Süddeutsche Zeitung

Türkgücü München:Planlosigkeit als roter Faden

Türkgücü arbeitet mit Interimstrainer Kayabunar weiter und nimmt dafür eine Geldstrafe in Kauf. Die Mannschaft verliert dennoch gegen Kaiserslautern, mindestens vier Spieler stehen schon wieder auf einer Streichliste.

Von Christoph Leischwitz

Es ist besonders ärgerlich, wenn dann auch noch der Plan B nicht funktioniert. Am Freitag stand Max Kothny noch eine Viertelstunde nach dem Schlusspfiff neben dem Spielfeld im Olympiastadion, der sportliche Leiter Roman Plesche und Interimstrainer Alper Kayabunar sahen zu, wie der Geschäftsführer lebhaft gestikulierte. Die Körpersprache hatte auch bei den Spielern von Türkgücü München im Freitagabendspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern gepasst, zumindest in der zweiten Hälfte. Immerhin war es gelungen, einen 0:2-Rückstand nach gerade mal sieben Minuten nicht zu einem Debakel werden zu lassen, es war kurz sogar nochmal spannend geworden nach dem Anschlusstor von Petar Sliskovic. Doch beispielhaft dafür, dass Pläne nicht aufgehen, war auf der anderen Seite die Torwartleistung.

Franco Flückiger ist schon lange dabei, doch er musste anderthalb Jahre warten, ehe er sein Drittliga-Debüt bei Türkgücü geben durfte. Diese Chance wurde ihm erst zuteil, als René Vollath patzte. Am Freitag, widerfuhr Flückiger ein ähnlicher Fehler wie an gleicher Stelle Vollath zwei Wochen davor: Ihm glitt ein einfacher Ball durch die Hände und fiel ins Tor. Und jetzt? Wer wird im letzten Spiel des Kalenderjahres nun der Rückhalt sein, wenn es gegen den direkten Verfolger SC Verl geht - und darum, zur Winterpause nicht auf einen Abstiegsplatz zu rutschen? Welcher Torwart hat mehr Selbstvertrauen übrig?

Türkgücü will einen Trainer, der die dritte Liga gut kennt - davon gibt es nicht viele auf dem Markt

Der rote Faden in der Türkgücü-Saison lautet Planlosigkeit, fehlender Handlungsspielraum auf unvorhergesehene Ereignisse. Am Freitag direkt vor dem Anpfiff gab Kothny bekannt, dass Türkgücü erstmal weiter mit Interimstrainer Kayabunar plane. Und das, obwohl die Frist für die Verpflichtung eines Uefa-Pro-Lizenztrainers nach der Entlassung von Peter Hyballa Ende November abgelaufen ist. Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) war man über diesen Schritt informiert. Auf SZ-Anfrage hieß es, man stehe im ständigen Austausch mit dem Verein.

Im DFB-Statut ist dieser Fall nicht genau geregelt, und so berät man sich nun. Vieles spricht dafür, dass an Türkgücü ein teures Exempel in Form einer sehr hohen Geldstrafe statuiert wird, nach dem Motto: Man muss sich schon an die Regeln halten, auch wenn ein Plan nicht aufgeht. Der Plan, auf Kayabunar zu setzen, ging nun auch nicht auf: Unter dem langjährigen Co-Trainer war die Stimmung in der Mannschaft verbessert, das Team holte zwei Unentschieden. Doch jetzt musste auch der 36-Jährige etwas hilflos eine Niederlage wegmoderieren.

Kothny sagte, man habe die Trainer-Frist verstreichen lassen, weil er keinen "Hampelmann in Anführungszeichen" verpflichten wolle, bevor man diesen auch wieder entlässt und dann den Wunschtrainer holt. Einen solchen Wunschkandidaten habe es schon gegeben, doch man habe sich nicht einigen können. Türkgücü wollte unbedingt einen Coach verpflichten, der die dritte Liga gut kennt - davon gibt es nicht viele auf dem Markt. Einer davon ist Rüdiger Rehm, der unter der Woche beim Zweitligisten FC Ingolstadt in einer Hauruck-Aktion vorgestellt wurde. Jetzt gibt es noch einen weniger auf dem Markt. Indes greift für die weitere Planung erst einmal der vereinstypische Plan A: Nach SZ-Informationen stehen mindestens vier Spieler schon wieder auf einer Streichliste, die den Verein in der Winterpause verlassen sollen.

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