Süddeutsche Zeitung

Turmspringen:Medaillenlos und unter Schmerzen

Deutscher Wasserspringer kämpft sich im Turmspringen mit ausgekugelter Schulter auf Rang acht. Fünfkämpfer Steffen Gebhardt verpasst die Überraschung knapp. Bei der Fußball-Siegerehrung kommt es zu einem Eklat und Michael Vesper macht Nadja Drygalla Hoffnung auf eine Fortsetzung ihrer Ruderkarriere.

in Kürze

Turmspringen der Männer: Sascha Klein und Martin Wolfram haben den deutschen Wasserspringern nicht das ersehnte Edelmetall gebracht. Olympia-Debütant Wolfram schlug sich als Achter mit 506,65 Zählern trotz Schulterbeschwerden wacker. Der Dresdner Wolfram fasste sich wiederholt mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Schulter, fuhr aber immerhin das zweitbeste Punkte-Ergebnis der Karriere ein. Er hatte sich die Schulter ausgekugelt. Das berichtete Bundestrainer Lutz Buschkow kurz nach dem Wettkampf. Der Springer sei auf dem Weg in die Klinik im olympischen Dorf, es gehe ihm aber schon wieder besser. "Er war schon unter Lachgas gesetzt und hat geschmunzelt", sagte Buschkow.

Der WM-Dritte Klein musste sich an einem schlechten Tag mit dem zehnten Platz und 496,30 Punkten begnügen. In der wohl spannendsten Olympia-Entscheidung vom Turm holte sich der WM-Zweite David Boudia (USA) den Sieg. Der von Sprung-Legende Greg Louganis betreute Amerikaner kam auf 568,65 Punkte und verwies Chinas Weltmeister Qiu Bo knapp auf den Silberrang. Bronze ging an den Briten Thomas Daley (556,95). 17.000 Zuschauer feierten den heimischen Sportler frenetisch.

Moderner Fünfkampf: Steffen Gebhardt hat die große Überraschung bei den Fünfkämpfern verpasst. Bei seinen dritten Olympischen Spielen kam der 31-Jährige wie vor vier Jahren auf einen guten fünften Platz. Die deutschen Männer müssen damit aber weiter auf die erste Medaille seit dem Olympiasieg von Gotthard Handrick 1936 in Berlin warten. Die Hoffnungen ruhen zum Abschluss der olympischen Wettbewerbe am Sonntag auf Peking-Siegerin Lena Schöneborn. Der WM-Vierte Stefan Köllner enttäuschte abgeschlagen auf Rang 26 von 36 Startern. Gold im Greenwich Park in London gewann der Tscheche David Svoboda, der auf der letzten 1000-Meter-Runde im abschließenden Combined-Wettbewerb noch an dem bis dahin führenden Chinesen Cao Zhongrong vorbei sprintete. Bronze ging an den Ungarn Adam Marosi.

Handball: Kroatien hat beim olympischen Handball-Turnier Bronze gewonnen. Der EM-Dritte siegte im Spiel um Platz drei gegen Ungarn mit 33:26 (19:14). Nach Gold in den Jahren 1996 und 2004 hatten die Kroaten das Treppchen in Peking 2008 als Vierter verpasst. Bester Torschütze Kroatiens war Rechtsaußen Ivan Cupic mit acht Treffern. Bei den Ungarn traf Gergely Harsanyi (7) am häufigsten. Für Ungarn, das am Sonntag auf Spielmacher Gabor Csaszar (Sprunggelenksverletzung) verzichten musste, setzte sich eine schwarze Serie fort: Das Team von Trainer Lajos Mocsai landete zum fünften Mal bei Olympischen Spielen auf Platz vier. Eine Medaille gab es noch nie.

Volleyball: Italiens Volleyball-Männer haben sich bei den Olympischen Spielen in London Bronze gesichert. Das italienische Team besiegte am Sonntag Bulgarien mit 3:1 (25:19, 23:25, 25:22, 25:21). Damit müssen die Bulgaren, die im Viertelfinale das Team des Deutschen Volleyball-Verbandes ausgeschaltet hatten, weiter auf ihre erste Olympia-Medaille seit Silber 1980 warten. Um Olympia-Gold spielen Russland und Weltmeister Brasilien.

Basketball: Argentinien unterlag mit 77:81 Punkten Russland im Spiel um Bronze. Argentinien hatte am Freitagabend mit 109:83 (47:40) gegen Finalist Amerika verloren, Spanien hatte sich mit 67:59 (20:31) gegen Russland durchgesetzt. Damit kommt es kommt es zwischen den USA und Europameister Spanien am Sonntag (16.00 Uhr) in der North Greenwich Arena zur Neuauflage des Endspiels von 2008. Vor vier Jahren hatten die NBA-Profis Spanien in Peking in einer hochklassigen Partie mit 118:107 besiegt.

Fußball, Eklat: Der Streit zwischen Japan und Südkorea um eine abgelegene Inselgruppe hat nun auch die Olympischen Spiele in London erreicht. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) forderte Südkoreas Mannschaft auf, einen Fußballer nach dem Gewinn der Bronzemedaille wegen des Zeigens einer politischen Botschaft nicht zur Siegerehrung zu schicken. Die Auswahl des Landes stand am Samstag in London nach dem 2:1-Sieg Mexikos im Finale über Brasilien tatsächlich mit einem Spieler weniger auf dem Podest im Wembleystadion. Nach Südkoreas 2:0-Erfolg über Japan im Spiel um Platz drei am Freitag in Cardiff soll Mittelfeldspieler Park Jong Woo ein Schild mit den Worten "Tokdo ist unser Territorium" hochgehalten haben. So nennen Südkoreaner die von ihnen kontrollierte Inselgruppe im Japanischen Meer, die auch von Japan beansprucht wird. Die japanische Regierung hatte am Freitag ihren Botschafter in Seoul zurückgerufen, nachdem Südkoreas Präsident Lee Myung Bak die Inseln besucht hatte. Südkoreas Nationales Olympisches Komitee (NOK) erklärte, es nehme den Vorfall um den 23-jährigen Fußballer Park bei Olympia sehr ernst. Gemäß der IOC-Regeln habe die Politik im Sport keinen Platz. Das IOC teilte mit, es habe eine Untersuchung eingeleitet und Südkoreas NOK zu einer Erklärung und einer schnellen Reaktion aufgefordert. Ein Foto, das Parks Aktion zeigen soll, war von einer südkoreanischen Nachrichtenagentur verbreitet worden.

Ringen: Freistilringer Tim Schleicher hat den Kampf um Olympia-Bronze verpasst. Im Limit bis 60 Kilogramm unterlag der 23 Jahre alte Nürnberger am Samstag in der Londoner ExCeL-Arena 2:9 gegen den japanischen WM-Dritten Kenichi Yumoto und schied aus. Unmittelbar zuvor hatte auch Teamkollege Nick Matuhin seine Chance auf Bronze eingebüßt. Im Limit bis 120 Kilogramm verlor der Luckenwalder gegen den Iraner Komeil Ghasemi 0:2 und schied aus. Damit bleibt der Deutsche Ringer-Bund bei den Spielen in London ohne Medaille.

Doping: Am letzten Wettkampftag hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) den kolumbianischen 400-m-Läufer Diego Palomeque Echavarria wegen Testosteron-Dopings von den Spielen ausgeschlossen. Wie das IOC am Sonntag bekannt gab, fiel auch die B-Probe positiv aus. Der 18 Jahre alte Palomeque Echavarria sollte am 4. August starten, doch nach positiver A-Probe vom 26. Juli durfte er nicht antreten. Er ist der dritte Sportler, der von den Spielen ausgeschlossen wurde. Judoka Nicholas Delpopolo (USA) verstieß wegen des Verzehrs von Hasch-Keksen gegen die Anti-Doping-Richtlinien, die syrische Hürdenläuferin Ghfran Almuhamad flog wegen der Einnahme des Aufputschmittels Methylhexanamin auf.

Triathlon, Protest: Der Internationale Sportgerichtshof Cas hat das Ergebnis des olympischen Triathlon-Wettbewerbs der Frauen bestätigt. Der Einspruch des Nationalen Olympischen Komitees von Schweden und des schwedischen Triathlon-Verbandes vor der "ad hoc"-Kammer des CAS in London blieb erfolglos. Damit behält die Schweizerin Nicola Spririg ihre Goldmedaille, die Schwedin Lisa Nordin muss sich endgültig mit Silber zufrieden geben. Erst nach genauer Auswertung des Zielfotos hatte die Internationale Triathlon Union (ITU) Spirig Gold und Norden Silber zugesprochen. Weil auf dem Foto nach Meinung der schwedischen Verbände nicht eindeutig zu erkennen war, welche Sportlerin wirklich zuerst die Ziellinie überquert hatte, plädierten sie darauf, zwei Goldmedaillen zu vergeben.

Fußball, Homare Sawa: Weltfußballerin Homare Sawa hat nach dem Silbermedaillengewinn von London ihren Rücktritt aus der japanischen Nationalmannschaft erklärt. "Wir haben das Turnier mit einer Medaille abgeschlossen, das ist ein guter Zeitpunkt, um einen Schlussstrich zu ziehen", sagte Sawa nach der 1:2-Finalniederlage gegen die USA der Sportzeitung Nikkan Sports: "Ich habe alles erreicht, was ich erreichen konnte, und bedauere nichts." Die 33-Jährige, die für Japan an fünf Weltmeisterschaften teilgenommen und in 186 Länderspielen 81 Tore erzielt hat, wird aber bei ihrem Klub INAC Kobe Leonessa weiterspielen. Beim überraschenden WM-Triumph der Japanerinnen im vergangenen Sommer in Deutschland war Sawa als beste Spielerin und Torschützenkönigin (5 Tore) ausgezeichnet worden. Sawa hatte bereits mit 12 Jahren in der japanischen Frauen-Liga debütiert. In ihrer Karriere spielte sie auch mehrere Jahre in den USA.

Nadja Drygalla: Michael Vesper hat der Ruderin Nadja Drygalla Hoffnungen auf die Fortsetzung ihrer Karriere gemacht. "Frau Drygalla ist nicht für die Gesinnung ihres Freundes verantwortlich. Nach meinem Kenntnisstand hat sie sich selbst nichts zuschulden kommen lassen", sagte der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Wenn sich das so bestätigt, sehe ich keinen Grund, warum sie ihre sportliche Karriere nicht fortsetzen können sollte." Die 23 Jahre alte Rostockerin war nach dem Bekanntwerden ihrer Beziehung zu einem früheren NPD-Direktkandidaten aus dem Olympischen Dorf abgereist. Vesper, in London Chef de Mission der deutschen Mannschaft, hält das nach wie vor für die richtige Entscheidung, "weil ihre Anwesenheit die Mannschaft zu sehr belastet hätte". Er habe die Sportlerin nicht vorverurteilt.

Taekwondo: Helena Fromm hat beim olympischen Taekwondo-Turnier in London die Bronzemedaille gewonnen. Die WM-Dritte aus Eichstätt gewann im Finale der Trostrunde in der Klasse bis 67 kg gegen Carmen Marton aus Australien. Zuvor hatte die 25-Jährige im Viertelfinale gegen Peking-Olympiasiegerin Hwang Kyung-Seon aus Südkorea verloren. Es ware das zweite olympische Edelmetall im Taekwondo nach dem Silber durch den Offenbacher Faissal Ebnoutalib bei der Premiere 2000 in Sydney.

Schlussfeier: Kristof Wilke, Schlagmann des Gold-Achters, wird bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele am Sonntagabend in London die deutsche Fahne ins Stadion tragen. Das gab der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Freitag bekannt. In Peking 2008 war der viermaligen Kanu-Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin diese Ehre zuteil geworden. Der 27-jährige Wilke hatte den Achter zum 36. Sieg in Serie und zum ersten Olympiasieg seit 24 Jahren geführt. "Der Deutschland-Achter hat bei diesen Olympischen Spielen eine beeindruckende Leistung geboten und einem imensen Erwartungsdruck standgehalten", sagte DOSB-Präsident Thomas Bach: "Deshalb repräsentiert Kristof Wilke unsere Olympiamannschaft in herausragender Weise." Wilke selbst empfindet es als "große Ehre", die deutsche Mannschaft anzuführen: "Ich freue mich, die Fahne für den Achter und die gesamte deutsche Olympiamannschaft zu tragen."

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