Türkgücü München:Charakterfragen

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Bedient im Grabfeld: Filip Kusic (vorne) und seine Kollegen sind aus dem Pokal ausgeschieden. (Foto: Hilpert/Fotostand/imago)

"Das grenzt an Arbeitsverweigerung": Nach dem Pokal-Aus bei Regionalligist Aubstadt nimmt Türkgücü-Geschäftsführer Kothny Trainer Hyballa in Schutz - und klagt über die Einstellung vieler Spieler.

Von Christoph Leischwitz

Max Kothny war am Samstagnachmittag nicht in Aubstadt, der Geschäftsführer von Türkgücü München hatte Termine im Zuge des Börsenganges des Klubs wahrzunehmen. Doch natürlich verfolgte er das Toto-Pokal-Spiel beim TSV Aubstadt nebenher, "und ich hätte häufiger mein Handy an die Wand schmeißen können", sagte er. Das Ergebnis, 3:1 (2:1) für den Regionalligisten TSV Aubstadt, sei ein "Schock". Was einerseits der Tatsache geschuldet ist, dass der Verein mit den hohen Ansprüchen ungern gegen einen unterklassigen Gegner verliert. Und zweitens, dass damit eine Möglichkeit, die für den Verein so bedeutsame Teilnahme am DFB-Pokal-Wettbewerb zu erreichen, völlig überraschend weg ist. Kothny machte am Samstagabend auch keinen Hehl daraus, wen er für das Ausscheiden verantwortlich machte: einen Großteil der Spieler.

"Ich nehme den Trainer in Schutz", sagte er über Peter Hyballa, den er erst vor drei Wochen für den weitgehend erfolglosen Petr Ruman verpflichtet hatte. "Er hat eine klare Philosophie, wie er Spiele gewinnen möchte. Entweder kann oder will die Mannschaft das nicht annehmen", sagt der Geschäftsführer über den 45-Jährigen. Der wiederum hatte die Niederlage nach außen hin recht diplomatisch moderiert: "Aubstadt hat das gut gemacht, mehr Herz gezeigt und deswegen absolut verdient gewonnen", sagte er in sachlichem Ton ins hingehaltene Mikro und bekam Applaus von den Aubstädter Zuschauern.

"Ein 1:3 in Aubstadt ist schlimmer als ein 0:4 in Magdeburg", sagt Kothny

"Im letzten Drittel kamen wir nicht so richtig rein", so lautete Hyballas Analyse über das eigene Auftreten. In der Tat erspielte sich der Drittligist sehr wenige Torchancen, die Grabfelder gingen dank ihrer Zielstrebigkeit verdient durch Treffer von Leon Heinze und Joshua Endres in Führung (19., 31.). Fast schon überraschend gelang Philip Türpitz der Anschluss mit einem Gewaltschuss vom Strafraumrand (42.). In der Pause wechselte Hyballa Spielmacher Sercan Sararer für Albion Vrenezi ein, überhaupt war dem Kader anzusehen, dass Türkgücü das Spiel ernst nahm, auch wenn beispielsweise Abwehrchef Mergim Mavraj nicht im Aufgebot stand. Doch das Nervenflattern beim Außenseiter blieb aus, Aubstadt verteidigte hochkonzentriert. Erst kurz vor Schluss ergab sich eine gute Gelegenheit für Türkgücü zum Ausgleich, doch Aubstadts Keeper Lukas Wenzel streckte sich beim Schuss des eingewechselten Eric Hottmann erfolgreich - er feierte seine Parade mit geballten Fäusten und unter dem Jubel der 699 Zuschauer (83.). Timo Pitter sorgte mit einem noch viel mehr umjubelten Heber in der Nachspielzeit für die Entscheidung.

Kothny war besonders sauer, weil sich die Mannschaft so wenige Chancen erspielt hatte, und erhob das Spiel zur "Charakterfrage". Als Verein habe man das Spiel sehr ernst genommen: "Wir reisen bei einem Spiel gegen einen Regionalligisten einen Tag vorher an, übernachten im Hotel, wir versuchen für den Klub das Allerbeste zu tun, und dann liefert die Mannschaft so ein Spiel ab", ärgerte er sich, "das grenzt an Arbeitsverweigerung".

Im ersten Spiel unter Hyballa, beim 2:1-Erfolg über Borussia Dortmund II, habe man vielen Spielern angemerkt, dass sie unter einem neuen Trainer motiviert waren, eine gute Leistung abzurufen - nun aber schon wieder nicht mehr. Am vergangenen Montag hatte Türkgücü nach einer passablen ersten Halbzeit 0:4 beim Drittliga-Spitzenreiter 1. FC Magdeburg verloren. Aber: "Ein 1:3 in Aubstadt ist schlimmer als ein 0:4 in Magdeburg", sagt Kothny.

Welchen Spielern konkret mangelnde Einstellung vorgeworfen wird, das dürfte sich relativ leicht aus der nächsten Kaderzusammenstellung herauslesen lassen. Am kommenden Sonntag empfängt Türkgücü zum Ligaspiel den Tabellenfünften SV Wehen Wiesbaden im Olympiastadion. Man habe, sagt Kothny, rein fußballerisch eine "überragende Mannschaft", nur wolle er das künftig dringend mal wieder zu sehen bekommen.

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