Andreas Toba im TurnenDer „Hero“ weint – und turnt noch mal zu Silber

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Noch einmal ein großer Moment als aktiver Turner: Andreas Toba beendete in Leipzig seine Karriere mit einem Erfolg.
Noch einmal ein großer Moment als aktiver Turner: Andreas Toba beendete in Leipzig seine Karriere mit einem Erfolg. (Foto: Marijan Murat/dpa)
  • Der Turner Andreas Toba beendet bei der EM in Leipzig seine internationale Karriere mit einer Silbermedaille am Reck.
  • Toba wurde 2016 als "Hero de Janeiro" bekannt, weil er trotz eines Kreuzbandrisses bei Olympia für die Mannschaft weiterturnte.
  • Neben Tobas Abschied feiern die deutschen Turner weitere Erfolge: Nils Dunkel wird Europameister am Barren, Karina Schönmaier gewinnt Gold im Sprung.
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Turner Andreas Toba feiert in Leipzig einen emotionalen Abschied: Mit EM-Silber am Reck gelingt ihm ein perfekter Abschluss. Bejubelt wird er in Leipzig nicht nur für seine Medaille, sondern auch für seinen Mannschaftsgeist bei Olympia 2016 in Rio.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Schon auf dem Weg zum Training am Morgen liefen die Tränen. Auf der Anreise zur Halle am Nachmittag auch, den ganzen Tag über hat Andreas Toba geweint. 30 Jahre lang hat er sein Leben dem Turnen gewidmet, und einer, der so emotional ist wie er, nimmt natürlich auch gefühlvoll Abschied. Wie viele Liter Wasser er an dem Tag verloren hatte, wisse er selbst nicht, sagte Toba, aber entscheidend war auch etwas anderes. Beim letzten internationalen Auftritt, dem EM-Finale am Reck, da blieben die Augen des Sportlers für ein paar Momente trocken. „Wenn ich ans Gerät gehe, bin ich leer und vollautomatisiert im Wettkampf“, sagte Toba.

Schon nach der geglückten Landung sank er dann kurz in die Knie, die Hände vor dem Gesicht. Da war die Erkenntnis in seinen Körper gesackt: Mit dem Turnen auf der großen Bühne ist für ihn jetzt Schluss. Aber auch eine andere: Er konnte noch einmal alles aus seinem Talent und dem eigenen Körper herausholen.

Olympia
:Toba turnt trotz Kreuzbandriss

Der deutsche Mehrkampfmeister verletzt sich in Rio schwer - und setzt den Wettkampf trotzdem fort. Danach bricht er in Tränen aus.

Und dann stand Andreas Toba, 34 Jahre alt, tatsächlich noch einmal bei einer Siegerehrung, schnappte sich nach EM-Silber 2021 erneut den zweiten Rang am Reck. Sich mit dieser Medaille von der großen Bühne zu verabschieden, besser hätte er sich das selbst gar nicht ausdenken können, sagte Toba, „das war die beste Übung, glaube ich, in meinem Leben“. Da standen ihm die Tränen immer noch – oder schon wieder – in den Augen. Auch von der langen Ehrenrunde in der Halle, den ganzen Fans, die ihm noch einmal zujubelten. Und das taten sie nicht nur wegen seiner Medaille.

Denn der Moment, der Andreas Toba berühmt machte, hatte weniger mit kraftvollen Sprüngen, akkuraten Drehungen und perfekten Landungen zu tun als mit seinem Charakter. Toba sorgte für einen der einprägsamsten Momente im Turnen bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, sein Auftritt ging damals um die Welt: Im Mehrkampf mit der Mannschaft verletzte er sich bei der Landung der Bodenübung schwer, das Kreuzband war gerissen. Doch aufhören wollte der Turner nicht. So humpelte er trotzdem zum Pauschenpferd, mit Tränen in den Augen. Und turnte dort so gut, dass die deutsche Mannschaft noch ins Finale einzog. „Ich wollte es mir nicht mein ganzes Leben vorhalten, dass es nicht für ein Mannschaftsfinale gereicht hat“, erklärte Toba später, „ich musste Punkte bringen und wollte nicht, dass es an mir liegt, dass wir ausscheiden.“ Nach seiner Übung brach er in Tränen aus, es war ja klar: Das Finale würde er nicht mitturnen können. Sein Team wurde schließlich im Endkampf Siebter.

Der Entschluss, nun aufzuhören, hat Toba einiges abverlangt

Und für Toba war ein neuer Spitzname geboren, er ging fortan als „Hero de Janeiro“ durchs Leben, ihm wurde eine Aufmerksamkeit zuteil wie nie zuvor. Als Held wollte sich der Turner selber aber nicht sehen. „Für mich ist derjenige ein Held, der andere Menschen rettet. Ärzte sind Helden“, sagte er später.

Die Zeit nach Rio war für Toba ein langer Weg zurück in seinen Sport, immer wieder warfen ihn Verletzungen zurück, immer wieder musste er sich am Knie operieren lassen. Seine Beine hätten zeitweise ausgesehen wie Salzstangen, hat Toba mal gesagt, dünn statt muskulös. Eine schwierige Zeit für den Turner, dem es nicht immer leicht fiel, sich zum Weitermachen zu motivieren. Doch sein Durchhaltevermögen wurde belohnt. Dass er 2019 im Mehrkampf zum ersten Mal nach seinem Kreuzbandriss wieder Deutscher Meister wurde, gehört noch heute zu seinen schönsten Erinnerungen, sagte Toba in Leipzig: „Das hatte mir eigentlich niemand mehr so richtig zugetraut.“

Der Entschluss, nun aufzuhören, hat Toba einiges abverlangt, leicht fiel er ihm nicht. „Das Kitzeln ist sehr groß, aber der Körper spricht seine eigene Sprache“, sagte er nach seinem letzten Triumph in Leipzig.

Schon Tobas Vater Marius war erfolgreicher Turner, vor allem die Vielseitigkeit hat den Sohn als Athleten ausgezeichnet. Aber nicht nur sportlich werde er eine „Riesenlücke“ im Team hinterlassen, sagte Bundestrainer Jens Milbradt, sondern auch in Bezug auf die „Professionalität in jedem Training, von der Vorbereitung auf jedes Training, von der Einsatzbereitschaft, von der Disziplin und von dem Teamspirit, den er mitbringt“. Die Lücke ist bei der EM zumindest ein bisschen geschrumpft: Nils Dunkel wurde überraschend Europameister am Barren, Teamkollege Timo Eder holte Bronze. Dunkel konnte seinen Erfolg kaum fassen, als bisher letzter Deutscher hatte Marcel Nguyen 2012 an diesem Gerät EM-Gold geholt. „Ich bin noch dabei, das zu realisieren“, sagte der 28-Jährige nach der Siegerehrung, da hing schon die Medaille um seinen Hals. Und auch die Goldmedaille für Karina Schönmaier im Sprung führte bei den Frauen zusammen mit Silber aus dem Teamwettbewerb zu glänzenden Momenten. Dazu kam noch Gold im neuen Mixed-Wettkampf.

„Selbst die Niederlagen und die Schmerzen haben den Wert gehabt, den sie haben sollten“, sagt Toba

Ein Spektakel also, das Toba demnächst fehlen wird. Seine internationale Karriere hat er bis zum letzten Tag ausgekostet: Ab Juni ist er Landestrainer in Hannover, schon am Montag geht es in die Halle. „Darauf freue ich mich“, sagte Toba, zu viel Pause will er jetzt lieber nicht haben, „sonst will ich nur selbst wieder turnen.“ Das will er höchstens noch in der Bundesliga tun, wenn der neue Job es zulässt.

Und so wurde auch klar, dass es noch Zeit brauchen wird, den Abschied zu verarbeiten. „Turnen ist mein Leben gewesen“, sagte Toba, „und am Ende meiner Karriere kann ich sagen, selbst die Niederlagen und die Schmerzen haben den Wert gehabt, den sie haben sollten.“ Versöhnlicher konnte er nicht abtreten.

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