt wurde, soll das FBI schon länger als ein Jahr von den Missbrauchsvorwürfen gegen Nassar gewusst haben, bevor der Fall öffentlich wurde. Opfer Nassars werfen der US-Sicherheitsbehörde vor, zu zögerlich vorgegangen zu sein und auf diese Weise weitere Übergriffe nicht verhindert zu haben. In dem Zeitraum zwischen dem Beginn der Ermittlungen im Juli 2015 und dem Bekanntwerden der Vorwürfe im September 2016 sind laut Recherchen der Zeitung mindestens vierzig Mädchen und Frauen von Nassar missbraucht worden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: