Turnen:Abgerutscht

Pauline Schäfer verpasst nach einem Sturz am Schwebebalken eine Medaille bei der EM. Für die deutschen Turnerinnen endet so eine unerfreuliche Reise nach Glasgow.

Von Volker Kreisl, Glasgow

Das Gesicht war konzentriert wie immer. Pauline Schäfer ist erst 21, aber sie hat beim Turnen und in den Sekunden danach längst diese Fähigkeit, keine Gefühle zu zeigen, dann schaut sie ernst und ungerührt, egal, ob sie gerade Weltmeisterin wurde oder ob sie ihre Schwebebalkenübung verpatzt hatte. Am Sonntagnachmittag im Finale der Europameisterschaft in Glasgow hatte sie ihre Übung verpatzt.

Es war für die Abordnung der deutschen Turnerinnen der letzte Teil und zugleich der Höhepunkt einer Glasgow-Reise, die mit dem Verpassen des Teamfinales schon zu Beginn eine erste Enttäuschung brachte. Am Sonntag aber bestand die Möglichkeit, mit Erfolgen an drei Einzelgeräten den Ärger beiseite zu schieben. Die Nachwuchsturnerin Sarah Voss, 18, und die sehr erfahrene Allrounderin Kim Bui, 29, hatten die ersten Chancen dazu. Voss deutete ihr Sprungtalent wieder einmal an und wurde überraschend Vierte, Bui dagegen hoffte durchaus berechtigt auf Bronze am Stufenbarren und wurde daher etwas enttäuschend Vierte. Die größten Erwartungen aber lagen natürlich auf Schäfer, der Weltmeisterin am Schwebebalken.

Sie war gewohnt sicher hinauf gesprungen und hatte mit den ersten Rädern, Pirouetten und Spagatsprüngen keine Probleme. Warum sie dann bei der Landung nach ihrem selbstkreierten Salto mit halber Drehung vom Balken rutschte und auf der Matte stand, dafür gibt es nun diverse Gründe. Vermutlich, sagt Schäfer, war es die Hektik, die sie überkommen hatte und die anders als sonst nicht verflog. Möglich auch, dass der Rücken noch etwas zwickte, und ganz vielleicht war es auch der Wasserfleck auf dem Balken, der ihr Tape am Fuß rutschig machte ... aber, ach, was soll's, sagte sie: "Wahrscheinlich lag's daran nicht."

Ein Abrutscher zählt als Sturz, und mit einem Sturz ist man raus. Gewonnen hat Sanne Wewers aus den Niederlanden. Schäfer, die längst wieder auch schmunzelte, sagte, sie mache nun ein paar Tage Urlaub, kehre dann zurück ins Training, und startet die Vorbereitung auf die WM Ende Oktober in Katar, mit einer banalen aber doch erst mal ernüchternden Erkenntnis: "Auch Weltmeister machen Fehler." vk

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